Partys und sexuelle Übergriffe - der Schumacher Club in Bochum

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Der Betrieb in Nachtclubs steht aufgrund der Corona-Pandemie aktuell überall still und ausschweifende Nächte sind bis auf Weiteres auf Eis gelegt. Dies haben die Inhaber*innen und das Personal des Schumacher Clubs, ein Club mitten in der Bochumer Innenstadt, zum Anlass genommen, um ein Imagevideo zu veröffentlichen, das einen Spendenaufruf enthält.

In dem Video kommen Clubbetreiber*innen, Veranstalter*innen, Personal, DJs und Menschen hinter den Kulissen zu Wort. Und sie werfen mit hedonistischen Hippie-Floskeln nur so um sich: der Club „bringt Menschen zusammen“, hier würde „diverses Leben gefeiert“, hier fänden Menschen „ein Zuhause“, es sei ein „Biotop in sich für Menschen, die sich ausleben möchten, unabhängig von gesellschaftlichen Konformen“ – „a stranger in life is a neighbour on the dancefloor“.

Letztendlich wird der Club auch als „Safe Space“ bezeichnet – ein Begriff, der hellhörig macht. Wie wird ein Club eigentlich zu einem Safe Space – also zu einer inklusiven Umgebung, in der marginalisierte Gruppen besonderen Schutz erfahren? Wie wird vor allem ein Club zu so einem sicheren Ort, der betont, wie frei und unbeschwert hier alle sein können? Wie können die Betreiber*innen des Clubs mit Bestimmtheit sagen, dass der Club ein Safe Space ist? Was tun sie dafür? Wir haben das oben genannte Video zum Anlass genommen Antworten auf die Frage zu finden, wie sich weiblich gelesene Personen(1) hier fühlen. Dabei sind wir auf unzählige erschreckende Erfahrungsberichte gestoßen.

 

Der Schumacher Club – ein Safe Space?

 

Es braucht nicht viel Recherchearbeit, um herauszufinden, dass der Schumacher Club kein Safe Space ist. Wer sich in und um Bochum umhört, Besucher*innen fragt, wie sie sich im Club fühlen und was sie für konkrete Erfahrungen gemacht haben, bekommt allzu schnell den Eindruck vermittelt, dass der Club lediglich darum bemüht ist sein linkes und diverses Image zu pflegen, um junge aufgeklärte und sensibilisierte Menschen anzulocken, ergänzt durch konkrete LGBTIQ+ Angebote. Ein ausgearbeitetes Awareness-Konzept, welches sich nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis bewährt, sucht man hier zudem vergeblich. Es dürfte schließlich auf der Hand liegen, dass es nicht ausreicht, unter jede Facebook-Veranstaltung zu schreiben, dass von allen Gästen Respekt und Offenheit gefordert wird. Wenn diesen Sätzen nicht auch Handlungen folgen, bleiben sie leere Versprechen.

 

Partys und sexualisierte Gewalt

 

In Clubs wie dem Schumacher Club kommen Woche für Woche Menschen zusammen, die gemeinsam feiern, tanzen und sich berauschen. Wie auf allen anderen Partys auch, sind sich Menschen nah, es ist dunkel, oft unübersichtlich, Menschen nehmen Drogen, die Musik ist laut. Es entsteht eine Atmosphäre, in der Täter unauffälliger Grenzen überschreiten können und es so besonders häufig zu übergriffigem Verhalten und sexualisierter Gewalt kommt. Der Schutz von potentiellen Opfern ist in diesen Räumen besonders wichtig und muss von Veranstaltenden, Personal und Inhaber*innen so gut es geht gewährleistet werden. Was dabei als sexuell übergriffig empfunden wird, ist vielfältig und bestimmt jede betroffene Person selbst. Clubs sind also oft Orte, an denen sich konkret weiblich gelesene Personen nicht sicher fühlen können. Von Clubbetreiber*innen und Veranstalter*innen muss daher zwingend gefordert werden, dass sie alles dafür tun, damit sich diese Personengruppe hier wohl und sicher fühlt.

 

Viele weiblich gelesene Personen haben uns erzählt, dass sie im Schumacher Club übergriffiges Verhalten beim Personal gemeldet haben, woraufhin nichts passiert ist und Täter ungestört weiterfeiern durften. Frauen berichten davon, dass Übergriffe als Lappalie abgetan wurden. Bedürfnisse von betroffenen Frauen wurden allzu häufig übergangen, Täter werden geschützt und erfahren keinerlei Konsequenzen für übergriffiges Verhalten. Für FLTI(2) ist es enorm wichtig zu wissen, dass sie sich hier in einem Umfeld bewegen, in dem sie sich nicht auf Unterstützung von den Verantwortlichen verlassen können, sondern sexuelle Übergriffe offenbar geduldet werden oder Victim-Blaming betrieben wird.  So wurde uns auch erzählt, dass Betroffenen selbst die Schuld für übergriffiges Verhalten gegeben wurde, weil sie "zu berauscht" gewesen seien. Uns geht es um Schutz! Ist Schutz nicht ein unabdingbares Konzept für einen Safe Space? 

Zudem dürfen im Schumacher Club offensichtlich auch Nazis mitfeiern: Gäste mit Kleidung rechtsextremer Marken wurden beim Personal gemeldet - auch hier wurde nicht gehandelt.

 

Der Schumacher Club muss zwingend als unsicherer Ort für weiblich gelesene Personen geoutet werden! Es muss aufhören, dass dieser Club sich als "Safe Space" bezeichnet, während nichts für nachhaltige Sicherheit getan wird. Orte mit dem Prädikat "Safe Space" werden von Menschen aufgesucht, weil sie sich fernab von den leider üblichen Übergriffen in der Partyszene geschützt bewegen wollen. Umso gravierender ist das Erleben von sexualisierter Gewalt an einem Ort, an dem man sich sicher wähnt.

Es kann nicht länger geduldet werden, dass es mitten in Bochum einen Ort gibt, an dem über sexuelle Belästigungen und Übergriffe hinweggesehen wird, an dem die Bedürfnisse von  Betroffenen keine Rolle spielen und an dem es egal zu sein scheint, wie sicher sich FLTI hier wirklich bewegen und fühlen können, während nach außen hin von einem Safe Space geredet wird, um möglichst viele Menschen – also auch FLTI – zu erreichen. Fest steht: Menschen, die dulden, schweigen oder wegschauen, machen sich zu Mittätern - hier also explizit auch die Inhaber*innen und das Personal des Clubs!

 

Wenn ihr in diesem Club involviert seid - ob als Gast oder Gästin, DJ oder Veranstalter*in - fangt an zuzuhören und nicht wegzuschauen! Wir haben innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Erfahrungsberichte von Betroffenen sammeln können und sind davon überzeugt, dass diese nur die Spitze des Eisbergs darstellen.

 

Der Schumacher Club – ganz sicher kein Safe Space!

 

 

 

(1) In diesem Kontext geht es vor allem um weiblich gelesene Personen, die aufgrund von struktureller Diskriminierung sexuelle Übergriffe erfahren, beziehungsweise in der Partyszene besonderen Schutz erfahren sollten. Es wird in konkreten Fällen von Frauen gesprochen, wenn sich auf Berichterstattungen bezogen wird. 

(2) FLTI = Frauen, Lesben, Trans- und Intermenschen

 

 

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Ergänzungen

Dass der Schumacher-Club gern mit der Floskel des "SafeSpace" um sich wirft, ist mir auch schon seit einiger Zeit aufgefallen und auch ein Dorn im Auge, denn es wird zwar behauptet, dass der Club ein solcher SafeSpace wäre, aber wie genau das realisiert wird, bleibt im Dunkeln. Mit dieser fast schon zynisch wirkenden Martketing-Strategie, verspricht der Club etwas zu sein, was nicht eingehalten wird oder werden kann. Und genau das ist meiner Meinung nach das Gefährliche. Besucher*Innen werden mit einem falschen Sicherheitsgefühl betäubt und ahnen das Risko nicht, welches vielleicht direkt hinter ihnen tanzt. Einen Safespace zu bieten ist nämlich mehr Arbeit, als dieser Club bereit ist zu leisten. Die Diskrepanz zwischen dem Verpsrochenen und dem tatsächlich Gebotenen ist erschreckend groß und, wie dieser Beitrag deutlich macht, erschreckend fatal. Es macht einen grundlegenden Unterschied für Gästinnen (und auch so manchen Gast, denn aus persönlicher Erfahrung sind auf bestimmten Parties auch homosexuell-männlich gelesene Individuen von diesem Risiko bedroht) ob Leitende und Mitarbeitende eines solchen Clubs diese Floskeln ernst nehmen, oder nur Schall und Rauch verbreiten und in kauf nehmen, dass Besucher*Innen in diesem Schall und Rauch sexualisierter Gewalt ausgesetzt sind.

Das der Schumacher-Club genau dadurch zum Widerspruch in sich selbst wird, könnte auch bedeuten, dass sich an den aktuellen Gegebenheiten nichts ändern wird und das das Risiko nach der post-Corona Wiedereröffnung noch immer besteht . Denn in Augen der Leitung scheint dieser Ort ja ein SafeSpace zu sein, ob die Opfer von sexualisierter Gewalt dem zustimmen werden, bezweifele ich. Ich stimme dem nämlich nicht zu.

 

 

P.S.: (im Bezug auf Milton's Kommentar) Im Kontext von sexualisierter Gewalt von "Representation" zu sprechen finde ich absolut grenzwertig. Denn beim Schutz von  Gewaltopfern geht es letzendlich nicht darum eine Statistik zu erstellen, sondern darum, Menschen vor traumatischen bis hin zu lebensgerfährlichen Erlebnissen zu schützen. Ob und wie sicher man sich selbst im Schumacher-Club fühlt ist die Sache jedes/r Besucher*in persönlich. Das eigene Wohlbefinden in dem Club legitimiert oder wiederlegt das Auftreten von sexualisierter Gewalt aber NICHT. In dem Kommentar wird dem/den/der Verfasser*in/innen des Hauptartikels vorgeworfen, keine gerechtfertigten Punkte aufzuführen und somit nicht objektiv zu sein. Ich frage mich, ob die anegdotische Gegenargumentation einer Schumacher-Mitarbeiterin überhaupt obejtiv bieziehungsweise gerechtfertigt oder gar "representativ" ist? Aber ich weiß, dass eine solche Diskurshaltung dem zukünftigen Image des Schumacher-Clubs nur weitern schaden wird und sexualisierte Gewalt weiterhin verharmlost.

Das Schumacher offenbart mit seiner oberflächlichen Stellungnahme, dass er auch nach dieser öffentlichen Anklage nichts verstanden hat. Anstatt selbstkritisch auf die angedeuteten Vorfälle einzugehen, fordern sie die Betroffenen auf, sich zu outen und auf sie zuzukommen. Dieser Vorgang spricht für sich.

Ich entnehme dem Text, dass die Inhaber des Bochumer Clubs Beteiligte, also auch Täter*innen sind. Vorfälle sind ihnen bekannt bzw. wurden ihnen bekannt gemacht, sie haben diese gebilligt und ggf. auch selbst begangen. Auf "Gespräche" können diese daher hoffentlich lange warten. Ein Awareness-Konzept kommt zu spät. Die Würfel sind gefallen.

Hoffentlich tut sich in Bochum bald mal ein Ort auf, der das Label "Safe-Space" auch ansatzweise verdient.

Ich weiß nicht was man da sagen soll.. ich bin des öfteren im Schuhmacher und hab nichts derartiges beobachten können. Ganz im Gegenteil find ich, dass das Personal sehr wohl aufpasst und auch handelt, wenn notwendig. Außerdem sind dort auch immer aufmerksame Besucher, die sich sowas auch nicht anschauen würden. 

Um welche sexuellen Übergriffe, bzw. Gewalt handelt es sich denn konkret? Hab ich irgendwas verpasst? Der Text ließt sich für mich sehr aufgeplauscht.. Anschuldigungen gekleidet in pseudo weltoffener Wortwahl. Sorry wenn ich mich irre.. aber sowas hab ich da einfach nicht erlebt. Hab mich auch mal bei Freunden und Bekannten umgehört.. sind schon ein paar Leute.. und alle sind sich sicher, dass da irgendwas an der Sache stinkt. 

Meine persönliche Meinung.. da hat jemand einfach persönlichen Stress mit dem Laden oder den Betreibern und will das ganze jetzt durch den Kakao ziehen. 

Ach noch was.. ich fühle mich dort sehr sicher. Gerade das Publikum ist toll. Bin immer mit mehreren Leuten da.. unter anderem auch meine Frau. Wir sind im Club so gut wie immer getrennt und laufen uns mehrmals über den Weg und lernen die Hälfte des Publikums kennen. Wenns meiner Frau mal nicht gut ging haben sich die Leute dort um sie gekümmert.. Wenn's mir nicht gut ging dasselbe. Und auch ich und meine Leute helfen immer, wenns mal bei jemandem nicht gut läuft. Das Leitungswasser bekommt man am Tresen umsonst. Dazu muss man sagen, dass ich sehr viel tanze und Menschen zu mir kommen und mir Wasser anbieten.. das war schon immer.. auch in anderen Clubs, wobei im Schuhmacher das viel häufiger passiert.. und die Leute sind auch immer top drauf.. man baut zu vielen Leuten tatsächlich eine gute nonverbale Kommunikation auf. ;)

Also.. sorry wenn da wirklich irgendwas dran ist, aber ich persönlich kann das nicht nachvollziehen und auch nicht bestätigen.. und ich mache mir immer gerne selbst ein Bild.. und dieses Bild passt überhaupt nicht zu dem was ich hier lese.. keine Ahnung.. vielleicht war ich auch immer auf den "coolen" Partys. :D

Na dann.. viele Grüße. Ein Schuhmacher Besucher. 

 

Hallo, 

ich habe mich durch euren Artikel dazu entschieden auf die Antwort des Schumacher Clubs auf Facebook öffentlich zu antworten und meine Erfahrung zu schildern. Danach war ich mit Menschen konfrontiert, die behaupteten mein Account sei ein Fake weil ich nicht meinen richtigen Vor- und Nachnamen bei Facebook angebe, mir persöniche Nachrichten geschickt haben in denen sie mir vorwerfen ich solle mal klarkommen und wie traurig es wäre solche Lügen zu verbreiten. Nachdem ich die Einstellungen für mein Profil so geändert habe, dass mir Fremde nicht mehr schreiben können, ging ein Mensch soweit, dass er rausgefunden hat mit wem ich bei Facebook befreundet bin und hat 2 Menschen Nachrichten geschrieben in denen er mich beleidigt und ebenfalls behauptet ich lüge. Das hat mich so mitgenommen, dass ich den Kommentar wieder gelöscht habe. 

An den Schumacher Besucher,  der hier kommentiert: nur weil du nichts mitbekommst und nicht betroffen bist, heisst das noch lange nicht,  dass es nicht passiert. Ich habe von Anfang 2018 für knapp ein Jahr einmal im Monat dort bei den Goa's hinter der Theke gearbeitet und bin selbst betroffen! Weltfrauentag 2019: der Club läd zur Demo ein und wirbt damit, dass die Mitarbeiter ihren Lohn an die Mitarbeiterinnen abgeben, welchen sie auf der Party an dem Abend verdienen. Auf genau dieser Party kommt mir ein Gast zu nah, ich stelle ihn zur Rede und er versucht mir ins Gesicht zu fassen und streicht mir dabei mit seiner Hand über den Rücken in Richtung Po. Ich raste aus und er sagt er wolle sich nur entschuldigen wo denn mein Problem sei. Ich gehe zu einem Mitarbeiter,  welcher zu dem Zeitpunkt auch ein Kumpel ist, weil ich ihn durch meine Arbeit dort kannte. Er wusste nach meinen Erzählungen sofort wen ich meinte und sagte der Gast sei an dem Abend schon auffällig geworden und er werde zum Türsteher gehen. Danach ist NICHTS passiert! Am Ende der Party bin ich selbst zum Türsteher gegangen,  Mehran (eine Art Chef dort) stand daneben. Als ich erzählt habe was mir passiert ist und gefragt habe warum nichts getan wurde haben sich beide grinsend angeguckt.  Der Türsteher sei müde war eine Antwort auf meine Fragen. Zudem wäre die Party nur noch 2 Stunden gegangen und der Gast hätte viele Freunde dabei gehabt, so dass der Türsteher in der Unterzahl gewesen wäre. Ich habe mich überhaupt nicht ernstgenommen gefühlt, eher belächelt. Zudem konnte und kann ich es auch nicht fassen, weil ich die Leute kannte und vorher noch mit dem Weltfrauentag geworben wurde.

An alle Betroffenen: ich glaube euch und es tut mir so leid, was ihr erleben musstet. Ich nehme euch ernst, egal was andere sagen. Ich bin ein Beispiel von vielen. Es gibt definitiv ein Problem in diesem Club!

 

Ich kann nicht nachvollziehen, dass man Menschen ihr Leid absprechen will nur um seinen Lieblings-Club zu schützen! Sexuelle Gewalt/Vergewaltigung ist doch leider kein Fremdwort in der 1. clubwelt und 2. machen wir uns nichts vor IN DER TECHNO SZENE. sie passiert!!!! auch in Bochum !!!! und das auch FRAUEN UND MÄNNERN!!!!! Während jemand vlt auf irgendwelchen substanzen (nicht böse gemeint- jeder wie er will) abtanzt und auch die Hälfte gar nicht mehr mitbekommt, passieren unmittelbar in deiner Nähe schlimme Dinge. Betroffene reden viel zu selten, das Thema ist mit Scham besetzt!! gerade wenn du selbst Drogen genommen hast um zu Feiern und dann opfer von sexueller gewalt wirst.. machst du dir auch noch vielleicht leider selbst die Vorwürfe!... manchmal sieht es sogar einvernehmlich aus... ist es aber längst nicht !!!! 

hört auf zu denken ihr müsstet eure Szene schützen, wenn ihr damit sexuelle Gewalt/Missbrauch/vergewaltigung schützt!!!! 

 

danke!