Berlin: Julian Milz weiterhin mit Neonazi-Netzwerk aktiv

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Am 9. März wurde Julian Milz, der Anführer der Neonazi-Gruppe „Deutsche Jugend Voran“ (DJV), vom Amtsgericht in Berlin wegen mehreren Überfällen und Bedrohungen zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Allerdings erhielt er bis zum Haftantritt in wenigen Wochen eine Haftverschonung. Noch am Mittwoch, den 9. April 2025, wurde Milz aus der JVA Moabit entlassen und von bundesweit angereisten Neonazis empfangen. Seitdem häufen sich rund um seinen derzeitigen Wohnort in Hellersdorf die extrem rechten Aktivitäten. Zusammen mit Neonazis aus Chemnitz und Halle verbreiten die Reste von DJV dort Tag für Tag laut pöbelnd eine Atmosphäre der Angst. Der örtliche Polizeiabschnitt lässt sie gewähren und unterstützt wie bereits in der Vergangenheit die extrem rechte Raumnahme. Diese verstärkte Aktivität von DJV und Umfeld ist der Höhepunkt einer Entwicklung, die sich schon während des mehrtägigen Prozesses gegen Milz abgezeichnet hat.

 

 

Der Prozess gegen Julian Milz

An insgesamt vier Prozesstagen wurden die vielfachen Anschuldigungen gegen Julian Milz im Sicherheitssaal des Amtsgerichts Tiergarten aufgerollt. Dabei entwickelte sich jeder Termin zu einem Anziehungspunkt für Neonazis, die Milz ihre Unterstützung ausdrückten. Vor Prozessbeginn schien das Spektrum um DJV mit einer extrem rechten Solidaritätsarbeit eher überfordert zu sein. Außer ein paar „Free Julian“-Hashtags und wenige Posts auf Instagram und TikTok passierte kaum etwas. Zwar gab es auch ein selbstgemachtes Banner mit dem Schriftzug „Freiheit für Julian“, das zum Beispiel bei den extrem rechten Aufmärschen von Ferhat Sentürk am 14. Dezember 2024, am 22. Februar und am 22. März 2025 in Berlin oder am 18. Januar in Chemnitz präsentiert wurde. Allerdings diente dieses Transparent beispielsweise im Dezember in Berlin ebenfalls als Sichtschutz für urinierende Neonazis. Auch bei der Prozessvorbereitung schien es nur wenig Unterstützung für Milz aus seinen ehemaligen Strukturen zu geben, da er lediglich von einem Pflichtverteidiger vertreten wurde. Bei diesem handelte es sich jedoch um Mirko Röder, welcher in der Vergangenheit schon mehrfach Neonazis vertreten hat. So war Röder der Anwalt von Horst Mahler und vertrat zuletzt unter anderem den Neonazi Tilo Paulenz bei den Verhandlungen im sogenannten „Neukölln-Komplex“. Doch der Prozess gegen Julian Milz ist nicht nur wegen der Hintergründe der verhandelten Taten interessant. Zugleich zeigt ein Blick auf die Besuchenden, wer momentan zum politischen Kern von DJV in Berlin gezählt werden kann.

 

Das aktuelle Netzwerk von DJV

Insbesondere am letzten Verhandlungstag erschienen zahlreiche Neonazis aus unterschiedlichen Bundesländern im Amtsgericht Tiergarten zur Urteilsverkündung (siehe Foto-Zusammenstellung). Aus dem Spektrum von DJV waren bekannte Akteure, wie Philippe Beneke, Derek Gericke, Felix Löschmann, Aron Reimers, Kevin Taylor Hennig, Leon und Erik Franke anwesend. Zudem waren einige Mitglieder von „Deutsche Jugend Zuerst“ aus dem Großraum Halle nach Berlin gekommen; unter anderem Maximilian Wühn, John Nicklas Schmidt und Tim Benjamin Rathke (Schkopau). Die beiden letztgenannten dürften nicht das letzte Mal im Amtsgericht Tiergarten gewesen sein. Gegen sie laufen momentan noch Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft wegen eines Überfalls auf Wahlkämpfer*innen der SPD Ende 2024 in Lichterfelde. Zudem stehen Mitglieder von DJZ ebenfalls in Verdacht, am 19. Oktober 2024 bei einem der Überfälle, die Milz vorgeworfen wurden, beteiligt gewesen zu sein. Gleiches gilt für Neonazis von „Chemnitz Revolte“, aus deren Umfeld unter anderem Morice Knöbel und Stella Schmidt an mehreren Prozesstagen vor Ort waren. Gerade die regelmäßige Anwesenheit von auswärtigen Neonazi-Gruppen zeigt die überregionalen Vernetzungen von DJV, welche vor allem dem Ziel der gemeinschaftlichen Durchführung von Gewalttaten gedient haben dürften. Zudem werden sich die Besuchenden aus Halle und Chemnitz erhoffen, bei ihren Prozessen in Berlin nicht alleine dazustehen.

 

Aus der U-Haft nach Hellersdorf

Als Julian Milz am späten Nachmittag des 9. April aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, fuhr er mit Neonazis, die auf ihn vor der JVA Moabit warteten, direkt nach Hellersdorf. Auf Fotos, die im Verlauf des Tages aufgenommen wurde, posiert Milz mit den bundesweit angereisten UnterstützerInnen auf dem Kastanienboulevard. Nur wenige Dutzend Meter entfernt befindet sich die momentane Bleibe von Milz, der aufgrund eines Streits mit seinem Vater und fehlenden finanziellen Mitteln faktisch wohnungslos ist. Doch bis zum Haftantritt kann er wieder bei Erik Franke und dessen Lebensgefährtin Franceska Florentine Reyher einziehen. In der gemeinsamen Wohnung war Milz bereits vor seiner Verhaftung untergekommen. Bis zuletzt stand sein Name am Klingelschild. Indem Reyer bereits bei ihrer Aussage vor Gericht anbot, dass Milz wieder in Hellersdorf wohnen dürfe, könnte sie einen entscheidenden Grund zur Aufhebung der Untersuchungshaft geliefert haben. Damit kommt Franceska Reyer, die bei DJV mutmaßlich für die Finanzen verantwortlich ist, eine tragende Rolle bei der Entlassung von Milz zu.

Obwohl Milz sich vor Gericht noch ansatzweise reumütig gab und beispielsweise behauptete, in Zukunft auf Alkohol und Drogen verzichten zu wollen, belegen die Tage nach dem 9. April, dass dies nur strategische Einlassungen waren. Am folgenden Donnerstag und Freitag saß Julian Milz jeweils mit einer größeren Gruppe an Neonazis am Kastanienboulevard, wo sie gemeinsam Alkohol konsumierten. Die Zusammensetzung entsprach in etwa der Konstellation vom letzten Gerichtstag, wobei weiterhin Neonazis aus Halle und Chemnitz anwesend waren. Auch Franceska Florentine Reyher saß mit ihren Kindern inmitten der pöbelnden Gruppe, die schon allein durch ihre Größe von gut einem Dutzend Personen ein einschüchterndes Klima erzeugte. Am Freitag, den 11. April, nur zwei Tage nach der Haftentlassung, kam es zudem zu einem Polizeieinsatz gegen die Neonazis um Julian Milz. Allerdings führten die Kräfte lediglich eine Personalienkontrolle durch und verließen den Kastanienboulevard danach wieder. Dieser Umgang steht exemplarisch für das Verhalten des lokalen Polizeiabschnitts, der in der Vergangenheit immer wieder rechte Raumnahmen ermöglicht hat.

 

Gericht ermöglicht Wiedervereinigung der DJV

Die Ereignisse nach dem Prozess gegen Julian Milz zeigen deutlich, wie schnell sich die Neonazis aus dem Spektrum von DJV wieder um ihren Anführer scharen. Er ist weiterhin eine Integrationsfigur für das extrem rechte Netzwerk. Seit seiner Haftentlassung vergeht fast kein Tag, an dem sich nicht Gruppen von Neonazis rund um den Kastanienboulevard in Hellersdorf treffen. Sie schaffen ein einschüchterndes Klima im Kiez und sind für Anwohnende eine unmittelbare Bedrohung. Auch für Zeug*innen und Betroffene stellen die geballt auftretenden und oftmals durch Alkoholkonsum enthemmten Neonazis eine unmittelbare Gefahr dar, der sie nun weitestgehend schutzlos ausgeliefert sind. Dem Berliner Amtsgericht haben Lippenbekenntnisse eines gewalttätigen Neonazis gereicht, um diesen wieder mit seiner rechten Clique zu vereinigen. Das Resultat ist eine erneute Festigung des Neonazinetzwerkes, vor dem die örtlichen Behörden die Augen verschließen.

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