[LB] Kundgebungen gegen den faschistischen Terroranschlag in Halle
Am gestrigen Mittwoch beteiligten sich etwa 10 Antifaschisten an der Mahnwache am Synagogenplatz in Ludwigsburg, zu der die örtlichen Jusos aufgerufen hatten. Um den Ausdruck der Trauer durch Kerzenniederlegung zu ergänzen, spannten wir ein Transparent mit der Aufschrift „Rechter Terror hat System – Gegen Nazis und ihre Helfer“ auf und verteilten Flugblätter an die etwa 80 TeilnehmerInnen. Dies kam bei den Mahnwachenden sehr gut an und einige suchten daraufhin das Gespräch mit uns.
Nachdem der Großteil der Trauernden die Heimreise antrat, führten wir noch zwei Blitzkundgebungen am Ludwigsburger Marstallcenter und auf dem Platz vor der Filmakademie durch. Mit vielen roten Fahnen, den Flyern und Megaphondurchsagen informierten wir die anwesende Ludwigsburger Bevölkerung, darunter auch viele migrantische Jugendliche. Die jeweils Anwesenden hörten aufmerksam die Megaphondurchsagen an, applaudierten danach und fragten uns vereinzelt, ob man bei uns mitmachen könnte.
Dieser Zweiklang von Beteiligung an einer kollektiven Form der Trauer und öffentlichkeitswirksamer Aufklärung halten wir beim Umgang mit faschistischen Terroranschlägen für zentral. Um den Zweck der Mahnwache nicht zu entfremden, entschieden wir uns für die unabhängige Form der Blitzkundgebung, um auf die Hintergründe der Tat aufmerksam zu machen. Denn wenn wir nicht gegen die Zustände aktiv werden, die faschistischen Terror ermöglichen, also die rechte Hetze von AfD & Co., dann werden wir in Zukunft leider noch mehr Trauermahnwachen besuchen müssen.
Gelegenheit in Ludwigsburg aktiv zu werden gibt es bereits: Am kommenden Freitag, 25. Oktober will die AfD in der Musikhalle Ludwigsburg ab 19 Uhr eine Veranstaltung mit der ehemaligen Goldman-Sachs-Mitarbeiterin Alice Weidel durchführen. Kommt mit uns auf die Straße und macht den geistigen Brandstiftern klar, dass wir sie in Ludwigsburg nicht dulden werden!
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Von Trauer zu Wut. Von Wut zu Widerstand:
Nazis und ihre Helfer stoppen!
Stephan Balliet hat zwei Menschen erschossen und zwei schwer verletzt. Er wollte noch mehr. Er wollte ein Blutbad an deutschen Jüdinnen und Juden anrichten. Stephan Balliet wollte das tun, was deutsche Faschisten getan haben, und was sie immer noch wollen - jüdische Menschen. Wie kommt er darauf? Wir fragen uns, wie Menschen so etwas tun können, gerade in diesem Land, in dem schon einmal mehr als 6 Millionen Menschen industriell ermordet wurden.
Damals wie heute wurden und werden aber nicht nur Jüdinnen und Juden Ziel der Faschisten. In den Jahrzehnten nach der Shoah wurden in diesem Land Hunderte ermordet, Tausende Opfer von kleinen Anschlägen. Ziel sind immer Menschen, die aus irgendwelchen wahnsinnigen Gründen „nicht passen“ sollen. Natürlich: Zwischen der Tat von Gestern und faschistischen Drohschmierereien liegen Welten. Und doch geschieht es im selben Land. Die Hetzer im Internet und der Mörder von Halle, die Kameradschaftsnazis und der NSU, rechte Hooligans und Rechtspopulisten in Anzügen. Die einen, die das Umfeld schaffen, die das Unsagbare sagbar machen: dass sie Menschengruppen als Probleme auffassen. Und die anderen, die daraus die Konsequenzen ziehen und das Unvorstellbare tun. Die einen wollen sie abschieben, oder in Lager stecken, die anderen sie gleich ermorden.
Nicht jeder Rechte mordet. Nicht jeder Rechte verfolgt die exakt gleichen Ziele. Aber es ist doch arg beschönigend, wenn man leugnet, dass Politiker wie Björn Höcke nicht Sprache und Argumentationen benutzen, die offenen Nazis zu spielt. Man braucht nicht lange zu suchen, um die dutzenden Bezüge von AfD zu Faschisten zu finden, personell, sprachlich und immer öfter auch politisch gleichen sie sich.
Beispiele? Höcke schreibt und redet wie Hitler und Goebbels. Er war vor seiner Karriere Autor bei einem NPD-Magazin. Andreas Kalbitz war als aktiver Nazi auf Demos, die AfD feierte die Angriffe in Chemnitz, bei denen auch ein jüdisches Restaurant angegriffen wurde, und nicht weit von hier, im Landtag sitzt Wolfgang Gedeon, ein AfD-Mitglied und offener Antisemit. Man kann natürlich betonen, dass es etwas anderes ist was Stephan Balliet wollte und was die Partei AfD will. Sie stehen aber in ein und demselben gesellschaftlichen Kontext, einer politischen und kulturellen Entwicklung die seit ein paar Jahren vor sich geht: Dem Rechtsruck in der weltpolitischen Landschaft.
Das neue Selbstbewusstsein, die Erfolge, die Dynamik die rechte politische Kräfte, verschiedener Form, seit ein paar Jahren haben; dass es Menschen wie Stephan Balliet überhaupt gibt, dass sie selbstbewusst handeln, dass sie aus manchen Ecken Applaus oder gefälliges Schweigen für ihre widerlichen Taten ernten; das alles ist der Rechtsruck.
Der Angriff auf das Leben von Menschen – das ist nicht nur „widerlich, beschämend, erschreckend und zu verurteilen“, wie es manche Politiker gerne betonen. Das muss gestoppt werden. Egal in welcher Form und Farbe Rechte auch aktiv werden. Egal ob jemand die Zeit des Faschismus kleinredet, herunterspielt und beschönigt wie ein Alexander Gauland von der AfD oder ob jemand Hakenkreuze offen herumträgt, das ist nicht nur einfach widerlich, es muss vor allem gestoppt werden. Egal ob jemand Menschen, die aus der Türkei oder aus Griechenland kommen ermordet oder deutsche Jüdinnen und Juden. Egal ob sie die Rechte von Schwulen und Lesben angreifen wollen, ob sie abschieben oder töten wollen, ob sie das Töten beklatschen oder es selbst tun – das muss gestoppt werden!
Es hilft nicht zu appellieren, es hilft nicht das alles zu verurteilen und es hilft auch nicht einfach zu rufen „Wir sind mehr!“. Es hilft nicht, nach den Politikern zu rufen, die selbst hetzen und Öl ins Feuer gießen. Es hilft nicht nach Sicherheitsbehörden zu rufen die selbst in den rechten Sumpf verstrickt sind. Es hilft nur mit allen Mitteln gegen die Rechten vorzugehen. Mit dem Wort und mit dem Transparent. Aber – ja, manchmal leider eben auch mit der Faust.
Nach allem was passiert ist und vor allem was noch passieren kann, müssen wir uns immer wieder die Frage stellen: Was können wir tun? Was bringt etwas? Was bringt wann am meisten? Das ist sicher nicht immer die Faust, aber es ist sicher auch nicht immer das Wort. Denn wir müssen sie stoppen. Und dabei ist jeder und jede hier gefordert.
Wir werden nicht still sein, wenn Menschen ermordet werden, wir werden nicht herumstehen während sie die Tat von Halle wiederholen wollen, beklatschen und beschönigen.
Stoppen wir jetzt was sich seit Jahren angebahnt hat.
Brechen wir die Bewegung in deren Schatten Stephan Balliet und andere morden.