Ein Überblick über die faschistischen Aktionen rund um den sogenannten „Tag der Ehre“ in Ungarn am 8. Februar 2025

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Zusammen mit ungarischen Genoss:innen gegen die NS-Verherrlichung in Budapest!

 

Für deutsche und andere europäische Faschist:innen stehen am Wochenende 8./9. Februar 2025 wieder wichtige Termine an: die Veranstaltungen rund um den sogenannten „Tag der Ehre” in Budapest (Ungarn). „Blood &Honour“, „Hammerskins“, Kameradschaftsstrukturen, Kampfsportler, Aktivisten von „Der III. Weg“ und „Die Rechte“ aus Deutschland beteiligen sich Jahr für Jahr an diesen Events.

Ein kurzer Rückblick:

Seit 1997 zelebrieren Nazis mit zum Teil Tausenden Teilnehmenden das geschichtsrevisionistische „Gedenken an die letzten Helden der Festung Budapest“, wie es „Der III. Weg“ ganz ergriffen beschreibt, inkl. Wanderung in Nazi-Uniformen und Stahlhelmen auf den Spuren der damaligen „Ausbruchs-Route“ aus dem Kessel der Roten Armee.

2007 bescheinigte Udo Voigt (damals noch NPD, heute „Die Heimat“) in Budapest der Waffen-SS, einen »makellosen Heldenkampf« geführt zu haben. Von den anwesenden Neonazis verabschiedete er sich mit »Ihr seid die neuen, jungen Freiwilligen für ein besseres Europa«.

2019 dokumentierten Antifaschist:innen die Anwesenheit der durch die Bundesregierung verbotenen Terrorgruppierung “Combat 18“ und “Juden raus”-Rufe. Matthias Deyda von „Die Rechte“ aus Dortmund zitierte am Ende seiner Rede Adolf Hitler.

Solange es den „Tag der Ehre“ gibt, solange gibt es vor Ort aber auch Gegenproteste. Seit 1997 stellen sich vor allem ungarische Antifas in den Weg und kritisieren die NS-Glorifizierung. Im Jahr 2018 wurde das Versammlungsgesetz geändert, was es erlaubte, die Naziverherrlichung auf der historischen Budapester Burg zu verbieten – Nazis beschimpfen diesen antifaschistischen Erfolg seither als „Lex Tag der Ehre“. Seit 2020 gibt es zunehmend internationalen Protest; schließlich kommen die faschistischen Teilnehmenden vorwiegend aus Westeuropa, viele aus Deutschland und Österreich. So wurde 2020 die neonazistische Inszenierung von Hunderten vorwiegend schwarz gekleideten Neofaschisten im Városmajor Park in Budapest immer wieder von Parolen des antifaschistischen Protests gebrochen – obwohl versucht worden war, den Gegenprotest durch Barrikaden und ein starkes Polizeiaufgebot vom Park fernzuhalten

So skandalös die faschistischen Zusammentreffen jedes Jahr sind: ein ungestörtes „Helden-Gedenken“ an Waffen-SS und ungarische Kollaborateure ist seit einigen Jahren in Budapest nicht mehr möglich: So mussten sich 2023 einige hundert Nazis, auch von „Der III. Weg“, zu einer Kundgebung an einem abgelegenen Denkmal in den Bergen außerhalb von Budapest treffen, organisiert von der „Légió Hungária“. 2024 gelang es ihnen nur per unangekündigtem Flashmob, ihre Gedenkkränze abzuwerfen, allerdings zentral am Heldenplatz in Budapest.

Gegenprotest und Medienhetze

Nach den Festnahmen von Antifas im Februar 2023 und der immensen Repression im sogenannten Budapest-Komplex, hat die öffentliche Stimmungsmache gegen Links im rechtsautoritären Ungarn einen neuen Schub bekommen. Für die antifaschistische Protestdemo im Februar 2024 wurden wilde Gewalt-Szenarien phantasiert, die Polizei war bemüht, ein Aufeinandertreffen und irgendwelche Eskalationen zu verhindern. Das bedeutete ein verstärktes Polizeiaufgebot mit ausgeweiteten Kontrollrechten in der – sowieso stark kameraaüberwachten – Innenstadt. Auch vor den diesjährigen Veranstaltungen gibt es viel Aufregung: Ende Januar 2025 wurde vom Innenministerium eine Pressekonferenz zu den Geschehnissen rund um den „Tag der Ehre“ abgehalten, auf der Staatssekretär Bence Rétvári Antifaschismus mit Terrorismus gleichsetzte.

Im Publikum saß interessanterweise der ungarische Neonazi Tamás Lipták. Lipták ist Mitglied von „Légió Hungária“ und gern als Journalist für die rechtsextremistische Partei „Mi Hazánk Mozgalom“ tätig. Noch interessanter: im Februar 2023 war er unter den scheinbar völlig unpolitischen „Opfern“ der antifaschistischen Aktionen, die jetzt im Budapest-Verfahren verhandelt werden1. Dieser Faschist wollte auf der PK wissen „Welche Maßnahmen wollen die Behörden ergreifen, um die Antifaschisten abzufangen, die am 8. Februar aus Wien nach Budapest kommen?“ Der Sprecher der Budapester Polizei Soma Csécsi antwortete, dass die Polizei eng mit ihren Kollegen von den Auslands- und Inlandsgeheimdiensten zusammenarbeite, Überwachungs-Drohnen, Spürhunde und viele Patrouillen in der Innenstadt einsetze…
Auch die von der recht großen deutschen Auswanderer-Community in Ungarn (darunter viele Coronaleugner:innen und Fans der ungarischen konservativen Gesellschafts- und Familienpropaganda) gern gelesene „Budapester Zeitung“ freut sich über eine offenbar „gut vorbereitete Polizei“ gegen anreisende Antifas.

Am absurdesten wird es bei den ungarischen Faschisten von „Blood&Honour“ und „Mi Hazánk“: sie jammern im Netz über „herangekarrte Antifaschist:innen“ und die Verbote einiger ihrer Kundgebungsorte durch das wahlweise „viel zu linke“ oder „von jüdischen Organisationen gesteuerte“Orban-Regime. Sie prangern die Regierung dafür an, die „Antifa-Terror-Organisation“ nicht verboten zu haben und basteln in ihren Online-Postings eine Collage mit Orban als Teilnehmer einer kommunistischen linken Demo…

Was ist 2025 geplant:

Während die „Légió Hungária“bereits am 2. Februar 2025 mit einer geschichtsrevisionistischen „Walking History Hour“ die Veranstaltungen rund um den „Tag der Ehre“ eröffnete, wirbt „Blood&Honour“ Ungarn mit zwei großen Rechtsrock-Konzerten am 7. und 8. Februar 2025, die wieder viel Geld in die Kassen der internationalen Neonazi-Szene spielen sollen. Mehr als zehn Bands aus Europa sind angekündigt, deren Namen „noch nicht öffentlich seien, um sie nicht zu gefährden“ – alles zu haben für 30 €, Schleusungspunkte für „Kameraden“ würden rechtzeitig bekannt gegeben… Eine ganz aktuelle Recherche zu den terroristischen Hintergründen dieser Rechtsrockkonzerte ist gerade bei bellingcat veröffentlicht worden: https://www.bellingcat.com/news/2025/01/30/neo-nazis-linked-to-terrorist-activities-to-host-budapest-concert/

Auch für die 60km lange NS-verherrlichende „Gedenk-Wanderung“ am Samstag den 8. Februar kann sich noch online angemeldet werden, um „den ungarischen und deutschen Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg Budapest und damit ganz Westeuropa zweieinhalb Monate lang heldenmütig gegen die bolschewistische Rote Armee verteidigt hatten, unseren Respekt zu bekunden“, wie es auf der offiziellen Website heißt. 2024 hatten sich hierfür über 2.000 Männer und Frauen angemeldet und waren von der historischen Budapester Burg ins Umland marschiert. Dabei gab’s Kranzabwürfe an Holzkreuzen mit Stahlhelmen, es ging vorbei an historischen Wehrmachts-Fahrzeugen – und in nachgebauten Wehrmachts-Unterständen, geschmückt mit Hakenkreuzflaggen konnte man sich Nazi-Stempel ins Wanderbüchlein drucken lassen. 2025 ist ein ähnlicher Zustrom zu diesem widerlichen Spektakel in Flecktarn zu erwarten...

Für Montag den 11. Februar gibt es den Aufruf „Entzünde die Flamme“: ab 18 Uhr sollen auf dem Kapistran-Platz im historischen Burg-Viertel möglichst viele Kerzen aufgestellt werden, um dem „Heldentod“ deutscher und ungarischer Soldaten, darunter SS zu huldigen… Faschistischer Todeskult und Nazi-Glorifizierung reichen sich an diesem Wochenende die Hand – und zwischendurch nutzen die teilnehmenden Nationalist:innen aus ganz Europa die Veranstaltungen, um sich zu vernetzen und die rechte Bewegung international zu stärken. Gerade aufgrund des achzigsten Jahrestages und der möglichen Involvierung der rechtsextremen Partei „Mi Hazánk Mozgalom“ können wir von einer größeren Mobilisierung der militanten Rechten in Europa ausgehen.

Um so wichtiger, dass es hier stabilen antifaschistischen Widerstand gibt!

Für dieses Jahr rufen die ungarischen Genoss:innen wieder zu einer antifaschistischen Demonstration gegen den Nazi-Auflauf in Budapest auf, unter der Parole: „Who is silent, is complicit!

If you are against the glorification of the Nazis, if you don’t want to see Nazi soldiers marching in the streets, then come and protest against the resurgence of fascism. No chance for fascism!

Antifaschistische Demo: 8. Februar 2025 - 15 h Széll Kálmán (Moszkva) Square Budapest

Semmi esélyt a fasizmusnak!

 

Für uns ist klar: wir werden uns weder von der seit 2023 anhaltenden Repressionswelle noch von den Neonazis einschüchtern und die aktiven Antifas in Ungarn keinesfalls alleine lassen! So lange „Blood & Honour“, „Légió Hungária“, Hammerskins, rechtsextreme Parteien und ihre Sympathisant:innen international anreisen und ihren – zum Glück toten – faschistischen Vorbildern „gedenken“ wollen, so lange wird es weiter antifaschistischen Widerstand geben!

 

Informiert Euch bei der Kampagne NS-Verherrlichung-Stoppen https://www.afaeurope.noblogs.org oder bei der Wiener „Gruppe für organisierten Antifaschismus Wien“ https://www.gfoa.noblogs.org

1https://www.basc.news/die-vermeintlichen-opfer-im-budapest-verfahren/

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