Wer im Home Office sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen – eine Antwort auf den junge Welt-Artikel "1.-Mai-Dilemma: Tiefgreifende Verunsicherung" vom 22.04.

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Eine Antwort auf den Artikel in der jungen Welt, in dem der Autor Markus Bernhardt dem Revolutionären 1. Mai Bündnis " inhaltsleeres Maulheldentum" vorwirft. Hier eine Antwort auf die schlecht recherchierten Behauptungen.

Am 22. April schreibt Markus Bernhardt den Artikel "1.-Mai-Dilemma; Tiefgreifende Verunsicherung Gesundheitsschutz und Versammlungsfreiheit: Abwägungen zum 1. Mai" und wirft dem Revolutionären 1. Mai Bündnis "inhaltsloses Maulheldentum" vor:

"Und doch stellen sich eine Reihe von Fragen. Wo einige Organisationen sich klar auf den Schutz der Gesundheit der Menschen beziehen, setzen andere auf inhaltsleeres Maulheldentum. Auf der offiziellen Seite des sogenannten Revolutionären 1.-Mai-Bündnisses wird anonym die krude These aufgestellt, dass wir alle in einem »Versuchslabor« lebten, und selbst Aktivistinnen und Aktivisten der radikalen Linken vorgeworfen, sich zu »Regierungssprecher*innen« entwickelt zu haben. Andere »Linke« sind sich mit Wirtschafts- und Kapitalkreisen einig und fordern, die weitreichende Stillegung des öffentlichen Lebens einfach zurückzunehmen. Dabei schließen sich der dringend erforderliche Kampf um Grund- und Freiheitsrechte und der nötige Schutz vor Infektionen mit dem Coronavirus nicht aus."

Hier die Antworten:

Lieber Markus,

Deine Behauptungen sind schlicht und ergreifend sehr schlecht recherchiert herbeigezimmert. Wer zuviel im Home Office verbringt, sollte ab und an mal an die frische Luft und sich bisweilen wieder mit Human Beeings austauschen. Sonst erleidet man einen Koller und es fehlt die Reflektion. Es kann so passieren, dass zu schnell, selektiv und oberflächlich über das Gerausche im Internet drübergelesen wird, und mensch sich sowie so nur seine bereits im Kopf verfestigte Meinung zurechtzimmert. Journalismus darf kein "self-fulfilling prophecy" sein. Klar, mit Kontaktsperre ist es schwierig, sich mal direkt mit anderen auszutauschen. Um so dringlicher ist es, genauer auf die Quellen zu achten.

Sogar in den bürgerlichen Medien wurde nicht so viel durcheinander geschmissen, wie Du es in nur einem kleinen Absatz schaffst.

Du zitierst etwas von einem "Versuchslabor" und "Regierungsprecher*innen", und das dies so in (anonymen) Texten des Revolutionären 1. Mai Bündnis stehen würde.

Dazu zwei Dinge: Das Bündnis zum Revolutionären 1. Mai hat in diesem Jahr exakt ZWEI Beiträge herausgegeben, und einen ersten Kurztext mit der Aufforderung "Achtet auf Ankündigungen". Diese finden sich auf der offiziellen Internetseite des Bündnis: 1MAI.BLACKBLOGS.ORG.

Mit dem ersten Beitrag "Heraus zur Revolutionären 1. Mai Diskussion" hat der Vorbereitungskreis zur diesjähren Revolutionären 1. Mai Demonstration zu einer vielfältigen Diskussion angeregt. Daraufhin sind aus verschiedenen Teilen der linken Zusammenhänge Diskussionspapiere und Stellungnahmen entstanden, im übrigen auch aus der von Dir zitierten Gewerkschaftslinken.

Hierzu hat das Bündnis zum Revolutionären 1. Mai im letzten Beitrag mit dem Titel "Für grenzenlose Solidarität – Gegen Kapitalismus, Rassismus und Patriarchat!" festgestellt:
"Über die genaue Umsetzung einer gemeinschaftlichen kollektiven Aktion am 1. Mai diskutieren wir gerade im Bündnis und mit vielen anderen Strukturen. Wir wollen uns an dieser Stelle, für die vielen konstruktiven Rückmeldungen und Anregungen von verschiedenen Strukturen und Einzelpersonen bedanken. Dies hilft uns eine bessere Einschätzung vornehmen zu können. Am Montag 27. April werden wir als Bündnis unseren Plan für den Abend des 1. Mai in Berlin vorstellen."

Für Dich hier fett markiert die Link-Phrase "vielen konstruktiven Rückmeldungen". Wenn Du diesem Link folgst, gelangst Du auf eine Internetseite mit der Adresse "erstermai.nostate.net". Diese war mal vielleicht vor sehr vielen Jahren eine Bündniswebsite. Ist sie aber nicht mehr. Es ist ein Blog zum (revolutionären) 1. Mai in Berlin. Du hättest also mal Deine Bookmarks auf Deinem HomeOffice Computer checken müssen, ob sich da nicht eventuell etwas getan hat da draußen in der "revolutionären 1.-Mai-Szene" und Du eventuell deswegen mal Deine Bookmarks hättest austauschen müssen, bevor Du Dich an einen aktuellen Artikel wagst.

Wie dem auch sei, auf dem Blog erstermai.nostate.net findest Du einige dieser "vielen positiven Rückmeldungen", also Diskussionsbeiträge, Kommentare, usw. Diese sind auch immer zu Beginn mit einer Quellenangabe gekennzeichnet.

Und das ist gemeint, mit zu schnell drüberlesen: wahrscheihnlich hast Du die Quellenangaben des von Dir zitierten Diskussionsbeitrages schlichtweg überlesen und diesen daher dem Revolutionären 1. Mai Bündnis zugeschlagen.

"verhalten sich Freund*innen wie Regierungssprecher*innen" stammt z.B. aus einem INDYMEDIA-KOMMENTAR (Autor*innen: H&S) als Reaktion auf das Diskussionspapier des Bündnisses: ""Corona-Splitter: Warum wir am 1. Mai auf die Straße gehen müssen". Aus dem selben Kommentar stammt auch Dein "Versuchslabor".

Warum Du ausgerechnet einen Indymedia-Kommentar zitierst und dies dem Bündnis zurechnest, das kannst nur Du beantworten. Passiert vielen bürgerlichen Journalist*innen auch, also Schwamm drüber. Vielleicht hättest Du auch einfach einen eigenen Kommentar dazu schreiben sollen...

OHNE ABSATZ zu dem was Du dem "sogenannten" Revolutionären 1. Mai Bündnis zuschreibst, wetterst Du dann: "Andere »Linke« sind sich mit Wirtschafts- und Kapitalkreisen einig und fordern, die weitreichende ­Stillegung des öffentlichen Lebens einfach zurückzunehmen."

Dadurch, dass kein Absatz erfolgt, könnte der/die Leser*in denken, dass die "Anderen Linken" irgendwie mit dem Bündnis zu tun haben. Zur Unterschidlichkeit des Freiheitsbegriffs der Wirtschaft bzw. des Neoliberalismus hatte aber der Vorbereitungskreis des Revolutionären 1. Mai Bündnis folgendes explizit im Diskussionspapier festgehalten:

"Wir lassen uns die Erfordernisse für den diesjährigen 1. Mai weder per autoritärer Verordnung vom Staat diktieren, noch werden wir sämtliche Schutzmaßnahmen fallen lassen, nur weil skrupellose Wirtschaftsbosse es fordern, damit der Profit auf Kosten der Menschen weitergeht. Denn die Freiheit des Neoliberalismus ist nicht die Freiheit, die wir fordern."

Alles in allem: bitte demnächst besser recherchieren!

Hoffentlich kommst Du am 1. Mai auf die Straße, dann kann gerne gemeinsam ein Gläschen Wein getrunken werden, und vielleicht lachen wir dann alle gemeisam drüber, was wir so alles für Texte in der #StayAtHome-#HomeOffice-Bubble fabriziert haben...

 

Solidarische Grüsse

Dein Genosse Anonym

 

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