Heidenau

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Das Volk wird kritisch - ob die Führung auch National genug denkt

I. „Wir sind das Pack“ – deutsche Untertanen fordern volksnahe Führung

Mit dem Selbstbewusstsein von deutschen Bürgern, die deutsche Politik für eine Dienstleistung am deutschen Volk halten und mit deren Ergebnissen schwer unzufrieden sind, wird in Heidenau mit den Rufen „Wir sind das Pack“ demonstriert – gegen die deutsche Führungsriege. Man identifiziert sich stolz mit der Schmähung, ein unbotmäßiger Teil des Volkes zu sein, und schleudert Kanzlerin Merkel im Gegenzug ein „Volksverräter“ entgegen. Was ist dieser Botschaft zu entnehmen?

Dieser Teil des deutschen Volkes, der wegen seiner Angriffe auf eine Flüchtlingsunterkunft und die davor postierte Polizei von Sigmar Gabriel als „Pack“ denunziert wurde und der sich nun selbst, mit deutlicher Betonung des „Wir!“, als solches bezeichnet, wirft im Gegenzug seiner Regierung vor, ihm guten Grund für Unbotmäßigkeit zu liefern. Mit Berufung auf das nationale „wir“ fordern die Demonstrierer und Randalierer das ein, was die Politik ständig von sich behauptet: Die deutsche Regierung soll für die deutschen Bürger da sein. Und sie werden kritisch bei der Prüfung, ob die Regierung da wirklich ihre Pflicht tut. Dabei treten sie nicht auf als Hartzer, Niedriglöhner oder Betonsilobewohner, sondern als entrechtete Deutsche: Dadurch dass Ausländer hier auch irgendwas dürfen, und sei es bloß, sich befristet hier aufhalten, sehen sie sich um ihr Recht gebracht, das in nicht viel mehr besteht als darin, hierher und dazu zu gehören. Mit dem Selbstbewusstsein patriotischer Untertanen fordern sie von ihrer Führung: „Deutschland den Deutschen“.

Ob und inwiefern es den abgehängten Bewohnern von Heidenau materiell besser ginge ohne Asylantenheim, ist gar nicht die von den Demonstranten angestellte Rechnung. Vielmehr ist für sie die bloße Anwesenheit der Flüchtlinge der Beweis, dass die Politik sich gar nicht um ihr eigentliches Sorgeobjekt – die Deutschen – kümmert, sondern stattdessen um Syrer und sonstige Menschen anderer Nationalität, von denen doch Politiker und Bürger wissen: es handelt sich um „Fremde“, die nicht zum nationalen „wir“ und deshalb eigentlich nicht hierher gehören. Gegen diese Pflichtvergessenheit ihrer Führung wollten und wollen aufrechte Heidenauer ihre Heimat flammenwerfend verteidigen.

II. Die deutsche Regierung fordert Respekt vor deutschem Recht …

Dass es sich in Deutschland nicht gehört und verboten ist, Ausländer höchstselbst anzuzünden, wird von der Politik gerade klar ausgesprochen: „Es ist abstoßend, wie Rechtsextremisten und Neonazis versuchen, dumpfe Hassbotschaften zu verkünden“. Statt Hass regiert in Deutschland nämlich die Regierung, und deren Gesetze legen fest, welche Gewalt gegen Flüchtlinge eingesetzt wird und welche nicht:
„‚Deutschland ist ein Land, das die Würde jedes einzelnen Menschen respektiert‘, betonte Merkel. ‚Das sagt unser Grundgesetz und das gilt für jeden Menschen, der sich in unserem Land aufhält.‘ Jeder habe das Recht hier würdig und respektvoll behandelt zu werden.‘ Dies gelte unabhängig davon, ob der Einzelne ein Bleiberecht als Kriegsflüchtling oder Asylgründe habe.“

Die Bundesregierung und nicht ein Haufen dahergelaufener Heimatschützer bestimmt, wer ein „Bleiberecht als Kriegsflüchtling oder Asylgründe“ hat, und wer, selbstverständlich unter Wahrung seiner „Würde“, direkt wieder ins Elend abgeschoben wird. Wer zum Beispiel aus den „sicheren“ Herkunftsländern auf dem Balkan kommt, kann sich direkt auf die durchaus gewaltvolle Abfertigung einstellen – dann allerdings mit der vollen Gewalt des Rechts und nicht – wie im Falle der Randale in Heidenau – gegen dieses.

„Geschützt“ werden in Heidenau also Asylbewerber mit rechtlicher und polizeilicher Gewalt vor der Privatgewalt aufrechter Deutscher, die sich mit ihrer Randale über das rechtlich Ge- und Verbotene hinwegsetzen. Auf sein Gewaltmonopol lässt der Rechtsstaat nämlich nichts kommen. Wo er das in Gefahr sieht, verteidigt er auch einmal vom Asylrecht gedeckte Asylanten gegen einen Teil des eigenen Volkes:
„Sachsens Ministerpräsident Tillich sagte dazu, »hier sind Grenzen überschritten worden, die ich kaum noch in Worte fassen kann«. Er versicherte das »Gewaltmonopol des Staates« durchsetzen zu wollen. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erklärte, »vor allen Dingen darf der Staat nicht nachgeben. Wenn entschieden worden ist, an eine bestimmte Stelle kommt eine Unterbringung für Asylbewerber und Flüchtlinge, dann darf das nicht wegdemonstriert werden.«“ (2)

Die schöne Idee, die Verteidigung zu erleichtern, indem man ein geplantes „Willkommensfest“ per Versammlungsverbot untersagt, also die zu Verteidigenden wegsperrt und so dem Volkszorn keinen Angriffspunkt bietet, wurde vom Dresdner Verwaltungsgericht für rechtswidrig erklärt. Ein derartigen „Einknicken vor Rechtsradikalen“ will sich der deutsche Rechtsstaat hier und diesmal nicht erlauben.

III. … und sorgt sich um das deutsche Ansehen in der Welt

Diejenigen Deutschen, die mit persönlichem Hilfseinsatz Humanismus praktizieren und dem Ausländerhass von rechts Ausländerfreundschaft entgegenhalten, werden von der Politik in moralischer und materieller Hinsicht für die Pflege des nationalen Standorts in Gebrauch genommen. Gauck in Berlin-Wilmersdorf:
„Hier an diesen Ort kommen jeden Tag Menschen, sie unterbrechen ihren Urlaub, sie nutzen die Semesterferien oder Schulferien, um als Übersetzer, als ärztliche Helfer tätig zu sein. Besonders schön ist, dass hier die medizinische Versorgung auch ad hoc zustande gekommen ist. Dazu bedurfte es der Unterstützung des Arbeiter-Samariter-Bundes, der hier an diesem Ort vorläufiger Träger ist, und der Bereitschaft von medizinischem Personal, in der Freizeit ehrenamtlich medizinische Leistungen anzubieten. All dies wird nicht dafür sorgen können, dass wir diesen Massenzustrom von Asylbewerbern, Flüchtlingen und Migranten in einer idealen Weise lösen können. […] Das ist das schöne Beispiel, das ist das Deutschland, auf das wir bauen, auf das wir uns stützen. Und das ist diese überdeutliche Antwort an Hetzer und Brandstifter, die das Angesicht unseres Landes verunzieren.“

Mit den Schlägern von Heidenau und ihrer Beifall spendenden Anhängerschaft teilt Bundespräsident Gauck zumindest die Problemsicht: Eine Last, die Deutschland grundsätzlich überfordert, stellt der „Massenzustrom“ von Elendsfiguren allemal dar. Schon mit deren Grundversorgung sieht er dieses schöne Land vor ein „unlösbares“ Problem gestellt. Der Umgang damit aber gebührt den Staatsorganen. Eine Missachtung dessen schadet Deutschland gleich zweimal: seiner Rechtsstaatlichkeit und seinem Ansehen in der Welt. Die Angriffe gegen Asylantenheime verunzieren nämlich das „Angesicht unseres Landes“. Dem Rest der Welt klarzumachen, dass Deutschland trotz brennender Flüchtlingsunterkünfte ein durch und durch ausländerfreundliches Land ist, dafür verweist er auf die privaten Helfer. Wer den Flüchtlingen hilft, weil er das Elend nicht erträgt, wird so zum nationalen Beweismittel: „Es gibt ein helles Deutschland, das hier sich leuchtend darstellt gegenüber dem Dunkeldeutschland“. Wenn dann der Voluntarismus von unten durch freiwillige Helfer notwendig nicht ausreicht, zeigt das nur und auf ganz humane Weise, dass es in Deutschland eben in jedem Beleuchtungszustand nicht „für alle“ reichen kann…

Mehr auf http://www.keinort.de

(I) http://www.welt.de/politik/deutschland/article145659437/Wir-sind-das-Pac...

(II) http://www.bundeskanzlerin.de/Content/DE/Artikel/2015/08/2015-08-24-flue...

(2) http://www.neues-deutschland.de/artikel/982220.protest-verhindert-verleg...

(III) http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Berichte/DE/Joachim-Gauck/2015...

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