Fotos: Frontex versenken!
Wenige Tage nach der verheerenden Bootskatastrophe im Mittelmeer wollte Frontex-Leiter Klaus Rösler die Arbeit der europäischen Grenzschutzagentur in Berlin bewerben. Allerdings blockierten mehr als 100 Demonstrant*innen den Zugang zum Veranstaltungssaal der Schwarzkopf-Stiftung in der Sophienstraße und empfingen ihn mit Marmeladebeuteln.
Eine Fotoseite unter: http://www.umbruch-bildarchiv.de/bildarchiv/ereignis/220415frontex.html
In einem Brief vom 9.12.2014 hatte Klaus Rösler das Innenministerium, die Marine und die Küstenwache Italiens aufgefordert, die damalige Praxis der Seenotrettung von Bootsflüchtlingen einzustellen. Nach Ende der italienischen Marineoperation Mare Nostrum, die mehr als 120.000 Menschen das Leben rettete, startete die Frontex-Operation Triton. In diesem Zusammenhang griff Rösler die Behörden in Rom dafür an, dass Schiffe nach wie vor die Anweisung erhielten, sich in „außerhalb des operativen Gebietes von Triton liegende Zonen“ zu begeben, um dort Booten in Seenot Hilfe zu leisten (also jenseits der 30 Meilen um die italienische Küste). Das „entspreche nicht dem operativen Plan” und nicht jedem SOS-Ruf sei zu folgen (1). „Klaus Rösler hat damit von höchster Stelle der EU-Grenzschutzagentur unmissverständlich dazu aufgerufen, Flüchtlinge und Migrant_innen in Seenot massenhaft sterben zu lassen“, so Helmut Dietrich von der Forschungsstelle Flucht und Migration (FFM). Gegen die Politik von Frontex und ihre Politik des Sterbenlassens auf dem Meer hatten antirassistische Netzwerke, u.a. Afrique-Europe-Interact, Borderline Europe, Welcome to Europe und FFM Berlin im Februar die Kampagne „Push back Frontex!“ gestartet.
Zu dem spontanen Protest am Mittwoch haben antirassistische Gruppen aus Berlin aufgerufen. Hier ihr Aufruf:
10 Jahre Frontex!
10 Jahre Handel mit Körpern!
10 Jahre und tausende Tote!
"Jemanden der Gefahr des Todes ausliefern, für bestimmte Leute das Todesrisiko erhöhen, oder aber den politischen Tod, die Vertreibung, die Abschiebung." (Michel Foucault)
Die Dichtmachung und totale Überwachung der Grenzen bedeutet Kontrolle über "das nackte Leben". Diese Kontrolle läuft im militärischen, geheimdienstlichen und polizeilichen Knotenpunkt Frontex zusammen. Kontrolle über Leben und Tod heißt Ausübung von Gewalt. Frontex übt psychische und körperliche Gewalt aus: Feststellung der Schambehaarung zwecks Altersbestimmung, DNA-Aufnahme zur Festhaltung verwandtschaftlicher Verhältnisse, psychiatrische Testgutachten zur Feststellung von Homosexualität. Frontex gibt sich nach außen verantwortungsbewusst, am Menschen interessiert und inszeniert sich als Schutzmacht über die Grenzen Europas. Aufgrund dessen setzt Frontex Falschmeldungen zu Schleusern und vermeintlichen Ghostships.
Klaus Rösler wird diesen Mittwoch als alleiniger Gastredner bei einer öffentlichen Veranstaltung der Schwarzkopfstiftung für die repressive und rassistische Arbeit von Frontex werben. Das wollen wir verhindern und fordern lautstarken Protest. Kommt zahlreich!
Ergänzungen
Das Sterben im Meer beenden? Weg mit den Visaregime!
In den vergangenen 25 Jahren fanden zehntausende Menschen ihren Tod im Mittelmeer, dass mittlerweile von vielen Menschen als "Massengrab" bezeichnet wird. Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen ein Ziel vor Augen haben: Das "gelobte" Europa zu erreichen.
Warum wagen so viele Menschen diese gefährliche Überfahrt? Die Schreibtischtäter_innen behaupten, sie würden von "skrupellosen Schlepper_innenbanden" dazu getrieben. Wie bitte?
Menschen machen sich auf einen Weg, von dem sie wissen, dass er vielen Menschen das Leben kostet. Sie sehen oft keine andere Möglichkeit, ihrer aussichtslosen Situation zu entfliehen. Und Europa trägt die Verantwortung daür. Hunderte von Jahren Kolonialismus und Sklaverei, von Ausbeutung und Entrechtung finden heutzutage ihre Fortsetzung. The Voice Refugee Forum bezeichnet Abschiebungen als das letzte Glied in der Kette der Sklaverei - "Deportation is the Last Ring of Slavery Chain". Denn Abschiebungen helfen, das globale Unrechtssystem aufrecht zu halten. Doch bevor Menschen aus Europa abgeschoben werden können, müssen sie dieses erst einmal erreichen.
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