Stellungnahme zum Umgang mit den Vorwürfen gegen eine Person aus dem Südflügel Bethanien

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Stellungnahme zum Umgang mit den Vorwürfen gegen eine Person aus dem Südflügel Bethanien Veröffentlicht von den am Prozess Beteiligten aus dem Südflügel Bethanien - April 2023

 

 

Stellungnahme zum Umgang mit den Vorwürfen gegen eine Person aus dem Südflügel Bethanien

 

Veröffentlicht von den am Prozess Beteiligten aus dem Südflügel Bethanien - April 2023

 

 

Im Frühjahr/ Sommer 2020 erschienen verschiedene Texte u.a. auf Indymedia und in der Interim, in denen einem Bewohner (wir nennen ihn hier X) des Hausprojektes Reiche63a unter Namensnennung schwere Vorwürfe gemacht wurden.

 

„In der Reiche 63a hat ein weißer cis-Mann (Name: X) über einen längeren Zeitraum mehrere queere Menschen mehrheitlich Frauen und BPOC physisch, psychisch und sexuell belästigt und rassistisch diskriminiert (u.a. körperliches Begrabschen).“

 

Wir als NewYorck im Bethanien-Südflügel wurden in diesen Texten als ein Ort erwähnt, wo X ebenfalls aktiv ist, und zumindest implizit zu einem angemessenen Umgang mit X aufgefordert.

 

Wir finden es wichtig, entsprechende Vorwürfe ernst zu nehmen und sich damit auseinanderzusetzen. Der Prozess unserer Auseinandersetzung hat leider länger gedauert, u.a. auch durch Corona-Umstände, und dauert noch an.

 

Viele Teilstrukturen des Bethanien-Südflügels haben in dieser Zeit das Thema diskutiert. Dabei gab es auch immer wieder Uneinigkeiten darin, wie der Prozess umgesetzt werden soll. Diese gingen soweit, dass Strukturen deswegen zeitweise pausieren mussten.

 

Zwischen September und November 2021 haben wir im extern moderierten Rahmen drei Gespräche geführt:

 

  • mit eine:r Vertreter:in der „Betroffenengruppe“ aus der Reiche 63a

 

  • mit Vertreter:innen der „Plenumsgruppe“ der Reiche 63a

  • mit X und anderen ehemaligen Bewohner:innen der Reiche 63a

 

Anschließend haben wir uns in einem ebenfalls extern moderierten längeren Treffen mit den entsprechenden Ergebnissen aus den drei Gesprächen auseinandergesetzt. Es gab durchaus unterschiedliche Einschätzungen, Meinungen und Gefühle dazu, die wir versuchen wollen in diesem Text abzubilden.

 

Zu allen diesen Treffen wurden alle Projekte Südflügel-intern eingeladen. Allen – außer X – stand es offen, an diesen Berichten, Einschätzungen und Diskussionen teilzunehmen. Es beteiligten sich schließlich Einzelne aus den politischen Gruppen, aus dem NewYorck, der Heilpraktikschule und Subtext.

 

 

 

Ergebnis der Gespräche:

 

  • Keine der Strukturen, mit denen wir gesprochen haben, war an der Veröffentlichung der oben genannten Texte beteiligt. Wir wissen bis heute nicht, wer diese Texte verfasst hat. Wir konnten auch nicht unter Wahrung der Anonymität der Verfasser:innen mit ihnen in Kontakt treten.

  • Die konkreten Vorwürfe sexueller bzw. sexualisierter Belästigung oder Übergriffe durch X wurden von keiner unserer Gesprächspartner:innen bestätigt. Deswegen halten wir die Veröffentlichung, in denen X für viele Menschen weit über die NewYorck im Bethanien und die Reiche63a hinaus identifizierbar benannt wird, für problematisch und unverhältnismäßig.

 

Unsere Schlussfolgerungen:

 

Wir sind, wie andere linke Projekte und Strukturen weit davon entfernt, frei von rassistischem, sexistischem und patriarchalem Verhalten und anderen strukturellen Diskriminierungen zu sein. Eine Auseinandersetzung mit solchem Verhalten ist sowohl auf Projekt-Ebene als auch individuell dringend notwendig.

 

Uns ist bewusst, dass einigen von uns ihre privilegierten Positionen ermöglichen, die Augen vor Sexismus und Rassismus zu verschließen und dass wir aus diesen Positionen heraus selbst sexistisch und rassistisch handeln. Und zwar leider auch gegenüber Freund:innen, Genoss:innen und Mitbewohner:innen. Auch wenn das nicht unseren Ansprüchen entspricht. Wir sehen uns (und selbstverständlich auch X) hier ganz klar in der Verantwortung, unser Verhalten immer wieder zu korrigieren und uns noch intensiver kritisch mit unseren Positionierungen und unserem Handeln zu beschäftigen.

 

 

Im Rahmen der Gespräche wurde sich auf eine weitere Auseinandersetzung geeinigt. Unter anderen gab es folgende Vorschläge:

 

  • Regelmäßige Treffen zur kritischen Auseinandersetzung mit (Cis) Männlichkeit

  • Workshops zu den Themen Mobbing, Sexismus und Rassismus

  • FLINTA-Treffen zum Austausch

  • Reflektionsstruktur zum Umgang mit Privilegien, Dominanzstrukturen etc.

  • „Beschwerdestelle“/ “Ansprechstelle“

 

Beispielsweise sind wir gerade dabei, eine Awareness-Ansprechstruktur für die New Yorck zu bilden und themenbezogene Workshop-Wochenenden zu organisieren. In der Heilpraktikschule gibt es bereits seit Jahren für jeden neuen Kurs Anti-Diskriminierungs-/ Rassismus- und Konflikt-Workshops.
Abschließend stellen wir selbstkritisch fest, dass die Reaktion unsererseits auf die Vorwürfe um X sehr träge war und wir uns an einigen Stellen während des Auseinandersetzungsprozesses uneinig waren.

 

 

 

 

von den am Prozess Beteiligten aus dem Südflügel Bethanien - April 2023
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