[B] Die Linke Berlin: Julia Schramm kandidiert für Landesvorstand (korrigierte Fassung)
Julia Schramm, hochumstrittene Politikerin und Buchautorin, ehemaliges Mitglied der Jungen Liberalen und der Piratenpartei, stellt sich am heutigen Samstag für den Berliner Landesvorstand der Partei Die Linke zur Wahl. (Korrigierte Fassung eines gleichnamigen, inhaltlich identischen Artikels vom 10.12.2016)
Schramms Bewerbungsschreiben:
http://www.die-linke-berlin.de/die_linke/parteitage/6_landesparteitag/1_...
Bereits Anfang Dezember durfte sich Julia Schramm auf einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung als Moderatorin präsentieren:
http://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Veranstaltungen/2016/Pr...
Auch auf Twitter informierte Julia Schramm die Online-Öffentlichkeit über ihre Kandidatur. Dort meldete sich FAZ.NET-Blogger "Don Alphonso" zu Wort: „Diesmal schicken wir Dir auch keine Hitpiece-Autorin, die Linke darfste ruinieren.“
https://twitter.com/faz_donalphonso/status/804736228092428288?lang=de&la...
Schramm twitterte zurück: „heißt das, dass die @faznet eine Autorin auf mich ansetzte, um meine Wahl in den Piratenvorstand 2012 zu verhindern?“
https://twitter.com/_juliaschramm/status/805796423564402688?lang=de
Bei besagtem Hitpiece handelte es sich um einen FAZ.net-Artikel von Melanie Mühl vom 26.04.2012. Worum ging es damals? Julia Schramm, die das Amt der Parteivorsitzenden anstrebte, hatte ein überaus großzügiges Honorar vom Bertelsmann-Konzern erhalten, das ihr erlaubte, viel Zeit für die Parteiarbeit zu investieren.
Piratin Julia Schramm Wahlkampf einer digitalen Seele
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/piratin-julia-schramm-wahlkampf-ei...
Die Querelen in der Piratenpartei eskalierten und 2014 kehrte Schramm der Partei den Rücken. Anfang des Jahres 2016 trat sie gemeinsam mit anderen ehemaligen Piraten der Partei „Die Linke“ bei.
Laut Medienberichten soll Schramm für das Buch ein Vorschusshonorar von 100.000 Euro erhalten haben, „mehr als Bettina Wulff für "Jenseits des Protokolls"“, wie SpiegelOnline verwundert feststellte. (Quelle: Piratinnen-Buch "Klick mich" Verloren im Faselmorast, 17.09.2012 Von Ole Reißmann, http://www.spiegel.de/netzwelt/web/julia-schramm-kritik-zum-piraten-buch...)
Das Buch wirbt mit dem seichten Titel „Klick mich. Bekenntnisse einer Internet-Exhibitionistin“ und schlüpfrigen Kapitelüberschriften wie „Flirten lernen mit Pädophilen im Teenchat“ und „sex geht auch online“ um die LeserInnenschaft und wurde in Kritiken fast ausnahmslos verrissen. Blogger „Don Alphonso“ betrachtete die Höhe des Honorars als politische Landschaftspflege des Bertelsmann-Konzerns und beschreibt die Funktionsmechanismen:
„Wenn sich dann der Politiker, aus übergeordneten Interessen natürlich, zufälligerweise im Sinne des Geldgebers äussert und verhält, ist das eben so.“
und weiter:
„100000 Euro mögen ein Rekordvorschuss sein. Aber es ist als politische Landschaftspflege günstig, wenn man als grosser Medienkonzern verhindern möchte, dass für vier Jahre Vertreter einer Netzgeneration im Bundestag sitzen, und vielleicht sogar mit entscheiden können, welche Veränderungen im Kerngeschäft der Familie Mohn zu erwarten sind. Bürgerrechte, Abmahnunwesen, Datensicherheit, Urheberrechte, gerechte Bezahlung von Praktikanten, das alles wäre ein Thema geworden, wenn sich die traditionellen Parteien vor den Piraten hätten fürchten müssen.“
Quelle: "Julia Schramm: Ein Buchdebakel als Sieg für Bertelsmann"
19. September 2012 von Don Alphonso
http://blogs.faz.net/deus/2012/09/19/julia-schramm-ein-buchdebakel-als-s...
Auch der Journalist und Buchautor Thomas Schuler ("Die Mohns", "Bertelsmann Republik Deutschland") sah einen schwerwiegenden Interessenkonflikt für die Piraten:
„Hinzu kommt, dass die Piratenpartei kritisch gegenüber Bertelsmann eingestellt ist und Parteikollegen in Nordrhein-Westfalen der Bertelsmann Stiftung den Status der Gemeinnützigkeit entziehen wollen. Sie werfen ihr Lobbyismus vor und fassten zum Entzug der Gemeinnützigkeit im April einen Parteibeschluss, der – falls umgesetzt – das Medienunternehmen unter großen Druck setzen würde. Immerhin ist die in NRW zugelassene Stiftung Eigentümerin des Unternehmens; wäre sie illegitim, würde die steuerbegünstigte Lobbying-Konstruktion des Unternehmens zusammenbrechen. Bertelsmann hat allen Grund, Anhänger im Kreis der Piraten zu suchen. Deshalb fragten sich Piraten-Anhänger, ob sich Julia Schramm für einen sechsstelligen Vorschuss von Bertelsmann habe kaufen lassen. Immerhin sitzt Schramm im Bundesvorstand der Piratenpartei, ihr Mann Fabio Reinhardt ist Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus.“
Angst vorm Kontrollverlust
20. September 2012 Von Thomas Schuler
http://www.fr-online.de/medien/piraten-partei-angst-vorm-kontrollverlust...
Einen Parteibeschluss zu Bertelsmann hatte nebenbei bemerkt 2008 auch Die Linke gefasst:
Bertelsmann Stiftung. Beschluss des Bundesausschusses vom 21. September 2008
https://www.die-linke.de/partei/organe/bundesausschuss/bundesausschuss-2...
Wer sich in der Thematik auskennt, fühlt sich wohl nicht ohne Grund an Elmar Brok erinnert, jenen überaus einflussreichen Europa-Parlamentarier (CDU), der nebenher Jahre lang ein hohes Gehalt von Bertelsmann ausgezahlt bekam und dem nachgewiesen werden konnte, im Sinne des Konzerns gegen das Urheberrecht der KünstlerInnen agiert zu haben.
An das Bertelsmann-Verbindungsbüro erstattete Brok folgendermaßen Bericht:
„Wir verhinderten die Einführung eines Rechtes der ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung bei Weiterverbreitung ihrer Darbietung über Kabel und Satellit.“
Quelle: EU-Parlaments-Hobbyist (CDU) bei Bertelsmann
08.12.2006 Wiebke Priehn
http://de.indymedia.org/2006/12/163795.shtml
In diesem Sinne agierte seinerzeit auch Julia Schramm, die ihrerseits vom Bertelsmann gehätschelt wurde. Aus dem Artikel von Melanie Mühl:
„Es gibt wohl keinen Piraten, der so hämisch über Künstler redet und schreibt wie Julia Schramm. Selbst diejenigen aus den Funktionsebenen, die sich für eine radikale Reform des Urheberrechts einsetzen und damit viele Künstler und Intellektuelle verängstigen, räumen immerhin noch den Wert geistiger Arbeit ein. Julia Schramm freilich hat den Trick zur Perfektion entwickelt, wann immer sie mit einer ihrer hegelianischen Thesen in die Defensive gerät, sich mit einer anderen These zu radikalisieren - Spackeria-Feminismus-Urheberrecht.
Offenbar funktioniert das gut. In einem gruseligen Podcast (mit Max Winde) kann sie über den Begriff des „geistigen Eigentums“, den sie für „ekelhaft“ hält, nur lachen. Künstler sind nur „Filter“ für das, was in der Welt ist und allen gehört. Auf die verzweifelten Versuche von Max Winde, klarzustellen, das ein Kunstwerk deshalb ein Kunstwerk sei, weil es etwas Neues sei, das es vorher nicht gegeben habe, sagt sie nur: „Nein, das stimmt nicht.“"
und weiter:
"Gewiss: Julia Schramm sagt, sie hatte Angst, ihr Buch ausgerechnet bei Random House zu veröffentlichen, doch ihre Lektorin habe sie als Person überzeugt. Es sei außerdem sehr spannend, einen Einblick in die Branche zu bekommen - als machte sie bei Random House gerade ein Praktikum.“
Bertelsmann leistete sicher eine gute Betreuung.
Doch wofür steht Julia Schramm heute eigentlich politisch? In ihrem Bewerbungsschreiben für den Landesvorstand nennt sie als eines ihrer Anliegen „Digitalisierung von links“.
Link zum Bewerbungsschreiben: http://www.die-linke-berlin.de/die_linke/parteitage/6_landesparteitag/1_...
Digitalisierung ist denn auch ebenfalls gerade das Lieblingsthema des Bertelsmann-Konzerns, der, flächendeckende Überwachung eingeschlossen – mit Digitalisierung der Bildung und der Arbeitswelt Kasse machen möchte. (»Gegen den Algorithmus kann es kein Aufbegehren geben«; Gespräch mit Matthias Burchardt. Interview: Ralf Wurzbacher, in: Junge Welt, Ausgabe vom 19.11.2016, https://www.jungewelt.de/2016/11-19/068.php)
In Berlin werden übrigens auch die Grünen mit Christian Rickerts einen ehemalige Mitarbeiter der Bertelsmann Stiftung als Staatssekretär für Digitalisierung in den Wirtschaftssenat holen:
Ramona Pop mit zwei überraschenden Personalentscheidungen
04.12.2016 von Fatina Keilani
http://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-senat-ramona-pop-mit-zwei-ueb...
Dass Julia Schramm sich mit der damit verbundenen Problematik kritisch auseinandergesetzt hätte und etwas Substantielles in der an der Regierung beteiligten Partei beizutragen hätte, geschweige denn, dass sie dem Konzern, der sie so großzügig mit 100.000 Euro und möglicherweise weiteren Honoraren bedacht hat, von links die Stirn bieten könnte, ist nicht ersichtlich.
Vielmehr hatte Schramm in der Vergangenheit die Position, Datenschutz sei eh nicht umsetzbar und solle deshalb gar nicht vorrangiges Ziel politischer Einflussnahme sein.
In einem Interview legte Schramm ihre unausgegorenen datenschutzkritischen Positionen dar:
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https://www.heise.de/tr/artikel/Datenschutz-greift-nicht-mehr-1376922.html
"Datenschutz greift nicht mehr", 18.11.2011 – Wolfgang Stieler, Manfred Pietschmann
Technology Review: Post Privacy heißt so viel wie "jenseits der Privatsphäre". Was bedeutet das für Sie?
Julia Schramm: Erst mal ist es eine Zustandsbeschreibung, die nicht nur "jenseits der Privatsphäre" heißt, sondern auch "nach dem Datenschutz". Wir sehen, dass die Datenschutzgesetze nicht mehr greifen. Und jetzt ist die Frage: Wie geht es weiter? Auf der anderen Seite bedeutet Post Privacy auch eine persönliche Haltung: Ich lebe im Internet mehr oder minder ohne Privatsphäre, weil ich sehr viel von mir preisgebe. Das ist auch ein Experiment. Mal gucken, wie sich das in 20 Jahren anfühlt, ob ich das dann auch noch so toll finde.
(...)
TR: Frau Schramm, welche positiven Erwartungen knüpfen Sie denn an ein Leben ohne Privatsphäre?
Schramm: Für mich ist das einfach eine Auseinandersetzung mit mir selbst und meiner Umwelt. Ich will gewisse Dinge, die mir nahegehen oder die für mich persönlich bedeutsam waren, nach außen tragen. Ich will ehrlich und authentisch sein und mein Inneres nach außen kehren. Das hat für mich persönlich eine Form von therapeutischer Wirkung. Ich stehe offen dazu, dass ich Depressionen hatte, ja. Ich will, dass Menschen erfahren, dass sie mit mir darüber reden können. Ich habe so viele Menschen erlebt, die Sachen in sich rein fressen. Und ich habe schon oft erlebt, wenn ich post privacy agiert habe, dass diese Menschen sich mir öffneten.
(...)
https://www.heise.de/tr/artikel/Datenschutz-greift-nicht-mehr-1376922.ht...
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Dem Bertelsmann-Konzern dürften bei seiner Geschäftstätigkeit solche unbedarften Positionen und Verharmlosungen nur recht sein.
Wieder einmal berichtete die FAZ über die überaus ernste Problematik des Datenschutzes bei Bertelsmanns geschäftlichen Ambitionen:
Digitales Lernen Entmündigung als Bildungsziel
14.07.2016, von Thomas Thiel
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/digitales-lern...
Das Dilemma einer kritischen Öffentlichkeit im Umgang mit Julia Schramm beschreibt noch einmal treffend Melanie Mühl: „Soll man jemand, der offensichtlich nicht weiß, was er schreibt und verbreitet, auf seine Widersprüche öffentlich hinweisen? Anderseits, um einen Berliner Piraten zu zitieren: „Kann jemand mit der Internetkompetenz einer Zwölfjährigen die Partei repräsentieren?““
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/piratin-julia-schramm-wahlkampf-ei...
Ansonsten ist es auf den ersten Blick nicht einfach, konkrete, substanzielle politische Positionierungen von Schramm zu finden.
Schaut man in die frei zugänglichen Dokumente in ihrer Publikationsliste, dann bleibt Schramm zunächst recht farblos: Bei der Jungle World findet sich ein Artikel vom 24. November mit betulich-opportunistischen Trivialitäten zu Angela Merkels erneuter Kanzlerkandidatur.
Julia Schramm, Jungle World Nr. 47, 24. November 2016:
Ausfahrt verpasst
http://jungle-world.com/artikel/2016/47/55260.html
Allen Ernstes feiert sie Merkel als „letzte Hoffnung der westlichen Welt, die es zwar geschafft hat, bürgerliche Freiheitsrechte zu etablieren, die es nun auch zu verteidigen gilt, aber daran gescheitert ist, eine ökonomisch gerechte Welt zu gestalten.“
Gerne wüsste man, wo Merkel es nach Schramms Verständnis konkret geschafft hat „bürgerliche Freiheitsrechte zu etablieren“ und wo sie ernsthafte Versuche unternommen hätte „eine ökonomisch gerechte Welt zu gestalten.“
Doch Julia Schramms Mitgefühl gilt hier nicht den Opfern von ökonomischen Ungerechtigkeiten, oder mangelnden Freiheitsrechten (von wem?), sondern voll und ganz ihrem großen Vorbild, der Kanzlerin: „Also wird es Merkel noch einmal durchziehen und versuchen, für ein System zu kämpfen, für das sich es nur schwer kämpfen lässt, eben weil es so ungerecht ist.“
Arme Kanzlerin – arme Julia Schramm, die hier zweifellos entsprechenden Kreisen ihre Bereitschaft signalisiert, sich irgendwann auch in höchsten politischen Ämtern im Kampf für „ein System“ aufzuopfern, „für das sich es nur schwer kämpfen lässt, eben weil es so ungerecht ist.“ Versüssen kann man sich diese Ungemach natürlich weiterhin durch großzügige Honorare von Bertelsmann oder anderen Konzernen und Stiftungen, die am Bestand eines solchen Systems ein ureigenes Interesse haben.
Auch Schramm will es "noch einmal durchziehen" und zurück in die aktive Politik. Man fragt sich indessen, ob Frau Schramm nicht in der CDU oder in der FDP, wo sie ja bereits Station gemacht hatte, besser aufgehoben wäre.
Schon etwas älter (01.12.2011) ist ein Artikel auf http://berlinergazette.de/krisen-gespenster-schramm/ (Julia Schramm: "Krisen und Gespenster: Konnte der Nationalismus früherer Tage jemals überwunden werden?")
Aktuelle Wirtschaftskrisen wertet Schramm als „Abwesenheit von politischem Handeln“. Dass den aktuellen Krisen eine jahrzehntelange neoliberale Politik der Deregulierung und der Umverteilung von Unten nach Oben vorausgegangen ist, ist von linker Seite vielfach beschrieben worden, aber offensichtlich an der frisch gebackenen Politikwissenschaftlerin vorbei gegangen.
Die Lösung nach Schramm:
„Europa, ja die Welt muss eine politische Gemeinschaft bilden, eine globale Staatsnation. Eine Gemeinschaft der Solidarität. Auch wenn das heißt, dass man die Schulden der anderen zahlt. Das ist die andere Backe, die wir hinhalten.“
„Globale Staatsnation“??? Auf welches Rechtsystem, auf welche Verwaltungstraditionen etc. soll so etwas gründen, wenn nicht auf die angeblich naturgegebenen Gesetze des Marktes, die die neoliberalen Globalisten beschwören? Diese Idee klingt diffus und verdächtig nach außenpolitischem Größenwahn, wie er traditionell bei deutschen außenpolitischen und Wirtschaftseliten vorkommt. Wenn da Europa, ja die Welt geeint werden soll, wenn auch alle anderen Nationen ihre Souveränität aufgeben sollen, dann selbstverständlich unter deutscher Führung und in Harmonisierung nach deutschem Vorbild, vielleicht noch in Kooperation mit den USA, die jedoch an einer Entschuldung der armen Länder mitwirken müssen, damit diese wieder mehr deutsche Produkte kaufen können - hier soll nicht gegen die Forderung nach einer Entschuldung polemisiert werden, jedoch die Doppelbödigkeit, die Schramm nicht beachtet, aufgezeigt werden.
Den teilweise vernichtenden Kommentaren der ihre Zeit und Aufmerksamkeit opfernden LeserInnenschaft entgegnet Schramm keck: „
„Fühle mich noch nicht bereit etwas nicht diffuses zZ zu schreiben :-) Bin ja auch erst 26 :-)“
Zu dem Zeitpunkt hat die 26-jährige bereits ihre Magisterarbeit an der Uni Bonn bestanden mit dem ambitionierten Titel: „Nationale Identität und rot-grüne Außenpolitik: Der Kosovo-Konflikt“, und bei dem „Online-foreign-policy-think-tank“ atlantic community einen Wettbewerbsbeitrag mit dem noch höher angesetzten Titel „Re-legitimizing NATO“ eingereicht. Die atlantic community wurde 2007 von der Atlantischen Initiative e. V. gegründet. Letztere ist personell u. a. mit Bertelsmann Stiftung, DGAP, Atlantik Brücke, Scholz & Friends und Goldman Sachs und der Unternehmensberatung Bohnen Kallmorgen & Partner verbunden.
Hier jedoch gewinnt das politische Profil endlich Farbe! Eine Kostprobe aus dem Beitrag der damaligen Piratenpolitikerin:
„The central question is and has been whether it is legitimate to intervene in a civil war. Which principle is more important, protecting human rights or respecting state sovereignty? Considering the brutal crimes committed already in different civil wars, the call for an intervention seems rather understandable, just like the principle to develop some mechanism to emulate global police.“
[...]
„As the war on Milošević was not mainly of economic interest, but geostrategic and legitimate, NATO was able to win the face-off against Russia and to re-establish its main task from the cold war: protecting western society. The task remained the same until today, but the territory and the objects have changed. 40,000 Russian tanks in the area of the Helsinki accords are not the main concern anymore, but the protection of vital economic interests like the supply of resources or security of investments, especially regarding the competition by China and other emerging powers, are a concern.“
[...]
„Furthermore, it is necessary that the EU takes responsibility to speak with one voice and one army.“
Quelle: Re-legitimizing NATO
March 17, 2011 Julia Ulrike Schramm
http://www.atlantic-community.org/index.php/view/Re-legitimizing_NATO
Vor diesem Hintergrund lohnt denn doch die Lektüre eines Interviews mit sich selbst, dass Schramm auf ihrem Blog veröffentlicht hat. Es entstand nach ihrem Besuch auf dem Bundesparteitag im Mai 2016. http://juliaschramm.de/
„Ich bin Sozialistin, aber ich will die liberalen Freiheitsrechte erhalten,“ beschreibt sie ihre Position. Die USA sei „durchaus auch als Vorbild zu sehen wenn es um die Frage von Pluralismus und die demokratische Einbindung aller geht.“ Okay, demokratische Einbindung aller ist in den USA natürlich vorbildlich umgesetzt???
„Generell muss ich allerdings sagen, dass die geopolitische Expertise in der Partei etwas unterentwickelt ist.“ - Schramm geht hier nicht ins Detail, aber wir wissen jetzt, was sie damit meint, siehe oben.
Im Gegensatz zu den Piraten seien auf dem Parteitag sehr viele „tolle Frauen“ gewesen, und „in einem Maße gut gekleidet, dass es mich doch sehr befreidigt [sic] hat.“ schwärmt die modebwewußte Nachwuchpolitikerin offensichtlich etwas überrascht. „Abgesehen davon, dass da wirklich viele rot tragen. (lacht)“.
Sahra Wagenknecht sei „rhetorisch wohl die Begabteste, die die Linke gerade hat“, urteilt die Politikwissenschaftlerin. Ihre Rede sei „handwerklich die beste des Parteitages“ gewesen, „klar sozialistisch und stabil marxistisch“, lobt Schramm im Interview die amtierende Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke im Bundestag. Ob Sahra Wagenknecht sich über dieses qualifizierte Lob ihrer Berliner Parteigenossin auch freut???
Gleichzeitig repräsentiere Wagenknecht aber „auch den nicht so schönen Zustand der Linken.“ Den Nationalstaat zu erhalten sei „eben nicht universalistisch und sozialistisch“.
Schramm fordert stattdessen ein Bekenntnis, „Deutschland politisch zu überwinden“, die Europäische Integation „aus einem sozialistischen Standpunkt heraus“ voran zu treiben.
„Regressives Denken in der Partei“ will sie bekämpfen. Schramm bedauert schließlich noch, dass „diejenigen Kandidaten (sic!), die mir bisher positiv aufgefallen sind, nicht so gut abgeschnitten haben.“ Aber es seien auch „wirklich gute Leute“ in den Vorstand gewählt worden, wie beispielsweise Klaus Lederer, bewertet Schramm abschließend die Wahl.
An dem Interview fällt auf: Schramm ist diplomatischer geworden, sie fällt nicht gleich mit der Tür ins Haus. Dem Deutschlandfunk gibt sie Auskunft über ihre Lernprozesse:
In der Auseinandersetzung mit der Person der Bundeskanzlerin Angela Merkel während ihrer Arbeit an dem Buch „Fifty Shades of Merkel“ (Hoffmann und Campe) habe sie u. a. zwei Dinge als "Säulen für erfolgreiche Politik" mitgenommen, „die Fähigkeit zu Schweigen“ und „gute Netzwerke zu gründen oder zu haben“, die sie versuchen werde, in ihrer Zukunft umzusetzen.
Das Interview mit dem Deutschlandfunk:
Autorin Julia Schramm"Bei Böhmermann hat Merkel ihren Grundsatz gebrochen"
12.04.2016 Julia Schramm im Corsogespräch mit Marietta Schwarz
http://www.deutschlandfunk.de/autorin-julia-schramm-bei-boehmermann-hat-...
Julia Schramms politische Standpunkte erscheinen aus linker Perspektive oft mehr als fragwürdig. Begriffe, die sie verwendet, wie „Demokratie", "Sozialismus" und "Freiheit" bleiben blass, Kritik am herrschenden System bestenfalls oberflächlich, während sie sich mit dem Beitrag für die Atlantic Community ohne Not einschlägigen außenpolitisch-staatsnahen Netzwerken mit naiv-schlichten Empfehlungen zur „(Re-)Legitimierung“ kriegerischer Politik andient. Die Annahme eines extrem überhöhten Honorars von Bertelsmann bei gleichzeitiger Verfolgung einer parteipolitischen Karriere weckt ebenfalls massive Zweifel an ihrer politischen Integrität. Viele ihrer oft mit größtem Nachdruck getätigten Äußerungen wirken naiv und inkonsistent und sind geeignet, die jeweilige politische Gruppierung, unter deren Label Schramm auftritt, in den Augen der Öffentlichkeit mit diesen Schwächen zu identifizieren. Ein „Elmar Brok der Partei Die Linke“ möge uns erspart bleiben.
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Postskriptum
Re-Legitimizing Julia
...arbeitet als Fachreferentin für Hate Speech bei der Amadeu-Antonio-Stiftung und als Redakteurin bei no-nazi.net.
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Melanie Mühl, 26.04.2012:
„Auch zum Holocaust hat sich Frau Schramm übrigens geäußert: dass es keine Schuld gebe und der Holocaust auch „wirtschaftlich“ ausgeschlachtet werde. Darüber berichtete der „Tagesspiegel“.“
Piratin Julia Schramm - Wahlkampf einer digitalen Seele
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/piratin-julia-schramm-wahlkampf-ei...
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<<Unter Erklärungszwang geriet auch die 26-jährige Julia Schramm aus dem Berliner Landesverband. Die Politikwissenschaftlerin, die auf dem Parteitag am kommenden Wochenende in Neumünster für den Bundesvorsitz kandidieren möchte, hatte im Januar 2011 in einem Blog-Eintrag geschrieben: „Der Holocaust wird auch wirtschaftlich ausgeschlachtet, und Schuld gibt es nicht in meinen Augen.“ Darüber entspann sich am Sonntag im Kurznachrichtendienst Twitter eine heftige Debatte. Gegenüber dem Tagesspiegel erklärte Schramm, sie habe den Begriff der „Holocaust-Industrie“ im Rahmen der damaligen Diskussion anders als üblich gegen Leugner verwenden und jüngst auch gegen ihren Parteifreund Bodo Thiesen wenden wollen, der den Holocaust in Zweifel gezogen haben soll. Der Holocaust sei „nicht leugnungsfähig“, betonte Schramm am Sonntag und erläuterte, sie lehne den „Schuld-Begriff philosophisch ab“ und spreche lieber von der „historischen Verantwortung der Enkel- für die schrecklichen Verbrechen der Großelterngeneration“.>>
Quelle: Berliner Pirat stürzt über Nazi-Vergleich
23.04.2012 von Matthias Meisner, Michael Schmidt und Christian Tretbar
http://www.tagesspiegel.de/politik/landesverband-berlin-berliner-pirat-s...
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O-Ton Julia Schramm:
<<Der Holocaust ist nicht leugnungsfähig
„Den Holocaust als kulturell verankertes Mem, als (negativen) Sinnstifter und Dreh- und Angelpunkt der Postmoderne wirst du nicht leugnen können, ja nicht auslöschen können (oh, welch Ironie!) – der Holocaust ist. Deswegen ist er nicht zu leugnen.“>>
http://juliaschramm.de/2011/01/06/irrtum-und-holocaust/
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Transkript der Grafik eines Posts von Julia Schramm:
<<Julia
March 16, 2011 at 3:31 pm
@julian
du weißt schon, dass Nationalismus mal was ganz linke war? Aber im ernst: Nationalismus ist ein Kleber, der die Gesellschaft zusammenhält. Ich finde diesen Kleber selbst bedenklich und gefährlich, aber erkenne ihn als Relität erstmal an.
Abgesehen davon: Die Welt ist komplexer als deine Schubladen, der Holocaust wird auch gesellschaftlich ausgeschlachtet und Schuld gibt es nicht in meinen Augen. Kritik an Israel ist berechtigt und das Andenken an die Verbrechen ebenso wie die Reflektion darüber wie es zu so einem Krieg und solchen Verbrechen kommen konnte.
Ich bin einiges, aber kein Nationalist. habe da auch mal was zu geschrieben:
http://www.grin.com/de/e-book/149517/die-deutsche-nation-und-die-katastr... >>
Quelle der Grafik: https://plus.google.com/103530505728523689178/posts/5N6GxgvPxNx
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Schramms Geschichtsbild:
<<Die Deutschen, gepeinigt durch den großen Krieg (dessen Ausbruch sie zwar verursacht, aber nicht verschuldet hatten), demoralisiert, national gekränkt und überfordert mit dem gesellschaftlichen Versuch der Demokratie und den zahlreichen Flüchtlingen und Vertriebenen, die ohne Hab und Gut dastanden, wollten sich damit nicht abfinden.>>
http://juliaschramm.de/2011/01/06/irrtum-und-holocaust/
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Eine Politikwissenschaftlerin erzählt - Wie ich Piratin wurde
Die Schröder-SPD war mir ein Graus, die CDU keine Alternative, die FDP zu zynisch, und die Grünen waren mir zu spießig. Ich wollte Freiheit jenseits von Gut und Böse. Deshalb bin ich in der Piratenpartei.
24.09.2011,
von Julia Schramm
http://www.faz.net/aktuell/politik/wahl-in-berlin/ergebnisse-und-prognos...
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Netzwerke und Seilschaften (Zitat):
<< Etwas Historie und Fakten
* Julia Schramm ist eine sehr gute Freundin der Familie Wirth und somit auch von Thorsten Wirth, dem aktuellen Bundesvorsitzenden der Piratenpartei.
* Julia Schramm ist die Ehefrau von Fabio Reinhardt, der im AGH in Berlin sitzt.
* Zusammen mit Fabio ist auch ein Oliver Höfinghoff da tätig.
* Fabio Reinhardt hat maßgeblich die gemeinsame EU-Kandidatenliste der Österreichischen Piraten mit der KPÖ eingestielt. Zusammen mit Julia Reeda [1]
* Julia Reeda ist die Patentante eines der Kinder von Thorsten Wirth
* Anne Helm und Julia Schramm sind Jugendfreundinnen
Etwas entfernt davon aber zum Beraterteam von Thorsten Wirth zählend:
* Christophe Chan Hin - diesen kann man als einen ziemlich engen Freund von Florian André Unterburger betrachten
* Florian André Unterburger wollte zum BPT in Bremen sich zum Vorsitzenden oder Politischer Geschäftsführer wählen lassen. Kurz vorher war er noch Landesvorsitzender des LV Sachsen. >>
Quelle: piratensumpf.blogspot.de/2014/02/planspiele-die-ins-chaos-fuhren-sollten.html
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Alle für die Zitate verwendeten Links wurden am 09.12.2016 abgerufen.
Ergänzungen
Eine zitierte Link-Sammlung. Toll!
Schlecht formatierte, deshalb schwer lesbare Sammlung von querbeet gesammelten Links zu Piraten(TM).
Selten garniert mit herablassenden Kommentaren zur besprochenen Person.
Keine Analyse, keine Schlussfolgerung, keine erkennbare Struktur. Sinnlostext.