Güstrow: Rassist_innen hetzen mit Fackelmarsch gegen Geflüchtete
++ Fackelmarsch in Güstrow mit rund 100 Teilnehmer_innen +++ 250 Gegendemonstrant_innen gegen rassistische Hetze auf der Straße gewesen +++ Polizeieinsatz verlief nahezu friedlich +
Nazis versuchen zunehmend soziale Netzwerke im Internet zu missbrauchen, um ihr rassistisches Gedankengut besonders bei jüngeren Menschen zu verbreiten. Immer öfter wird auch die Mobilisierung für ihre Aufmärsche nahezu ausschließlich über Facebook und co. bestritten. So auch vergangenes Wochenende in Güstrow.
„unpolitische“ Hetze gegen Geflüchtete
Unter dem Motto „Kinder sind unsere Zukunft“ wollte der NPD-Aktivist Nils Matischent, der erst letzte Woche nur knapp einer Freiheitsstrafe entgangen ist, vergangenen Sonnabend in Güstrow einen vermeintlich „unpolitischen“ Fackelmarsch durchführen. Unter dem Label der Initiative „Güstrow wehrt sich gegen Asylmissbrauch“ sollte ein überparteilicher Protest gegen ein neues Flüchtlingsheim in Güstrow suggeriert werden.
Ende diesen Jahres soll in der Barlach-Stadt eine neues Flüchtlingsunterkunft für ca. 170 Geflüchtete entstehen. Die Debatte um neue Flüchtlinge und deren Unterbringung in Deutschland ist zur Zeit das einzige halbwegs erfolgversprechende Thema der neofaschistischen Szene. Wie in anderen Städten auch agitiert die NPD in Güstrow seit Monaten gegen die sogenannte „Asylflut“ und „Scheinasylanten“. Nach zwei Mahnwachen in den vergangenen Wochen sollte nun die menschenverachtende Propaganda von NPD und co. eine noch größere Öffentlichkeit bekommen.
Erst ein Woche vor dem Fackelmarsch in Güstrow hatte sich die NPD in Stralsund blamiert, nachdem fast 1.000 Gegendemonstrant_innen die rund 100 Nazis in der Hansestadt zum Abbruch des NPD-Aufmarsches zwangen. Nicht einmal den Kranz zu „Ehren der bei der Bombardierung Stralsunds 1944 getöteten Deutschen“ konnte die NPD niederlegen. Um so wichtiger schien den Organisator_innen in Güstrow die zumindest optische Trennung des Fackelmarsches von der NPD.
Die Gegenproteste
Dem braunen Mob stellten sich etwa 250 Gegendemonstrant_innen aus Güstrow und der umliegenden Regionen entgegen. Auf dem Pferdemarkt feierten Viele ein buntes Herbstfest, unter anderem mit Live-Musik und unterschiedlichen Bastelaktionen. Neben verschiedenen Persönlichkeiten aus Gesellschaft und Politik nahm auch Güstrows Bürgermeister Arne Schuldt (parteilos) an den Protesten teil. Die Amadeu-Antonio-Stiftung informierte während einer mobilen Pressekonferenz über die Lebensrealitäten von Geflüchteten in Mecklenburg-Vorpommern.
Die Polizei, die nach eigenen Angaben mit 350 Beamt_innen im Einsatz war, verzichtete diesmal auf Gewaltexzesse, wie es sie noch eine Woche zuvor in Stralsund gegeben hatte. Entsprechend friedlich blieben die Gegenproteste.
Im Schatten des Erfolgs der Proteste in Stralsund konnte die neofaschistische Szene in Güstrow weitgehend ungestört ihren Fackelmarsch durchführen. Zwar bestand der Aufzug fast ausschließlich aus lokalen Neonazis und deren Sympathisant_innen, unterschätzt werden dürfen solche örtlich begrenzten Aufmärsche – egal ob unter dem Deckmantel einer Bürger_inneninitiative oder der NPD direkt – jedenfalls nicht. Güstrow wird auch in Zukunft ein Ort sein, in dem antirassistisches und antifaschistisches Engagement nötiger ist, als in anderen Regionen MV’s.