Statement des QueerKafes bezüglich des rassistischen Silencing auf unserer Veranstaltung am 28.11.2019

Statement des QueerKafes bezüglich des rassistischen Silencing auf unserer Veranstaltung am 28.11.2019
 
(english below)

Dieser Text stammt von dem Teil der QueerKafe-Orgagruppe, die zum Zeitpunkt des Vorfalls bereits aktiv waren und es immer noch sind.
Wir sind eine queere Gruppe im Kafe Marat, die monatlich Veranstaltungen organisiert.

Unsere Veranstaltung im November 2019 war ein Open-Stage-Abend. Dabei konnten Menschen auf der Bühne eigene Beiträge vortragen, wir hatten im Vorhinein um „Trigger-Warnungen“ gebeten. Im Verlauf des Abends wollten von Rassismus betroffene Menschen über einen kurz vorher in München stattgefundenen rassistischen, trans*feindlichen Angriff berichten. Direkt nachdem die Personen auf die Bühne kamen und begannen zu reden, wurden sie von der Moderation des QueerKafes unterbrochen, die forderte, „Trigger-Warnungen“ zu verwenden. Eine der Personen kritisierte dieses Verhalten, darauf wurde nicht eingegangen. Stattdessen kam es zu einer Diskussion mit den (überwiegend weißen) Anwesenden, in der weiterhin Rassismuserfahrungen nicht anerkannt und relativiert wurden. Wir, als Queerkafe-Orga, haben uns weder in dieser Diskussion solidarisch positioniert, noch uns im Nachgang antirassistisch verhalten.

Wir haben verstanden, dass schon unser im Vorhinein erarbeitetes Konzept von „Trigger-Warnungen“ auf weiße Queers zugeschnitten war und aktiv zum Verdrängen von Stimmen Rassismusbetroffener und Cancelling nicht-weißer Personen in unserem Space geführt hat.
Mit unserem Verhalten haben wir von BIPoC gefordert, ihre Erfahrungen für weiße Menschen zu zensieren. Dafür wollen wir uns entschuldigen.

Es wäre unsere Aufgabe gewesen, uns selbst über Rassismus zu bilden, ihn in unseren eigenen Räumen und Köpfen zu erkennen und aktiv dagegen zu arbeiten. Stattdessen mussten Betroffene sich Platz in diesem Raum erst selbst erkämpfen und dann in der folgenden Diskussion Bildungsarbeit leisten. Auch in der queeren Community werden Betroffene immer wieder in die Position gedrängt, diese Bildungsarbeit unbezahlt und wertschätzungsfrei zu übernehmen. Wir haben diesen Teil von strukturellem Rassismus reproduziert. Auch das tut uns leid.

Warum erst jetzt?
Einen weiteren Teil des Problems sehen wir auch darin, dass rassistische Vorfälle in mehrheitlich weißen Räumen oft nur ungenügend aufgearbeitet werden. Aus unserer eigenen gruppeninternen Auseinandersetzung mit dem konkreten Vorfall, und mit dem Thema Rassismus generell, ist erst jetzt, etwa zweieinhalb Jahre später, ein öffentliche Entschuldigung geworden. Mittlerweile ist (zu) viel Zeit vergangen, und dafür gibt es keine wirklich guten Gründe.

Das Queerkafe sollte ein Raum für ALLE queeren Menschen und Perspektiven sein. Dazu hätte gehört, aktiv antirassistisch zu handeln und uns solidarisch mit weniger privilegierten Queers zu zeigen. Wir haben jetzt und zukünftig den Anspruch an uns selbst, unser Planen und Handeln kritisch zu hinterfragen und aus mehr Perspektiven zu denken als aus unserer eigenen.
Als weiße Menschen wird unser Lernprozess über Rassismus nie beendet sein, und es wäre scheinheilig von uns, zu versprechen, dass bei unseren zukünftigen Veranstaltungen keine Form von Diskriminierungen mehr vorkommen wird. Wir können aber versprechen, dass wir dem entgegenwirken werden. Wir wollen lernbereit bleiben und daran arbeiten, den Erfahrungen von BIPoC den Raum zu geben, der ihnen zusteht.

Pressemitteilung zu dem rassistischen trans*Feindlichen Angriff vom 22.11.2019:
https://pbideutschland.de/aktuelles/deutschland-pbi-deutschland-ist-best...

Statement from QueerKafe regarding the racist silencing at our event on 11/28/2019.
 
(translated from german)

This text is from the people in the QueerKafe orga group who were already active at the time of the incident and still are now.
We are a queer group at Kafe Marat that organizes monthly events.

Our event in November 2019 was an open-stage evening. For this, people could bring and present their own contributions on stage, we had asked for "trigger warnings" in advance. In the course of the evening, people affected by racism wanted to talk about a racist, trans*phobic attack that had taken place in Munich shortly before. Immediately after they came on stage and started to talk, they were interrupted by the host of QueerKafe, who asked for "trigger warnings". One of the individuals criticized this behavior, that criticism was not responded to. Instead, a discussion ensued with the (predominantly white) audience, in which experiences of racism continued to be unacknowledged and relativized. We, as Queerkafe-Orga, did not position ourselves in solidarity during this discussion, nor did we behave in an anti-racist manner afterwards.

We understand that the concept of "trigger warnings" that we had worked out in advance was tailored to white queers and actively led to the suppression of voices of those affected by racism and the cancellation of non-white people in our space. Through our behavior, we were asking BIPoC to censor their experiences for white people. For that, we want to apologize.

It would have been our job to educate ourselves about racism, recognize it in our own spaces and minds, and actively work against it. Instead, those affected by racism first had to fight for space themselves and then had to do educate others in the discussion that followed. Even in the queer community, BIPoC are repeatedly pushed into taking on unpaid and unappreciated educational work. We have reproduced this part of structural racism. We are sorry for that as well.

Why now?
We also see another part of the problem in the fact that racist incidents in majorly white spaces are often insufficiently acknowledged and dealt with. Our own group-internal discussion of the specific incident, as well as of racism in general, has only now, about two and a half years later, turned into a public apology. In the meantime (too) much time has passed, and there are no good reasons for that.

Queerkafe is supposed to be a space for ALL queer people and perspectives. This would have included being actively anti-racist and showing solidarity with less privileged queers. We expect of ourselves now and in the future to critically examine our planning and actions and to take into account more perspectives than our own.
As white people, our learning process about racism will never end, and it would be hypocritical of us to promise that no form of discrimination will occur at our future events. However, we can promise that we will work against that. We want to remain open to learning, and work towards giving BIPoC's experiences the space they deserve.

Press release on the racist trans*phobic attack on 11/22/2019:
https://pbideutschland.de/aktuelles/deutschland-pbi-deutschland-ist-best...

webadresse: 
https://kafemarat.net/selbstdarstellungen/queerkafe/
QueerKafe München
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