[FR] Deutsche Polizist*innen schützen die Sexist*innen!
Ein kleiner Rückblick zum Aufmarsch der Piusbrüder am 26.04.2019 in Freiburg
Eine Woche nach Karfreitag marschieren jedes Jahr die fundamentalistischen Piusbrüder durch Freiburg. Zusammen mit Mitgliedern*innen der Junge Alternative, der AfD und der Identitären Bewegung zog die christliche Sekte am 26.04. durch die Freiburger Innenstadt, um ihre reaktionäre, antifeministische, queerfeindliche, antisemitische, islamhassende Hetze zu verbreiten. In erster Linie demonstrieren die Piusbrüder dabei gegen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen* – die radikalen Abtreibungsgegner*innen glauben über die Körper anderer Menschen bestimmen zu können und wollen Frauen* Schwangerschaftsabbrüche verbieten. Generell sind ihnen aber auch Verhütungsmittel zuwider und Frauen* nur „Gehilfinnen ihrer Ehemänner“. Zeitgleich hetzen sie auf abscheuliche Weise gegen alle Menschen, die queer sind, denn sexuelle Freiheit und geschlechtliche Vielfalt passen nicht in ihr rückwärtsgewandtes Weltbild. Die Piusbrüder lehnen Glaubensfreiheit ab, fabulieren von „jüdischer Weltverschwörung“ und „islamischer Invasion Europas“ – die Islamfeind*innen und Antisemit*innen gingen sogar so weit, wiederholt den Holocaust zu leugnen. Die Kontakte zu Neonazis und anderen Faschist*innen sowie Gedenkveranstaltungen für SS-Kriegsverbrecher*innen zeigen dann vollends, wo die Piusbruderschaft ideologisch steht.
Von Anfang an war ein großes Polizeiaufgebot vor Ort. Mit Pferden aus Karlsruhe, Hundertschaft und BFE-Einheiten aus Göppingen versuchte der Staat einmal mehr antifaschistischen und antisexistischen Protest zu unterbinden und zu kriminalisieren. Trotz dessen gelang es zahlreichen Menschen vor dem Demostart der Piusbrüder zu ihrem Auftaktort vorzudringen, wo die ankommenden Fundamentalist*innen von einer Reihe wilder Hexen mit aufgepusteten Kondomen und Bannern, sowie radikalen Cheerleading empfangen wurden. Nach ihrem Auftaktgebet stellte sich nochmal zusätzlich zu den schon mit Helmen ausgerüsteten Cops der Hundertschaft eine Reihe mit Einheiten der BFE, die sich vorfreudig ihre Handschuhe anzogen und und sich nochmal Witze machend, dass es gleich knallt, auf die Schulter klopften. Nach der Ansage die Straße frei zu machen zögerten sie nicht lange mit kräftigen Schubsen, Schreien und Faustschlägen den Weg frei zu machen.
Dies war der richtige Moment für uns unsere Körper zu entblößen und gegen das hier Geschehende ein feministisches Zeichen zu setzen, während die prügelnden BFE-Cops die gesamte Masse weiter zurückdrängten. Nachdem der Weg für die Piusbrüder frei war zogen diese schweigend an den nackten, bemalten Oberkörpern vorbei und den meisten blieb nichts anderes als ein betretener Blick nach unten übrig. Während die Polizei versuchte die Versammlung vom Gegenprotest abzuschirmen gelang es immer wieder von verschiedenen Seiten heranzukommen und unentwegt dafür zu sorgen, dass sie nicht ungestört durch Freiburg ziehen konnten.
Auf Höhe des Friedrichsrings war es dann sogar möglich vor den Piusbrüdern auf die Route zu kommen und sie ein weiteres Mal zu blockieren. Angesichts der bis auf wenige Zentimeter herangallopierenden Polizeipferde und der unterstützenden BFE's konnte die Blockade von so wenigen Menschen nicht lange gehalten werden. War die Polizeitaktik schon vorher sehr auf Eskalation angesetzt, so wurden hier auf jeden Fall Schwerverletzte in Kauf genommen und es war klar zu erkennen, dass der Mensch in Uniform kein Freund ist und die Tiere auf das widerwärtigste zu Stresssituationen gezwungen werden.
Hier hat die Polizei klar die Kontrolle verloren, sodass sie die Situation durch die Festnahme von sieben Menschen zu deeskalieren versuchten. In zwei Gruppen wurden alle oberkörperfreien als weiblich angesehenen Menschen und einer der männlichen oberkörperfreien Menschen eingekesselt und von aufgeblasenen, agressiven Cops von der Masse getrennt. Die Verwirrung und Überforderung der Cops zeigt sich auch darin, dass uns unterschiedliche Anschuldigungen vorgewurfen wurden und sich diese im Verlauf der Festnahme mehrfach gändert haben. Sowohl Vermummung, als auch Störung einer Versammlung (für die männliche Person), Störung einer Versammlung "durch Entblößen" (für das Zeigen weiblicher Brüste) und Erregen öffentlichen Ärgernisses wurden im Wechsel genannt.
Während vor einem Frisör*innengeschäft drei als Frauen gesehene oberkörperfreie Personen festgehalten wurden, haben dann einige Supporter*innen angefangen, ihre Solidarität zu zeigen und ihre Oberteile ebenfalls auszuziehen. Die Cops wirkten überfordert und begannen all diese nackte Haut um sie herum zu ignorieren, während die bei der ersten Gruppe den Aktivist*innen Hinweise gaben, dass Shampoo ja gegen solchen stinkenden Körpergeruch helfen würde.
Wir haben diese Aktion durchgeführt weil, wir es satt haben, in einer Gesellschaft zu leben, welche durch patriachale Institutionen und Strukturen dominiert wird. Die Polizei, die Justiz, die Regierung, die Kirche - auch wenn immer mehr Frauen* ihren Weg hin zu diesen Berufszweigen finden, ändert es nichts an der Tatsache, dass diese von Männern* und für Männer* konstruiert wurden, um deren Bedürfnisse zu erfüllen. Sie haben konsequent FLTI* Menschen unterdrückt, welche für ihre Gleichstellung gegenüber Cis-Männern kämpften und diejenigen, die sich bemüht haben, die gegenwärtigen Normen und Machtverteilungen zu verändern. Wir haben dies gemacht, weil wir genug davon haben, dass weiblich gelesene Körper von Männern* und deren Gesetzen dominiert werden. Wir haben es satt, nicht oberkörperfrei auf der Straße laufen zu können, so wie unsere befreundeten männlich gelesenen Menschen, welche dies ohne Belästigung seitens Polizei und Männern* tun können. Wir haben keine Lust mehr auf die Angst vor Gewalt und Demütigung, welches damit einhergeht. Wir haben den Scham und das Tabu, welches weiblich gelesenen Brüsten und Vulven begleitet, satt. Wir haben genug davon, dass auch in unseren jungen Leben im 21. Jahrhundert, weiblich assoziierte Körper gegenüber männlich gelesenen Körpern untergestellt werden. Auch haben wir genug davon immer als weiblich oder männlich, Frau oder Mann, wahrgenommen zu werden, ohne dass die Selbstbestimmung des eigenen Genders uns vorenthalten wird. Wir wollen nicht mehr das alltägliche Ausradieren, die alltägliche Belästigung oder Diskriminierung gegenüber Menschen, die nicht in das binäre Geschlechtersystem passen, erfahren. Wir wollen dem alltäglichen Ausradieren von Intersex-Menschen ein Ende setzen. Weiblich angesehene Körper wurden zu lange als Mittel der Reproduktion, welches ausgebeutet und besessen wird, und als sexuelles Objekt gesehen.
Wir sagen: Schluss damit!
My body, my choice!
**Teile des Textes wurden aus dem Gegendemoaufruf kopiert**
Wenn ihr Fotos von unserer Aktion habt, oder bei dem Gegenprotest auch Repressionen erfahren habt und euch mit uns in Verbindung setzen wollt oder sonstiges, könnt ihr uns gerne eine Email an piuswegnippeln@riseup.net schicken (am liebsten verschlüsselt, den Schlüssel findet ihr auf dem Server, oder wir können ihn euch schicken)