OVG Rheinland-Pfalz zu Übersichtsaufnahmen bei Demos
Die Polizei darf Übersichtsaufnahmen bei Demos nur nach gesetzlicher Ermächtigung durchführen, auch wenn die Aufnahmen nicht gespeichert werden. Liegt keine gesetzliche Grundlage vor, die dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit standhält, ist das Ausrichten einer Kamera auf eine Versammlung rechtswidrig. Das OVG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 5. Februar 2015 die Anfertigung von Übersichtsaufnahmen durch die Polizei bei einer Antifademo 2012 für rechtswidrig erklärt, da es in RP kein Gesetz gibt, das diese Aufnahmen erlaubt und Versammlungsteillnehmer*innen von der Kamera eingeschüchtert werden könnten.
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 5. Februar 2015 die Anfertigung von Übersichtsaufnahmen im Kamera-Monitor-Prinzip durch die Polizei bei einer antifaschistischen Versammlung am 24. März 2012 in Bad-Neuenahr-Ahrweiler für rechtswidrig erklärt. Es gab keine ausreichenden Gründe, um nach §§ 12a, 19a Versammlungsgesetz filmen zu dürfen, was da nur bei einer erheblichen Gefahr erlaubt wird. Eine andere gesetzliche Grundlage für Übersichtsaufnahmen von Versammlungen gibt es nicht in Rheinland-Pfalz. Da das OVG unter den heutigen technischen Bedingungen in Übersichtsaufnahmen einen Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit sieht, bedarf es gemäß Art. 8 Abs. 2 Grundgesetz einer gesetzlichen Ermächtigung für staatliche Behörden.
Der Eingriffscharakter besteht dadurch, dass die heutige Kameratechnik keinen rechtlichen Unterschied zwischen Übersichts- und Einzelaufnahmen mehr zulässt, da jede Übersichtsaufnahme bis zur Einzelerkennung vergrößert und herangezoomt werden kann. Damit können Versammlungsteilnehmer*innen auch durch Übersichtsaufnahmen wegen eventueller staatlicher Registrierung eingeschüchtert werden.
Auf der Seite www.ea-koeln.de kann das Urteil nachgelesen und heruntergeladen werden.Das Urteil hat Bedeutung für Versammlungen in allen Bundesländern, die noch keine eigenen Regelungen zu Übersichtsaufnahmen per Landesgesetz geschaffen haben. Dazu gehört auch Nordrhein-Westfalen. Hier darf die Polizei nun nur noch dann Übersichtsaufnahmen fertigen – auch wenn sie nicht gespeichert werden -, wenn die Bedingungen der §§ 12a, 19a VersG erfüllt sind, sprich eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung von der Versammlung ausgeht. Auch für unübersichtliche oder sehr große Demos gelten diese Bedingungen, solange keine anderen gesetzlichen Regelungen geschaffen sind.
Gesetzliche Regelungen zu Übersichtsaufnahmen bei Versammlungen bestehen inzwischen in Bayern (Art. 9 VersG Bayern), Niedersachsen (§§ 12, 17 NVersG) und Berlin (Gesetz über Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton bei Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen).