[Berlin] Buchvorstellung Umkämpftes Wohnen – Neue Solidarität in den Städten
Seit Mitte Februar ist das Buch 'Umkämpftes Wohnen - Neue Solidarität in den Städten' veröffentlicht. Die Herausgeber Peter Nowak und Matthias Coers stellen mittels Text und Bild Initiativen aus dem In- und Ausland vor, geleitet von der Frage, wie Kämpfe um Wohnraum, niedrige Mieten, gegen Verdrängung und die Kämpfe um höhere Löhne und Einkommen zusammen geführt werden können.
U.a. sind in dem Buch Mietrebell*innen und Stadtteilaktivist*innen aus Leipzig, Bremen, Frankfurt/Main, Hamburg, Berlin, Poznan, Dresden, Barcelona und Athen zu finden. Zudem wird auf die Solidarischen Netzwerke in mehreren Städten der USA hingewiesen, die für solidarische Gruppen in Deutschland Impulsgeber*innen waren. Aus Berlin stellen sich die Erwerbsloseninitiative Basta und die Stadtteilinitiativen Bizim Kiez, Solidarische Aktion Neukölln und Hände weg vom Wedding vor.
Die erste Buchvorstellung organisierte Hände weg vom Wedding am 20. Februar im Kiezhaus Agnes Reinhold im Norden Weddings. Die Initiative und der Ort sind ein praktisches Beispiel für die in dem Buch aufgeführten Gruppen: Es geht zunächst darum, Menschen, die bisher nicht politisch aktiv waren, Räume zu geben, in denen sie über ihre Konflikte mit Vermieter*innen, Jobcentern oder Chef*innen sprechen können und wo sie nicht nur Gehör, sondern Menschen finden, die ähnliche Probleme haben und bereit sind, gemeinsam dagegen anzukämpfen.
Bei der Buchvorstellung wurde deutlich, wie wichtig solche Räume sind: Zwei der anwesenden Frauen erklärten, dass sie das erste Mal auf eine Demonstration gegangen sind, als sie Probleme mit „ihren“ Vermieter*innen hatten, dass sie froh waren, bei Hände weg von Wedding Gleichgesinnte gefunden zu haben, und dass sie die Räume des Kiezhauses jetzt für den Kampf um einen solidarischen Stadtteil nutzen.
Natürlich gibt es auch Menschen, die sich bei ihren Kampf mit Behörden oder Jobcentern unterstützen lassen, sich aber danach nicht selber organisieren wollen oder können. Über die Probleme, die das auch für die Solidarischen Netzwerke bedeutet, wurde bei der Veranstaltung ebenso diskutiert.
Stichworte waren: Linke Sozialarbeit oder solidarische Interessenvertretung? Wo liegen die Belastungsgrenzen für die Aktivist*innen der Solidarischen Netzwerke? Wie wird die Arbeit finanziert?
Das sind nur einige der thematisierten Fragen. Sicher gibt es für die unterschiedlichen im Buch vorgestellten Gruppen ähnliche aber auch völlig andere Probleme und Fragestellungen.
Schließlich wurde auch ein Thema angerissen, das in den im dritten Teil des Buches dokumentierten Texten diskutiert wird: Wie kommen wir vom Kampf um einen solidarischen Stadtteil zu einer gesellschaftlichen Linken, die die kapitalistische Verwertung insgesamt in Frage stellt? Denn hohe Mieten und niedrige Löhne sind keine Schikanen von Vermieter*innen und Chef*innen, sondern Bestandteil der kapitalistischen Profitgesellschaft.
Es wird nach der guten Auftaktveranstaltung im Kiezhaus Agnes Reinhold in den nächsten Monaten noch viele Gelegenheiten geben, diese und viele andere Fragen anhand des Buchs zu diskutieren. Veranstaltungen in Leipzig, Münster, Tübingen, Freiburg, Hamburg und auch in Berlin sind schon terminiert. Weitere werden dazu kommen.
Wichtig ist, dass die Herausgeber keine „neuen, alten linken Wahrheiten“ entdecken. Sie haben Positionen aus aktuellen Kämpfen um Wohnraum, höhere Löhne, etc. gebündelt. So sollen auch die Veranstaltungen mit dem Buch den Austausch zwischen Initiativen fördern, die dazu arbeiten, sowie Einzelpersonen, die nach solchen Initiativen suchen, die Möglichkeit geben, solche kennenzulernen.