[B] Widerstand im Gefahrengebiet – Solidarische Prozessbegleitung
Der Kiez rund um die Rigaer Straße gilt mittlerweile seit mindestens drei Jahren als sogenanntes Gefahrengebiet. Dies gibt den Cops die gesetzliche Legitimation verdachtsunabhängige Kontrollen durchzuführen. 2016 wurden 1880 Personalien binnen 6 Wochen kontrolliert. Hiermit soll versucht werden die Bewohner*innen und Besucher*innen des Kiezes einzuschüchtern und den rebellischen Straßenzug weitestgehend zu isolieren. Diese Strategie ging nur teilweise auf, da Menschen, die wütend sind, sich auch gern zusammentun und Gegenstrategien entwickeln.
Am 20.10.2017 fand eine Diskussionsveranstaltung zum Thema „Bullenpräsenz im Kiez“ im Jugendclub der Rigaer 94 statt. Dort konnten diverse Interessierte und Betroffene, Besucher*innen und Nachbar*innen über den Umgang mit dem Gefahrengebiet rund um die Rigaer sprechen und sich austauschen. Während der Veranstaltung wurde hereingetragen, dass in diesem Moment Personen am Dorfplatz kontrolliert und ausgezogen wurden. Daraufhin begaben sich einige Teilnehmende der Veranstaltung zum Dorfplatz, um ihre Solidarität mit den Kontrollierten zu zeigen.
Die gesamte Gruppe und weitere Personen, die sich auf der Straße befanden, wurden von der angerückten 36. Einsatzhundertschaft eingekesselt und nacheinander in die bereitstehenden Wannen gebracht. Dort wurden die Personalien überprüft und es wurden Platzverweise ausgesprochen.
Eine Person erhielt am 19.03.2018 einen Strafbefehl über 70 Tagessätze á 20 Euro wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (§113 StGB).
Begründet wurde der Strafbefehl damit, dass sie im Rahmen einer gefahrenabwehrrechtlichen Polizeikontrolle der Aufforderung die Cops zum Fahrzeug zu begleiten auch unter Zwangsandrohungen nicht nachgekommen sei. Dann habe sie sich gegen die Maßnahme gewehrt, indem sie versuchte sich durch Drehen und Winden dem Griff zu entziehen, sich gegen die Laufrichtung stemmte und die Beine anhob.
Gegen den Strafbefehl wurde Widerspruch eingelegt und es kam im August 2018 zur ersten Verhandlung vor dem Amtsgericht Moabit, welche spontan vor Ort abgesagt wurde. Die zweite Verhandlung fand in Abwesenheit der Beschuldigten im Oktober 2018 statt und das Urteil bestätigte die Forderung des Strafbefehls mit der Begründung:
„Die Aufforderung zur Legitimierung durch einen Ausweis im Rahmen einer Gefahrenabwehrmaßnahme war zulässig
Die Angeklagte hat durch ihr unkooperatives Verhalten die polizeiliche Maßnahme bewusst erschwert und verzögert. Die von ihr ausgeübte Gewalt gegen die Maßnahmen sind zwar eher am unteren Bereich der Strafbarkeit anzusiedeln, die Schwelle des § 113 StGB ist allerdings recht niedrig. Ein Gegenstemmen gegen das Abführen durch Polizeibeamte oder der Versuch, sich aus dem Polizeigriff zu befreien, genügt den Anforderungen an den Tatbestand.“
Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt und als nächstes steht der Prozess vor dem Landgericht an.
Von Repression betroffene dürfen nicht isoliert werden, weder im Gericht noch auf dem Dorfplatz.
Kommt zur solidarischen Prozessbegleitung: 24.04.19 – 09:00 – Raum 3/729 – Turmstraße 91
Ergänzungen
Prozess
Der Prozess wird auf unbestimmte Zeit verschoben, da die Vorsitzende Richterin krank ist.