(Athen) Erklärung zum "Berliner §129 Verfahren"

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Eine Erklärung der Betroffenen der polizeilichen Maßnahmen, die in Athen am 16.09.2020 im Zusammenhang mit dem Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung durchgeführt wurden.

Am Mittwoch, dem 16. September 2020 wurden in Berlin und Athen mehrere Wohnungen durchsucht. Der Vorwurf des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof lautet "Bildung einer kriminellen Vereinigung" nach §129 StGB.
In Athen stürmten um 6 Uhr nach deutscher - 7 Uhr nach griechischer Zeit, griechische Bullen der Antiterror Behörde (D.A.E.E.B.) und jeweils ein Bulle des Bundeskriminalamts insgesamt zwei Wohnungen um Durchsuchungsbeschlüsse gegen drei Beschuldigte, und mindestens einen weiteren Betroffenen zu vollstrecken.
Die Beschuldigten, aber auch die weiteren Anwesenden in den beiden Wohnungen wurden von den Cops in das Athener Hauptquartier der Bullen verschleppt und dort im 12. Stock in den Räumen der (Anti)Terror Bullen untergebracht.
Nach 10 Stunden Warten wurden 2 Personen entlassen und die restlichen Drei auf Grund in der Wohnung aufgefundener Pfeffersprays (Verstoß gegen das griechische Waffengesetz) und zweier Taschenmesser offiziell festgenommen und zusätzlich wegen der Verweigerung der Abgabe von Fingerabdrücken angeklagt. Nach weiteren 6 Stunden wurden die Personen in den Zellentrakt im 7. Stockwerk verlegt. Am nächsten Morgen wurden alle drei in filmreifer Manier mit schusssicheren Westen (typisch für eine Vorführung durch die Antiterrorbehörde) bekleidet, gefesselt und von einem schwerbewaffneten Kommando dem Gericht zugeführt. Am Ende der Inszenierung entschied das Gericht das Verfahren zu verschieben und die Gefangenen wieder frei zu lassen.

Als Teil des kafkaesken Spiels erfüllen sowohl die deutschen, als auch die griechischen Medien erwartungsgemäß ihre Rolle als Handlanger des Systems. Die Angriffe des Staates auf die Bewegung werden seit jeher von den Massenmedien begleitet, sodass die Informationshoheit und die Definition der Relevanz der Situation bei den Bullen und beim Staat liegen sollen.
Im hiesigen Verfahren wurden die wenigen Informationen, die die Bullen rausgegeben haben, in populistischen Artikeln mit auch falschen Angaben und Behauptungen angereichert, um einer möglichst breiten Öffentlichkeit den gewünschten Eindruck zu vermitteln.

Die Zusammenarbeit zwischen deutschen und griechischen Behörden ist mit Sicherheit nichts Neues. Nicht überraschend, aber doch erwähnenswert finden wir die gemeinsame Organisierung der unterschiedlichen Behörden. Sie nutzen ein einzelnes Verfahren, um die politischen Interessen der Sicherheitsbehörde und des Staates in beiden Ländern umzusetzen.
Während in Deutschland kaum eine Nazigruppe identifiziert wird, in der nicht auch Bullen involviert sind, rechte (Massen)bewegungen den Zeitgeist widerspiegeln, rechtsradikale Kräfte die Diskurslinie erfolgreich zu ihren Gunsten verschoben haben und Mordanschläge auf Migrant*innen zur alltäglichen Praxis der Faschisten avancierten, versucht die aktuelle griechische Regierung die gesellschaftlichen Standards an westeuropäische Staaten anzugleichen. Mit faschistoiden Argumentationen und Methodiken wird dieses "Modernisierungsprogramm" umgesetzt. Der deutsche Innenminister Seehofer spricht in gleicher ablehnender Haltung von der Aufnahme von Migrant*innen aus Moria wie sein griechisches Äquivalent Chrisochoidis und dessen Chef Kyriakos Mitsotakis. Die CDU - auf Europaebene eine Schwesterpartei der griechischen Regierungspartei Nea Dimokratia - scheinen sich in ihrer anti-humanen Haltung ein Wettrennen liefern zu wollen. Aufkommende Organisierungen gegen diese Zustände sollen ihre Marionetten schon im Keim ersticken. Die Zusammenarbeit mit dem Exportschlager "Deutsche Polizei" zu intensivieren liefert nicht nur pragmatische Vorteile. In beiden Ländern sehen sich besetzte Häuser und Hausprojekte einer akuten Bedrohung durch Staat und Kapital ausgesetzt. So sollen die gegen uns durchgeführten Maßnahmen lediglich ein Bild für all jene produzieren, die sich dieser Logik entgegenstellen.

Auch in Griechenland ist die Anwendung des Paragraphen 187a/b (das griechische Pendant zum deutschen § 129) ein beliebtes Werkzeug der Bullen um die antiautoritäre Bewegung zu unterdrücken. Die Abläufe sind fast überall in Europa und darüber hinaus ähnlich. Einzelne Subjekte der Bewegung werden herausgestellt, ausgeforscht und im folgenden persönliche Freundschaften und politische Bezugnahmen der Öffentlichkeit als schädlich vorgeführt. Nicht selten werden Menschen weggesperrt und gefoltert. Die Position des Staates als Bestrafer und zugleich als Schutzpatron der angepassten - lethargischen Gesellschaftsmitglieder soll hervorgehoben werden. Die politische und persönliche Isolation als Werkzeug zur Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ordnung ist ein weiteres Beispiel der Doktrien des Staates.
Sie haben den Schneid Menschen mit dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung zu verfolgen, während sie ihre kapitalistischen und patriarchalen Interessen bewaffnet, gut vernetzt, international organisiert und mit aller Macht durchzusetzen versuchen.
Gegen jene autoritäre Gewalt kann nur Solidarität, Vernetzung und politische Konfrontation helfen. Die Grenzen von Staaten zu überwinden, um Organsierung und Solidarität zu stärken ist ein Weg in die richtige Richtung.

Nicht zuletzt beweist diese Operation der Bullen, dass die Feinde der Freiheit schon lange über ihre selbst definierten Grenzen hinweg gut vernetzt arbeiten. Die international operierenden Firmenkonsortien, die ihren Ursprung oft in Deutschland haben und in Krisen-gebeutelten Städten wie Athen, die verbilligten Immobilien und Unternehmen aufkaufen; auch um besetzte Häuser zu räumen, damit selbst aus dem Kleinsten noch ein Tropfen Profit gepresst werden kann, sind ebenfalls nur ein Fragment der Fratze des Kapitalismus.
Die einzige Antwort darauf kann nur eine antinationale Solidarität sein. Aus diesem Grund sind wir hier. Nicht um dem kulturellen Reichtum der "Wiege der Demokratie" zu fröhnen, sondern den Kampf gegen die Ursprünge und Auswirkungen des Kapitalismus auch dort zu suchen, wo die solidarische Bezugnahme gemeinsame Kämpfe möglich macht.

Die Strategien der Repressionsapparate begrenzen sich meist darauf Wenige zu exponieren, adressiert werden soll jedoch immer eine Bewegung. So lasst uns gemeinsam auf die Angriffe des Staates antworten...

Wir freuen uns über die Vielzahl an solidarischen Texten und Aktionen! Solidarität mit allen von Repression Betroffenen.

Jede Unterdrückung ist nur noch mehr Öl im Feuer unserer Leidenschaft für die Freiheit!

Der Kampf geht weiter!

  - die von den Maßnahmen in Athen Betroffenen

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Ergänzungen

Schön was von euch zu hören!

Bleibt tapfer!

Lasst euch nicht unterkriegen. Antiautoritäre Solidarität!