MURDERD BY MARXISTS: Olga Taratuta

Bis zur Aktionswoche gegen Linke Einheit ab dem 25.09.2023 veröffentlicht Breaking the Spell täglich eine kurze Lebensgeschichte eines*einer vom Marxismus ermordeten Anarchist*in - heute: Olga Taratuta

 

Intro

Es gab eine Welt vor dem Marxismus: Von 1872 bis ca. 1919 waren der Marxismus und seine Vorläufer*innen eine Randnotiz der Geschichte. Der Hauptteil der Sozialist*innen waren entweder anarchistisch oder anti-autoritär – sie lehnten den Staat ab und wollten eine dezentrale, von unten organisierte Gesellschaft. Wie kommt es dann, dass heute die Linke so sehr auf den Staat als Mittel fokussiert ist? Ein wichtige Rolle spielte der marxistische Terror gegen die anarchistische Bewegung. Tausende von Anarchist*innen wurden durch Marxist*innen ermordet, inhaftiert, gefoltert und vergewaltigt. Hier ist eine kurze Lebensgeschichte eines*einer dieser Anarchist*innen. (Anmerkung zur Sprache: Es wird das überlieferte Geschlecht benutzt, es gab mit Sicherheit auch trans*, inter*, nicht-binäre und agender Anarchist*innen damals. Die Lage von Orten wird oft in der Kurzform „in Nationalstaat“/„(Nationalstaat)“ erklärt, in allen Fällen wird deren Gebietsanspruch abgelehnt.

 

Olga Taratuta

Olga Taratuta wurde unter dem Namen Elka Ruvinskaya 1876 in Novodmitrovka in der Nähe von Kherson (damals Russisches Reicht, heute Ukraine) geboren. Sie war Kind einer jüdischen Familie und ihr Vater betrieb ein kleines Geschäft. Nach ihrer Schulzeit arbeitet sie als Lehrerin und danach in der Metallindustrie.
Mit 19 wurde sie zum ersten Mal verhaftet. In Yelysavethrad (heute Kropyvnytskyi) schloss sie sich 1898 der Sozialdemokratischen Partei an, bis sie 1901 nach Deutschland und in die Schweiz fliehen musste. Dort arbeitet sie an der marxistischen Zeitschrift Iskra mit und traf auch Lenin. 1903 schloss sich Olga einer anarchistischen Gruppe in Genf an und heiratet den Anarchisten Alexander Taratuta.
Die beide reisten Anfang 1904 nach Odessa, wo sie sich zusammen mit ihrer Schwester Kahyla den Unversöhnlichen anschlossen. Zu dieser Zeit erfuhr die Bewegung sehr viel Repression, trotzdem weiteten sich anarchistische Kämpfe aus: 1906 war sehr intensiv in Odessa – es kam zu vielen Streiks, Olga und Gefährt*innen sprengten einen Dampfer einer streikbrechenden Rederei in die Luft. Sie warf auch Bomben auf Mitglieder einer ultranationalistischen Organisation, welche anti-jüdische Pogrome organisierte. Im Laufe des Jahres wurde sie zu 17 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, konnte aber aus dem Gefängnis entkommen. Auch ihre Schwester wurde erst zum Tod, dann zu 20 Jahren Zwangsarbeit in einem Lager für „weibliche Terroristinnen“ verurteilt. Sie wurde 1911 gesundheitsbedingt zwar freigelassen, danach ist nichts mehr über sie bekannt. Vermutlich war ihr Schicksal kein Gutes.
Olga plante weitere Attentate, Anschläge und Gefangenenbefreiungen. Dem Staat gelang jedoch schließlich sie von 1908 bis 1917 im Knast Lukyanivska in Kyiv zu inhaftierten. Mit Beginn der Februar-Revolution kam sie frei und wurde bei der Gefangenenhilfe Organisation Anarchist Red Cross aktiv.
Im Juni wurde sie in das Sekretariat der anarchistischen Föderation in der Ukraine Nabat (Alarm) gewählt und repräsentierte in Kharkov/Kharkiv die anarchistische Revolutionäre Aufständische Armee der Ukraine (RAAU). Aus deren Kreisen erhielt sie 5 Millionen Rubel für das Anarchist Red Cross der Ukraine, welches sich in Anarchist Black Cross umbenannte. 1921 wurde sie im Rahmen der Zerschlagung der anarchistischen Bewegung durch die Bolschewiki verhaftet, sie war bis 1924 erst in Haft und dann in Verbannung.
Danach schmuggelte sie u.a. anarchistische Literatur in die Sowjetunion. 1929 kam sie erneut 2 Jahre in Haft. In den 1930er verschwimmt ihre Spur. 1937 arbeitete sie in einer Moskauer Metallfabrik als Bohrerin. Ende 1937 wurde sie wegen „anarchistischer und anti-sowjetischer Aktivitäten“ verhaftet und am 08.02.1938 hingerichtet.

Weiterführendes
Life of Olga Taratuta and Anna Stepanova – Anarchist Black Cross Belarus:
https://abc-belarus.org/en/2022/09/19/life-of-olga-taratuta-and-anna-stepanova/?lang=en
Taratuta, Olga Ilyinichna 1876-1938 (real name Elka Golda Elievna Ruvinskaia) – Nick Heath: https://libcom.org/article/taratuta-olga-ilyinichna-1876-1938-real-name-elka-golda-elievna-ruvinskaia

Olga Taratuta (stark gekürzt).pdf

Outro


Es wird eine Welt nach dem Marxismus geben:
Er und der andere Ableger der staatlichen Linken der Liberalismus bestimmen heute die Linke Szene, dadurch kontrollieren sie die anarchistische Bewegung. Uns daran zu erinnern, dass den Staat abzulehnen nicht utopisch, sondern normal ist, bedeutet uns zu befreien - weiter bewegen zu können. Das ist nicht nur eine Frage des Selbstbewusstseins als Anarchist*innen. Praktisch führt die Linke Liebe zum Staat beispielsweise dazu, dass beim Widerstand gegen die von Kapitalismus, Staat und Kolonialismus verursachte Klimakatastrophe der Staat statt als Gegner „als Mittel zu ihrer Lösung" gesehen wird. Brechen wir mit der Linken und der Linken Szene! Keinen Frieden mit Marxismus und Liberalismus! Weitere Texte und Links über das Leben dieses*dieser und anderer Anarchist*innen, die vom Marxismus ermordet wurden gibt's unter: breakingthespell.blackblogs.org/murdered-by-marxists

 

 

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