Widerstand nun offiziell verboten - sind wir jetzt alle Verein?
Gestern hat das Bundesverwaltungsgericht das Verbot von linksunten.indymedia.org bestätigt. Zum Einen, weil es eine linke Gegenöffentlichkeit herstellt und zum anderen der Verein nicht durch seine Mitglieder bei der Klage vertreten war.
Wie perfide ist das denn? Das Bundesinnenministerium kann also seit gestern ganz offiziell jede x-beliebige Ansammlung von (natürlich nur ausnahmslos linken progressiven) Menschen zum Verein erklären und verbieten, deren Dinge beschlagnahmen und kommt damit durch.
Was heisst das wohl jetzt für uns: Jede Demo, Blockade, Kundgebung oder Straßenaktion aber auch jeder Blog ist damit rack-zack verbietbar - und schlimmer noch sanktionierbar. Wenn Du dagegen wehrst und klagst, hast du genau zwei Möglichkeiten: Du bekennst Dich zu dem gerade deklarierten konstruierten fingierten Verein als Mitglied und befindest schnurstraks in einem StGB-129(a,b)-Verfahren oder eben nicht, dann kannst Du es gleich lassen, wie wir jetzt wissen.
Es scheint, die Repressionsbehörden haben nun die neuen aufkommenden Strukturlosen Bewegungen wie Fridays for Future, XR und Gelbwesten im Visier. Mit dem oben genannten Konstrukt und Verfahren sind die nun alle im Nu verbietbar und leicht mundtot zu machen.
Wir wissen alle - vor allem seit der Aberkennung der Gemeinnützigkeit von VVN und co - , dass einen Verein zu gründen überhaupt nichts bringt, wenn ich damit eh keine Spenden aquirieren kann. Das Vereinsrecht wird so zum Repressionsmittel.
Ergänzungen
Sekt oder Selters?
Es ist die Zeit einmal zu reflektieren, ob es Sinn macht ein unabhängiges (sogar hin und wieder als anarchistisch bezeichnendes) Nachrichtenportal aus der Hand zu geben und vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandeln zu lassen?
Die Judikative ist nicht die Instanz, die für uns Recht sprechen kann. Weil niemand für uns Recht sprechen kann.
Ein Portal wie Linksunten hatte bis zum Verbot einige Relevanz. Es wurde vom Staat erfolgreich angegriffen. (Ja, so ist er der Staat) Viele (auch Anarchist*innen) haben nicht darauf reagiert und viele sehen in Twitter ein Alternative, obwohl es immer wieder Aufrufe gibt, dort nicht zu veröffentlichen. Die Argumente gegen Twitter sollten inzwischen bekannt sein.
1500 Demonstrierende in Leipzig sind kein Erfolg für eine bundesweite Demo und kein Zeichen an den Staat, dass es Gegenwind gibt. Trotzdem gelingt es, der Extremismustheorie durch solch ein laues Lüftchen, neuen Wind einzublasen. Wenige Minuten Auseinandersetzungen auf der Straße, die schnell medial zu einem Sozialen Problem hinsichtlich einer RAF 2.0 aufgebauscht werden. Auch hier könnte es Sinn machen zu reflektieren, ob es nicht ein Widerspruch ist, den juristischen Weg durch die außerparlamentarische Opposititionauf der Straße zu unterstützen. Das sind zugegebener strategische Überlegungen für Menschen, die die juritische Auseinandersetzung gutheißen.
Hätten bei einem Sieg vor Gericht die Sektkorken geknallt? Stand der Sekt sogar schon kalt, weil es juristisch zunächst so eindeutig schien und es nach eigenen moralischen Verständnis nur die Erlaubnis zum Weiterbetrieb der Seite geben kann. Wie es eure bezahlten JuristInnen auch immer so betont haben. Kurz vor Schluss waren sie sich dann doch nicht mehr so sicher und hielten eine Bestätigung des Verbots für möglich.
Habt ihr einmal über die Justiz nachgedacht, von der ihr glaubt, dass sie es ist, die ein "anarchistisches" Medium rettet, anstatt ein Verbot mit juristischen Mitteln zu begünden?
Ist es nicht so typisch deutsch, einerseits gegen den Staat zu brüllen und anderseits sich dann auf ihn zu verlassen, dass er es schon richten wird. Linksunten mit dem Zusatz unter Vorbehalt "Staatlich anerkannt" sozusagen.
Auch toll wenn öffentliche UnterstützerInnen (Interviewpartner*innen in den Sondersendungen auf Freien Radios) den Angriff auf Linksunten für ihre Wünsche auf Reformen nutzen. Auch sie schienen sich sicher, dass die Justiz ihnen wieder einmal die Karren aus dem Dreck holt.
Es ist davon auszugehen, dass ein positives Urteil nicht zugelassen hätte, dass "Linksunten" bleibt, wie bisher her. Es wären mit Sicherheit moderative Eingriffe und Zensur misssliebiger Inhalte gefordert wurden, die den Ideen dieser lautstarken UnterstützerInnen entsprechen. Hätten die ModeratorInnen dann zukünftig die Verantwortung übernommen, in diesem Sinne zu handeln? Die Meinungen dieser "Solidarischen" über Open Posting und einzelnen Inhalten interessieren mich in diesem Zusammenhang weiterhin überhaupt nicht. Linksunten sind wir alle, die sich beteiligt habe, nicht nur die, die sich wichtig nehmen und öffentlich für das unabhängige Medium sprechen. Ich gehe davon aus, dass die immer schon so gedacht haben und ausgerchnet einen staatlichen Angriff für Werbung ihrer Ideen nutzen.
Ich will nicht besserwisserisch klingen. Dieses Urteil war zu erwarten. Sich den Sekt leisten und die Korken knallen lasssen können jetzt Anwälte, RichertInnen und mal wieder Eckhard Jesse, der immer ernster genommen wird. Obwohl die Extremismustheorie, so falsch sie auch ist, ohnehin Staatsdoktrin hin. Und gibt das Urteil auch noch staatlichen Stellen Rückenwind, Indymedia insgesamt zu verbieten. Ist es doch so einfach, staatlich zu zeigen, wir unternehmen etwas gegen Links und Rechts, die unsere Demokratie zerstören wollen. Die Demokratie, die dann tatsächlich Gewalt und Menschenverachtung zu verantworten hat, über sich massen-medial nicht empört wird. Hier die richtigen Prioritäten zu setzen und VerursacherInnen zu benennen, auch dafür stand Linksunten.