Auswertung der erbeuteten Überwachungstechnik in Bremen
Es folgt die Auswertung der Hardware, welche im Dezember 2022 in einer leer stehenden Etage über dem Bremer Kulturprojekt P.ara erbeutet wurde.
Von dort aus überwachte eine bisher unbekannte Behörde den Wagenplatz Querlenker. In unserer ersten Veröffentlichung waren nur Bilder einer Kamera mit einem großem Teleobjektiv enthalten. https://de.indymedia.org/node/245569 Dieser Beitrag dokumentiert nun den Rest der entwendeten Technik und wagt einige Schlussfolgerungen zur (vorerst?) beendeten Maßnahme.
Die technische Dokumentation kann durch weitere hilfreiche Informationen in den Kommentaren ergänzt werden.
Im Raum befanden sich insgesamt drei Kameras, die allesamt auf den Wagenplatz Querlenker gerichtet waren:
Bei der einen Kamera handelte sich um eine Sony ISO 409600 Extrem Sensitivety 4K mit einem riesen Teleobjektiv Sony SEL 600mm F4 GM OSS E-Mount. Auf der Kamera befand sich ein Aufkleber mit NW183. Laut Sony handelt es sich bei dem Teleobjektiv um das beste was es der Markt zu bieten hat. Besonders schwere Bedingungen wie Staub, Regen oder Bewegungen können demnach leicht erfasst werden. (Bilder 1 bis 4)
Die beiden anderen Kameras waren IP-Kameras (Netzwerkkameras die mit dem Internet verbunden und darüber gesteuert werden) vom Typ Panasonic WV-S6131. Laut Hersteller sind diese Überwachungskameras für hochauflösende Aufnahmen geeignet, speziell um Beweise unter schwierigen Bedingungen zu sichern. Aus der Artikelbeschreibung: ‚Intelligent Auto (iA) monitors scene dynamics and motion to adjust key camera settings automatically in real-time reducing distortion such as motion blur on moving objects.‘ Also clevere Kameras die ihre Einstelllungen selbstständig den Gegebenheiten anpassen. (Bilder 5 bis 10)
Alle drei Kameras waren mit dem Videomanagement System G-ST 500+/8R Gscope055 der Firma Geutebrück verbunden. (Bilder 11 bis 16) Hier wurden die Videos gespeichert bzw. zwischengespeichert und mutmaßlich durch die Software von Geutebrück in Echtzeit ausgewertet. Geutebrück bezeichnet sich selbst als führendes Unternehmen in Sachen Überwachungstechnik. Laut Internetseite können die Überwachungsvideos live durch Künstliche Intelligenz ausgewertet werden und senden bei bestimmten Ereignissen, bspw. Personenbewegungen oder PKW-Kennzeichen, einen Alarm per E-Mail an den Auftraggeber. Auf der Webseite wird zusätzlich mit Gesichts- und Kennzeichenerkennung auf mehrere hundert Meter geworben. Ein Aufkleber mit der Aufschrift ‚3 Lizenzen‘ bezieht sich vermutlich auf die drei angeschlossenen Kameras für die jeweils eine Lizenz der Geutebrück-Software benötigt wurde.
Im Server befand sich eine der beiden Telekom-SIM-Karten. (Bilder 17 und 18) Die IP-Kameras wurden durch den Geutebrück-Server und einen PoE Splitter vom Typ Delock PoE Splitter 87657 über Ethernetkabel mit Strom versorgt. (Bilder 19 und 20)
In dem Geutebrück-Server befand sich eine Festplatte vom Typ Transcend SSD 2.5 TB. Darauf befanden sich gespeicherte Videodateien im Format GBF (Geutebrück Backup File), welche sich nur mit der firmeneigenen Software öffnen lassen. Die Dateien waren auf November und Dezember 2022 datiert. Pro Tag gab es drei Dateien, welche jeweils einer Kamera zugeordnet werden konnten. Alle drei Kameras waren demnach täglich im Einsatz. Die Speicherdaten und Größe der Dateien lassen auf eine langfristige und dauerhafte Videoüberwachung des Wagenplatzes schließen. (Bilder 21 und 22)
Auf einer portablen Festplatte, die sich im Raum befand (Samsung Portable SSD T5 mit Aufkleber HD376) waren weitere GBF-Videodateien von September bis Oktober 2022 gespeichert. Der Ordner für die Backup-Dateien ist im Februar 2022 erstellt worden. (Bilder 23 und 24)
Zudem befanden sich zwei Testbilder der beiden IP-Kameras auf der Festplatte, welche den Eingangsbereich des Wagenplatzes, Personen und KFZ zeigen. Die Unkenntlichmachung wurde von uns vorgenommen. Die Bilder sind vom August 2022. (Bilder 25 und 26)
Die älteste Datei auf der Festplatte, eine Systemdatei, ist vom 25. August 2021.
Der Strom für die Technik wurde aus der Steckdose bezogen, wobei vor der ersten Mehrfachsteckerleiste die SB07 Switchbox Typ Antrax GSM SwitchBox – wireless eingesetzt war. Dieses ermöglichte das An- und Ausschalten der gesamten Überwachungstechnik per Handy über das GSM-Netz. Hierin befand sich die zweite SIM-Karte. (Bilder 27 und 28)
Die hochwertige Hardware sowie die kostspielige Auswertung der Video-Dateien durch das engagierte IT-Unternehmen Geuterbrück legen die Schlussfolgerung nahe, dass es sich bei der Kamera-Installation nicht nur um eine oberflächliche Überwachung des Wagenplatzes Querlenker gehandelt hat. Wir müssen davon ausgehen, dass die Aufnahmen live ausgewertet wurden, Bewegungsprofile von Personen erstellt wurden und die Überwachung auch außerhalb des Wagenplatzes durch weitere Maßnahmen fortgeführt wurde.
Die Überwachungsmaßnahmen stellen einen direkten Angriff auf die linke Subkultur und unliebsame politische Projekte in Bremen dar. Umso mehr erfreut es uns, dass der Querlenker dies nicht einfach hinnimmt, sich vernetzt und diesem Angriff kollektiv und mit einer klaren Haltung begegnet (https://tumulte.org/2023/02/articles/aufruf-eure-%C3%BCberwachung-hat-sytem/). Wir finden es super, dass ihr euch am 04.03. gemeinsam die Straße nehmt!
Auch wenn wir unsichtbar bleiben, seid euch unserer Solidarität gewiss.
Es bleibt dabei, getroffen hat es einige, gemeint sind wir alle!
Ergänzungen
Fotos
1) Noch mehr Bilder!
Fotos
2) Noch mehr Bilder!
entfernung
Hey, vielen Dank für die detailierte Auswertung! Könnt ihr sagen wie weit entfernt (Luftlinie) der Standort der Kamera vom Eingangsbereich des Platzes (also zu überwachendes Ziel) war?
weitere eingesetzte Überwachungstechnik:
Wer sich für weitere eingesetzte Überwachungstechnik interessiert, kann hier: https://earsandeyes.noblogs.org/en-US/ weiter schauen und ergänzen.