Denkmal an rassistisches Pogrom von Hoyerswerda eingeweiht – Nazigruppe stillschweigend geduldet
In Hoyerswerda wurde am Freitag ein Denkmal in Erinnerung an die Ereignisse vom Herbst 1991 errichtet. Auf der offiziellen Veranstaltung zur Einweihung des Denkmals sprach auch die Initiative „Pogrom 91“, die Gruppe setzt sich bereits seit 2011 für ein solches Denkmal ein, kritisierte aber die Gestaltung des Erinnerungsortes. Außerdem redeten der Hoyerswerdaer Oberbürgermeister Stefan Skora (CDU) , der sächsische Ausländerbeauftragte Martin Gillo (CDU) sowie die Künstlerin Martina Rohrmoser-Mueller, welche das Denkmal entworfen hat. Während der gesamten Veranstaltung mit rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern posierten stadtbekannte Nazis vor den zahlreichen Kameras, die auf die Rednerinnen und Redner direkt am Denkmal gerichtet waren. An ihnen störte sich lediglich der Sprecher der Initiative „Pogrom 91“.
23 Jahre nach dem rassistischen Pogrom von Hoyerswerda gibt es einen festen Ort der Erinnerung an jene Tage des September 1991, an welchen Neonazis sowie Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt die in Hoyerswerda lebenden DDR-Vertragsarbeiterinnen und -Vertragsarbeiter aus Mosambik und Vietnam sowie Asylsuchende attackierten. Bei dem rassistischen Pogrom erhielten die Betroffenen kaum Schutz und Unterstützung – schließlich mussten sie die Stadt verlassen. Es folgte eine Welle rassistischer Gewalttaten, die 1992 in Rostock-Lichtenhagen und Mölln ihren Höhepunkt erreichte. Die Auswirkungen spüren Asylsuchende bis heute: Die Politik reagierte 1993 auf die rassistische Gewalt mit der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl.
Seit 2011 setzt sich die Initiative „Pogrom 91“ deshalb für ein Denkmal in Erinnerung an das Ereignis in Hoyerswerda ein. Zu den Jahrestagen von 1991 veranstaltete die Gruppe Gedenkaktionen, darunter zwei Demonstration 2011 und 2012 sowie bundesweite Infoveranstaltungen. Die Stadt Hoyerswerda hatte daraufhin einen Wettbewerb zur Gestaltung eines Denkmals ausgerufen, an dem sich auch “Pogrom 91” beteiligte. Gewonnen hatte allerdings Martina Rohrmoser-Mueller, eine in Hoyerswerda lebende Künstlerin. Ihr Entwurf „Offene Tür – offenes Tor“ stehe für Gastfreundschaft ein offenes Herz und Willkommenskultur, erläuterte sie bei der Einweihung. Das Denkmal besteht aus einem an einen Türeingang erinnernden drei Meter hohen Bastaltsteinrahmen, in dem ein Regenbogen eingefasst ist. Dieser solle für Aussöhung, Freundschaft und Frieden stehen. Auf dem Denkmal ist die Aufschrift „Herbst 1991, Hoyerswerda vergisst nicht – wir erinnern“ zu lesen. Darüber hinaus kann über einen auf dem Denkmal angebrachten QR-Code eine Internetseite der Stadt eingesehen werden, in welcher aus Polizeiberichten eine Chronik der Ereignisse vom September 1991 zusammengestellt wurde. Dafür wird allerdings ein internetfähiges Smartphone benötigt.
Die Initiative „Pogrom 91“ kritisierte die Gestaltung des Denkmals bei dessen Einweihung in einem Redebeitrag: „Drei zentrale Forderungen bleiben mit dem nun umgesetzten Entwurf weiterhin unerfüllt. Zum einen wird nach wie vor nicht klar benannt, dass es sich bei den Ereignissen vom Herbst 1991 um ein rassistisches Pogrom handelte“, so ein Sprecher der Gruppe. Zum anderen spiele die Situation der Betroffenen weiterhin kaum eine Rolle im Umgang der Stadt mit den Geschehnissen, sagte der Vertreter von „Pogrom 91“ und ergänzte: „Außerdem wird das Denkmal in dieser Gestaltung kaum zur Auseinandersetzung mit den Ursachen wie Rassismus und Sozialchauvinismus beitragen.“
In ihrer Ansprache setzte die Initiative „Pogrom 91“ Hoyerswerda in den Kontext folgender Angriffe auf Asylsuchende in Deutschland wie in Rostock Lichtenhagen 1992 sowie die daraufhin im Bundestag beschlossene Asylrechtsverschärfung sowie deren Folgen für heutige Asylsuchende.
Während der Veranstaltung standen Hoyerswerdaer Neonazis, die an entsprechenden T-Shirt-Aufdrucken zu erkennen waren, direkt neben den Rednerinnen und Rednern am Denkmal . Unter ihnen waren mehrere, die vor zwei Jahren mit Gewalt eine junge Frau und einen jungen Mann aus der Stadt vertrieben haben, weil sie antifaschistisch eingestellt waren und die Polizei sie nicht effektiv genug schützen wollte. Einzig der Sprecher der Initiative „Pogrom 91“ störte sich an der Anwesenheit der Nazis und ging in seiner Rede mehrfach ihre Aktivitäten in Hoyerswerda ein. Der Oberbürgermeister, der sächsische Ausländerbeauftragte und die Künstlerin, welche das Denkmal gestaltet hattet, duldeten dagegen schweigend die Nazis auf der Veranstaltung der Stadt.