Verlegung nach Sachsen – never ending story?!

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Seit November 2019 bemühe ich mich von Südbaden nach Sachsen in den dortigen Justizvollzug verlegt zu werden. Das Verfahren gleicht fast einer Odyssee, denn trotzdem ich im November 2021 vor dem OLG Dresden gewonnen hatte, verweigert das sächsische Justizministerium weiterhin meine Übernahme.

 

 

 

Das erste Gerichtsverfahren

 

Wie schon im November 2021 berichtet https://freedomforthomas.wordpress.com/2021/11/20/verlegung-in-ein-sachs... hatte ich in einem ersten Anlauf vor dem OLG Dresden einen Etappensieg errungen. Während die baden-württembergische Justiz der Verlegung ziemlich zeitnah im Frühjahr 2020 zustimmte, weigerte sich die sächsische Justizverwaltung mich in den dortigen Vollzug zu übernehmen, obwohl z.B. für Freund*innen aus der Region die Besuchsmöglichkeiten wesentlich besser wären; außerdem sollte nach Jahrzehnten in baden-württembergischen Vollzugsanstalten ein „Neuanfang“ unternommen werden. Beides überzeugte die Sachsen nicht, weshalb mein Antrag von dort abgelehnt wurde.

Das OLG Dresden entschied jedoch am 08.11.2021, dass die Ablehnung der Übernahme in den sächsischen Vollzug mich in meinen Rechten verletzen würde und das Ministerium mich folglich neu bescheiden müsse.

 

Die Entscheidung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie

 

Mit Bescheid vom 24.05.2022 lehnte Ministerialrat E. meine Verlegung nach Sachsen erneut ab, denn zum einen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein „Neuanfang“ für mich dort möglich sei, da ich schließlich alle therapeutischen Maßnahmen in Freiburg ablehnen würde. Was die Bezugspersonen in Sachsen und der Region angehe, so würde ich der JVA Freiburg konsequent alle Einblicke in diese verwehren, weshalb eine „qualitative Bewertung“ und eine Aussage darüber inwieweit diese für mich förderlich seien ausscheide. Unabhängig von diesen in meiner Person liegenden Gründen, gebe es aber auch keine räumlichen Kapazitäten in Bautzen zur Aufnahme meiner Person. Von 40 Plätzen seien 39 aktuell belegt; eine „Interims-Station“ von sechs Plätzen, um dem Belegungsdruck zu begegnen, sei zwar vorhanden, aber werde noch im Verlaufe des Jahres mit Neuzugängen aus dem sächsischen Vollzug ausgelastet werden.

 

Das zweite Gerichtsverfahren

 

Nun habe ich erneut beim 2. Strafsenat des OLG Dresden Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt (§23 EGGVG). Es bleibt abzuwarten wie diesmal die Entscheidung lauten wird.

 

Für Sicherungsverwahrte ergeben sich besondere Schwierigkeiten bei bundesländerübergreifenden Verlegungen. Während Strafgefangene im Grunde in eine jede Haftanstalt welche für den Vollzug von Freiheitsstrafen ausgewiesen ist verlegt werden können und dürfen, müssen Sicherungsverwahrte zwingend in einer Einrichtung des SV-Vollzuges untergebracht werden. Für Sachsen wäre das die JVA Bautzen. Bundesweit steigen jedoch die Verwahrtenzahlen immer weiter an, denn immer mehr Neuzugängen, stehen immer weniger Freilassungen gegenüber. Dieses Problem betrifft aktuell im Grunde alle Bundesländer gleichermaßen, so dass im Regelfall Verlegungen nur noch „im Tausch“ erfolgen; d.h. die beiden beteiligten Haftanstalten tauschen einen Insassen gegen einen anderen. Hinsichtlich Sachsen verhält es sich jedoch so, dass seit Jahren ein Insasse aus Bautzen hier in Freiburg einsitzt, so dass eine Verlegung meiner Person dorthin wieder ein Gleichgewicht herstellen würde, ich also keinen „zusätzlichen“ Platz belegen würde.

 

Und wie es sich mit der sog. „Interims-Abteilung“ tatsächlich verhält, ob diese nicht doch noch größere Kapazitäten aufweist als bloß sechs Plätze, auch das wird nun der Senat in Dresden zu klären haben, ebenso was die sozialen Beziehungen und Bindungen nach Sachsen und die Region betrifft.

 

Sicherungsverwahrte erbringen, so hat es 2011 das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil formuliert, ein „Sonderopfer“, denn ihnen wird die Freiheit entzogen auf Grund des bloßen Verdachts sie könnten künftig erneut straffällig werden. Die Freiheitsstrafen für vergangene Taten haben sie ja längst verbüßt. Das OLG Dresden wird sich also auch zu der Frage verhalten müssen, ob es mit dem ebenfalls vom BVerfG statuierten „Besserstellungsgebot“ (kurz gesagt: Sicherungsverwahrte müssten wegen dieses Sonderopfercharakters besser gestellt werden als Strafgefangene) vereinbar ist, wenn Sicherungsverwahrte in Fragen der Verlegung in ein anderes Bundesland schlechter gestellt werden als Strafgefangene.

 

Thomas Meyer-Falk, z.Zt. Justizvollzugsanstalt (SV),

Hermann-Herder-Str.8, 79104 Freiburg

 

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