Kundgebung gegen Nazis bei der Mülheimer Polizei
130 Menschen haben am vergangenen Samstag den 26. September in der Mülheimer Innenstadt gegen rechte Strukturen bei der Polizei Essen / Mülheim und natürlich auch überall sonst demonstriert. Leute verschiedener politischer Spektren versammelten sich ab 12 Uhr am Stadthafen. Mit Redebeiträgen, einer kleinen Ausstellung in Form einer „Presseschau“, Transparenten und Flyern wurde die, an diesem ersten grauen Septembersamstag, leider etwas spärlich vertretene Mülheimer Öffentlichkeit auf die aktuellen Entwicklungen aufmerksam gemacht.
Am 16.09.20 wurde öffentlich bekannt. Bei der Polizei Mülheim arbeiten dutzende Nazis. Seit 2012 gibt es extrem rechte Whatsapp Chatgruppen in den Reihen der Mülheimer Polizei. Mindestens eine Dienstgruppe schickt sich gegenseitig Hakenkreuze, Hitlerbilder, Bildcollagen von Geflüchteten in Gaskammern und fiktiven Erschießungen von nicht-weißen Menschen. Nach einem Zufallsfund auf einem beschlagnahmten Handy wird inzwischen gegen mindestens 30 Beamt*innen ermittelt, die Mitglieder in verschiedenen Chatgruppen waren und alle entweder aktuell oder in den letzten Jahren im Polizeipräsidium Mülheim gearbeitet haben. Niemand meldete die Vorfälle, und wieder einmal will auch in den Führungspositionen niemand was bemerkt haben „können“, weil es keinerlei Anzeichen gegeben habe. Tatsächlich war aber wohl auch der Dienstgruppenleiter selbst Teil der rechten Chatgruppe.
Zusätzlich häufen sich seit Jahren Berichte von Betroffenen, über rassistische und gewalttätige Einsätze, durch Beamte der Polizeidirektion Essen, dem die Mülheimer Dienststelle unterstellt ist und sorgen bundesweit für Aufmerksamkeit. Warnsignale gab es also zuhauf. Dennoch ist es gerade drei Monate her, dass Polizeipräsident Richter in einem WAZ Interview unter der Überschrift „Der Rassismusvorwurf ist unerträglich“ alle Vorwürfe abstreitet, neutrale Untersuchungen und Studien ablehnt, Opfer zu Tätern macht und anstatt von strukturellen Problemen wieder nur von Einzelfällen spricht. Diese Theorie der Einzelfälle kann bei 30 Personen nun nicht einmal mehr NRW Innenminister Reul aufrecht halten, der bislang auch selten eine Gelegenheit ausließ, das Problem klein zu reden und eine genauere Erforschung zu verhindern.
Vermutlich ist davon auszugehen, dass die bisher an die Öffentlichkeit gekommenen Widerlichkeiten nur die Spitze des Eisbergs sind, da Erkenntnisse von den jetzt erfolgten Durchsuchungen noch gar nicht vorliegen. Das Wenige was bisher bekannt wurde, beinhaltet aber, dass wohl von mindestens einer Beschuldigten auch Polizeimunition beim Schießtraining abgezweigt wurde, was ungute Erinnerungen an die Erkenntnisse zu „Nordkreuz“ u.a. weckt. Wenn beinah wöchentlich neue rechte Netzwerke und rassistische Strukturen bei Polizei und Bundeswehr aufgedeckt werden, wird es endlich Zeit diesen auch entsprechend strukturell zu begegnen.
Dennoch gehen, nach einer kurzen Phase der gespielten Erschütterung, Polizeiführung und Polizeigewerkschaften unterstützt von Teilen der Presse, bereits wieder in die Gegenoffensive. Die große Mehrheit der Polizist*innen leiste hervorragende Arbeit und werde jetzt nach dem Fehlverhalten Einiger, zu Unrecht, pauschal mit der „Nazikeule“ verunglimpft, was sie aktuell im Streifendienst zu spüren bekämen. Die Essener Polizei dokumentiert die Anspielungen auf die Nazi-Kolleg*innen nun penibel in Form eines Tickers. Warum über acht Jahre keine*r der demokratischen Beamt*innen, die strafrechtlich relevanten Verfehlungen der rechten Kolleg*innen, zur Anzeige brachte, kann sich weiterhin natürlich niemand erklären.
Für uns bleibt aber klar: Unerträglich ist für uns nicht der Rassismusvorwurf, sondern der eklatante Rassismus und die Nazis bei der Polizei, die gestärkt werden durch eine Kultur des Leugnens und Vertuschens. Dagegen haben wir letzten Samstag demonstriert.
Strukturellen Rassismus benennen und bekämpfen!
Rechte Netzwerke aufdecken und zerschlagen!
Nazis bekämpfen, immer und überall !!!
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