Gelbe Westen gegen den Europäischen Polizeikongress in Berlin!
Am Samstag hat bei den Protesten in Frankreich ein Menschen eine Hand verloren. Beim Versuch, eine auf ihn geworfene Handgranate der Polizei abzuwehren, explodierte diese und verstümmelte ihn grausam.
Alleine bei den Protesten gegen die Räumung der ZAD in Notre-Dame-des-Landes hat die Polizei offiziellen Zahlen nach 3.000 mit TNT bestückte Granaten eingesetzt. Die schlimmste, die GLI-F4 wird auch gegen die Proteste der Gelbwesten eingesetzt. Ein Video von taranis zeigt die mörderische Sprengkraft eindrucksvoll: https://www.nsfwyoutube.com/watch?v=gzNwzkaThFg
Neben der GLI-F4 existieren noch zahlreiche andere Varianten von Explosivgranaten, die von den Herstellern und der Regierung als Nicht-Tödlich bezeichnet werden. Remi Fraisse (https://en.wikipedia.org/wiki/R%C3%A9mi_Fraisse) starb im Kampf gegen den Staudamm von Sivens, als er von einer dieser Granaten getroffen wurde. Über hundert schwere und schwerste Verletzungen dokumentiert die Initiative "Désarmons-les!" (Entwaffnen wir sie!), die im Kontakt mit vielen bei den wöchentlichen Protesten der Gelbwesten im Einsatz befindlichen Sanitätern sind: https://desarmons.net/index.php/2019/01/04/recensement-provisoire-des-blesses-graves-des-manifestations-du-mois-de-decembre-2018/
Einer der Hersteller dieser Schock-Granaten ist die Rheinmetall Group, welche auf dem Europäischen Polizeikongress in Berlin am 19. und 20. Februar für ihre Waffen wirbt.
Die Granaten von Rheinmetall werden weltweit gegen Proteste eingesetzt. In Griechenland und Bahrain (siehe Bild unten) sind zahlreiche Beispiele bekannt geworden, bei denen ihre schweren eisenummantelten Sprengkörper direkt auf Demonstranten geworfen wurden. Auch in Deutschland verfügt die Polizei über wirkungs- und baugleiche Granaten. Neben Handgranaten liefert Rheinmetall auch 40mm-Geschosse an Militär und Polizei. Für „peace-keeping“ und „peace enforcement“ haben die konkurrierenden Rüstungsfirmen u.a. angeblich ungefährliche Plastik- oder Gummigeschosse im Angebot. Diese werden aus Granatwerfern wie den französischen Chouka und Cougar oder deutschen Modellen von Heckler und Koch (Heckler und Koch ist auch Sponsor und Aussteller des Polizeikongresses) abgeschossen. Die Strategie der französischen Regierung gegen die Gelbwesten basiert derzeit auf dem massiven Einsatz von 40mm-Geschossen gegen Demonstranten. Durch das Schießen ins Gesicht haben seit Dezember etliche Menschen Augen verloren. Erst vor zwei Wochen erlangte der Fall eines bekannteren Aktivisten Jérôme Rodrigues, s.u.) weitreichend Aufmerksamkeit, dem völlig unvermittelt das Auge zerschossen wurde.
Wir müssen die Hersteller solcher Technologien für den Tod und die Verletzungen unzähliger Menschen verantwortlich machen. Sie machen Geld mit dem Leid und der Unterdrückung der Bevölkerung. Sie bedienen einen florierenden Markt für autoritäre Regime. Durch Werbung auf Veranstaltungen wie dem Polizeikongress erzeugen sie zusätzliche Nachfrage. Wie in Frankreich muss aber auch hier Widerstand gegen die Regierung und Organisationen der Polizei geleistet werden. Der Polizeikongress wird von den Polizeigewerkschaften unterstützt. Eben jenen Strukturen, die aus der Polizei über die Jahre hinweg eine paramilitärische Macht geformt haben, die über Kriegsbewaffnung, eigene Propagandaabteilungen und Kontakte zu rechten Untergrundorganisationen verfügt. Der Staat hat seine Armeen in Stellung gegen die sozialen Erhebungen gebracht – lasst uns nicht tatenlos zusehen!
Unterstützt diesen Aufruf und geht in Berlin als solidarisches Zeichen mit den Opfern der sogenannten nicht-tödlichen Waffen in Frankreich mit gelben Westen auf die Demonstration gegen den Europäischen Polizeikongress! Zeichen der Solidarität können die traumatischen Bilder abmildern und sind ein Anfang, Unternehmen wie Rheinmetall und Heckler und Koch zur Verantwortung zu ziehen.
Wegen der Vollständigkeit: Es existieren Videoaufnahmen von der am Samstag zerstörten Hand, die traumatisierend wirken können. Den Link nur klicken, wenn ihr sicher seid, das ihr den Anblick verkraften könnt und ihn in Wut gegen die Verantwortlichen verwandelt. https://www.youtube.com/watch?v=JO3H7mQOHWU
Ergänzungen
Extra erklärung zu den Bilder
Das Bild oben sind in Bahrain eingesetzte Granaten von Rheinmetall.
Das Bild unten Links ist ein Heckler und Koch Granatwerfer, ein deutscher Exportschlager.
Hände weg von den Gilets Jaunes !
Ich kann es nur wiederholen : die Bewegung Gilets Jaunes stammt von rechten Facebook-Seiten, wobei manche linke Gruppen versuchen diese rechte Bewegung nach Links zu ziehen - was an sich unmöglich ist, ein riesen Fehler.
Z.B sind in Paris am Wochenende jede Menge antisemitische Tags gemacht worden, angestiftet von der Gilets Jaunes Bewegung : https://twitter.com/FPotier_Dilcrah/status/1094898466768252928 und hier : https://www.lemonde.fr/societe/article/2019/02/11/la-justice-saisie-a-ca...
Ist es denn so schwer zu begreifen, dass die Gilets Jaunes Bewegung mit den "Merkel muss weg" Demos zu vergleichen ist ? Auch gleiche Symbolik mit Guillotinen etc, und Rechten überall unterwegs.
Es gibt genügend andere Beispiele an Polizeigewalt ausserhalb der Gilets Jaunes.
kritische Solidarität mit den Gilets Jaunes !
Die Ergänzung von "Antifa" verkürzt das breite gesellschaftliche Phänomen der Gilets Jaunes vollkommen!
Es muss unterschieden werden zwischen Frankreich und Deutschland.
In Frankreich gehen mehrere hunderttausend Menschen auf die Straßen. Dabei sind die Proteste je nach Ort und auch im Verlaufe der Monate sehr unterschiedlich. Selbstverständlich sind in einem so breiten gesellschaftlichen Schnitt (leider) Sexist*innen, Rassist*innen oder Antisemit*innen. Diese sind aber nicht die leitenden Denkrichtungen. So gibt es bspw. überdurchschnittlich hohen Anteil an Frauen, ebenso wie Beteiligung von PoC, zB in La Reunion oder von Kampagnen gegen rassistische Polizeigewalt, zB das Komitee “Aufklärung und Gerechtigkeit für Adama Traoré”.
Unter den Gelbwesten sind Menschen, die zum ersten Mal auf die Straße gegangen sind, aber auch organisierte Linke, Rechte (Faf, GI,...), aber auch Anarchist*innen. Diese Bewegung als von rechten Facebookseiten gesteuert zu sehen, ist vollkommen verkürzt - nein - es ist schlicht falsch. Es negiert die Konstitution als Sozialproteste sowie die massiven und sehr erfolgreichen Interventionen der dortigen Antifas!
Beispiel Antifa-Invention am 2.12. in Paris: https://twitter.com/_w0bb1t_/status/1069209355730542592
Letztes Wochenende gab es weitere gute Beispiele aus Lyon (leider keinen Link)
Ich empfehle generell die Berichte von crimethink, sie sind von innen und regional sehr gut aufgeschlüsselt:
https://crimethinc.com/categories/current-events
In Deutschland wurden die Gelbwesten bisher hauptsächlich von rechten Akteuren benutzt. Das muss natürlich nicht so bleiben. Grundsätzlich könnte ihnen damit ja ein Anschluss an sozial frustrierte gelingen, eine etablierung als sozialer Akteur. Dies gilt es zu verhindertn. Da helfen aber keine Blockaden und kein Denunzieren, damit würde man sich nur als nützlicher Idiot der neuliberalen Ordnung inszenieren und den Rechten richtig gut helfen!
Einen sehr guten Umgang mit dem Dilemma keine rechten sozialproteste pushen zu wollen, bietet die libertäre Gruppe Karlsruhe: https://de.indymedia.org/node/28960
Sie entschied sich zu dem Protest zu mobilisieren und gut vorbereitet soziale Forderungen zu stellen und zu verteilen. Daraufhin wurden sie von der Demo verwiesen, sie konnten aber sehr effektiv das rechte Schauspiel demaskieren. Sie war nicht so dumm, die Rechten zu ignorieren oder "die Antifa" zum "Büttel des Kapitals" zu machen. Danke für dieses gute Beispiel!
Ein weiterer Text, der sich mit einem antifaschistischen Umgang mit der Gelbwesten-Bewegung auseinandersetzt, findet sich hier: https://de.indymedia.org/node/26906
Am besten ist und bleibt natürlich selbst die Sozialen Fragen zu stellen, egal ob mit oder ohne Weste.
Obligatorische Schlussparolen:
Kein Totschweigen von hierarchischen und cheauvinistischen Strömungen, aber auch keine Überbetonung von rechten Interventionen. Wir dürfen es nicht zu lassen, dass diese breite Bewegung nach rechts kippt, nur weil wir nicht mit gesellschaftlichen Widersprüchen umgehen können. Ohne effektive linke und anarchistische Interventionen gibt es die reale Gefahr, dass sie ins faschistische gleiten kann (siehe Maidan/Ukraine, siehe Brasilien)
Für eine kritische Solidarität mit den Gelbwesten!
Für ein solidarisches Europa von Unten!