Raus auf die Straße: Widerstand gegen Krieg, Aufrüstung und Faschismus!
In aller Kürze: Es prallen in der Ukraine aktuell der Drang zweier kapitalistischer Großmächte – Russland und der NATO-Block - nach wirtschaftlichem Einfluss und geopolitischen Vorteilen aufeinander. Während die einen den Krieg mit dem Einmarsch in die Ukraine begonnen haben, haben die anderen mit einer anhaltenden verbalen Aggression und unzähligen Kriegsmanövern in Osteuropa die kriegerische Zuspitzung zumindest billigend in Kauf genommen - kapitalistische Konkurrenz in ihrem imperialistischen Stadium.
Der Krieg in der Ukraine ist mitnichten der persönliche Feldzug eines gekränkten Mannes im Kreml, wie es uns Baerbock, Scholz, Bild, Spiegel und Co. weismachen wollen. Dieser Krieg ist der blutige Höhepunkt eines jahrelangen Ringen um die Vormachtstellung in Osteuropa, an denen auch die Bundesrepublik ihren Anteil hat. Diese schielt, als kapitalistischer Staat auf dem Weg zu neuer internationaler Stärke, unverhohlen nach Osten.
Ein Wort aber auchzu den vorgeblichen Kriegsgründen der russischen Regierung und deren Behandlung in den deutschen Medien: Wladimir Putin zieht den Begriff „Antifaschismus“ in den Dreck, wenn er den Angriffskrieg damit begründet und ihn mit groß-russischen Phantasien vermengt. Die Ukraine ist - trotz nicht von der Hand zu weisender Einflussnahme und Entwicklungen - kein faschistischer Staat und es war auch - trotz diskriminierender Gesetze gegen sie - kein „Genozid“ an der russischsprachigen Bevölkerung absehbar. Faschistische ukrainische Kräfte sind aber keine russische Erfindung:
In der Ukraine gibt es ein offen faschistisches Lager, das sich während der Maidan-Proteste 2014und dem nachfolgenden Bürgerkrieg einen gewaltigen Einfluss auf der Straße, im militärischen Bereich und auch auf die offizielle Politik errungen hat. Dass die faschistischen Parteien bei den letzten Wahlen schlecht abschnitten, ändert daran nichts. Es ist keine Nebensächlichkeit, dass das faschistischen „Asow Regiment“ mit den Fahnen der ukrainischen Nazi-Kollaborateure, in die offiziellen Streitkräfte integriert wurden. Es prägt einen Staat, wenn das faschistische Massaker im Gewerkschaftshaus von Odessa im Mai 2014 mit 48 Toten, bis heute straffrei geblieben ist. Es sagt etwas über seinen Charakter aus, wenn der ukrainische Botschafter in der BRD, Blumen am Grab des Führers der Nazi-Kollaborateure, Stepan Bandera niederlegt und Bilder davon freimütig twittert. Es ist eine ungeheuerliche Kontinuität, wenn faschistische Banden wieder mit deutschen Waffen ausgerüstet werden. Und es spricht Bände über den angeblichen Antifaschismus in der BRD, wenn in nahezu allen bürgerlichen Medien über diese Zusammenhänge hinweg gesehen wird.
Die Leidtragenden dieses Krieges sind die Menschen in der Ukraine, deren Zuhause als Spielball imperialistischer Interessen zerbombt und zerschossen wird. Ihnen gilt unsere Solidarität. Die Leidtragenden sind auch die Jungen und Alten, Menschen unserer Klasse, die auf beiden Seiten in den Panzern und Schützengräben unter nationalistischen Phrasen für wirtschaftliche und geopolitische Interessen sterben müssen. Unsere Solidarität gilt gleichfalls den Kriegsgegner:innen in Russland, die trotz massiver Repression auf die Straße gehen und Prügel, Knast, Arbeitslosigkeit & gesellschaftliche Ächtung in Kauf nehmen. Sie leisten auf ihrer Seite einen wesentlichen Beitrag zum Kampf gegen diesen Krieg. Und wir müssen auf unserer aktiv werden!
Als klassenbewusste Linke stehen wir ohne wenn und aber gegen den Krieg in der Ukraine ein – er muss schnellstmöglich beendet werden. Und wir nennen die Verursacher:innen beim Namen: Die herrschende Klasse auf beiden Seiten der Front.
Leider merken wir dabei: Zu sagen was ist, war selten so unpopulär wie in diesen Zeiten – das spüren wir in Gesprächen mit Bündnispartner:innen und in den Mobilisierungen auf der Straße. Trotzdem widersprechen wir, wenn sich aktuell von ganz Rechts bis Links alle einig zu sein scheinen. Wir stimmen nicht ein in den nationalen Chor von Waffenlieferung und Aufrüstung. Im Gegenteil: Wir lehnen sie ab und stellen uns der Politik des Burgfriedens entgegen - also dem Zurückstellen innerer Konflikte zugunsten einer nationalen Einheit. Die entscheidende Grenze verläuft nach wie vor zwischen unten und oben, nicht zwischen Ost und West.
Unsere Hauptaufgabe als Antifaschistische Aktion Süd sehen wirim entschiedenen Kampf gegen jedwede Form der Reaktion. Wir begreifen uns aber auch als Teil der antikapitalistischen Linken und so unterstützen wir als Aktivist:innen, als Ortsgruppen und als gesamte Organisation die klassenkämpferischen und progressiven Anti-Kriegsmobilisierungen. Unser Ziel muss es sein, neben der Solidarität mit der vom Krieg betroffenen Bevölkerung, die Kriegstreiber:innen in Berlin zu stoppen und die weitere Aufrüstung der BRD zu verhindern. Wir rufen alle anderen antifaschistischen Kräfte auf, sich gleichfalls in die Anti-Kriegsbewegung einzubringen.
Als Antifaschist:innen sind wir aber weiterhin in unserem Kernarbeitsfeld gefordert:
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Auch hierzulande wird der Krieg zum Thema der Rechten werden. Der aktuelle Richtungsstreit in der AfD-Bundestagsfraktion weckt Erinnerungen an deren Uneinigkeit und Handlungsunfähigkeit zu Beginn der Pandemie. Aber er darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass große Teile der AfD und ihrer Anhängerschaft das Streben Russlands nach einer Großmachtstellung bisher wohlwollend und befürwortend begleitet haben. Inwieweit die Partei hier ihrer Basis treu bleibt oder, mit Blick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung auf Landesebene, Teil des bürgerlichen Anti-Russland-Blocks wird, bleibt abzuwarten. Ihre in den letzten Monaten gesammelten Erfahrungen mit bürgerlichen Massenprotesten werden sie aber sicher nicht ungenutzt lassen.
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Gleiches gilt für die „Querdenken-Bewegung“ die sich mehr und mehr von ihrem Kernthema, dem Kampf gegen die Pandemie-Maßnahmen der Regierung, entfernt. In der Woche nach dem russischen Angriff tauchten vielerorts verstärkt Friedensfahnen auf den Spaziergängen auf. Natürlich kommt uns da der „Friedenswinter“ 2014/2015 in Erinnerung, als ebenfalls rund um den Ukraine-Konflikt Querfront-Kundgebungen unter„unpolitischen“ Vorzeichen größere Mobilisierungserfolge mit ähnlichen Verschwörungsmythen erzielen konnten.
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Wesentlich klarer positionieren sich die Faschist:innen rund um den „III. Weg“. Bereits in der Vergangenheit nutzten sie die Gelegenheit und ihre guten Kontakte zum faschistischen „Asow Regiment“, um im Kriegsgebiet der Ostukraine praktische Erfahrungen an der Waffe zu sammeln. Der deutsche Ableger der rechten ukrainischen Gruppe „Tradition und Ordnung“ organisiert bereits seit Ende Februar Anlaufstellen für deutschsprachige Freiwillige. Zuvor waren sie vor allem in Ostdeutschland in der „Querdenken“- Bewegung aktiv.
Hier müssen wir besonders wachsam sein.
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Auch auf eine Einflussnahme faschistischer ukrainischer Kräfte auf die Proteste in der BRD müssen wir vorbereitet sein. Die Kriegshysterie in den bürgerlichen Medien und der Ruf nach indirekter oder direkter Beteiligung der NATO am Krieg lassen klare Anti-Kriegs-Positionen in den aktuellen Protesten immer öfter verschwimmen und schaffen damit einen perfekten Nährboden für rechte Interventionen.
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Zudem nimmt die rassistische Spaltung in der Gesellschaft zu. Sei es in Form der rassistischen Selektionspraxis an den Grenzen in der Ukraine, Polen und auch der BRD – die in gute (weiße) Geflüchtete und schlechte (nicht weiße) Geflüchtete unterteilt. Oder in Form der medialen Stimmungsmache insbesondere gegen Menschen aus Russland, denen per se eine Mitschuld an den Verbrechen ihrer Regierung gegeben wird. Auch wenn Scholz und Co. nicht müde werden in Bundestagsreden zu betonen, dass sie zwischen russischer Regierung und Bevölkerung unterscheiden, so spricht die Realität eine ganze andere Sprache: Die massive Anti-Russische-Propaganda der letzten Tage führt zu verstärkten Beschimpfungen und rassistischen Ausgrenzung russisch gelesener Personen im Betrieb und Alltag.
Und: Wir machen uns für die Zukunft keine Illusionen. Die Kriegsfolgen werden auch in der Bundesrepublik zu spüren sein. Irgendwoher müssen 100 Milliarden für die Aufrüstung der Bundeswehr ja kommen. Wer die Zeche zahlt ist für die Herrschenden schon jetzt ausgemachte Sache, wenn der Wirtschaftsminister die Menschen dazu auffordert, die ein oder andere Stunde auf Arbeit ohne Bezahlung dran zu hängen: Die Klasse der Lohnabhängigen. Rentenerhöhung, Investitionen in den Klimaschutz oder besserer Bezahlung der Pflegekräfte wird es so schnell nicht mehr geben. SPD, Grüne & FDP werden statt dessen den von uns erarbeiteten gesellschaftlichen Reichtum für Panzer und Bomben ausgeben.
Als antifaschistische Bewegung tun wir gut daran auch diese Entwicklung im Auge zu behalten. Schon jetzt inszeniert sich die AfD als Anwältin der „kleinen Leute“. Unsere Aufgabe wird es sein zu verhindern, dass sie in möglichen sozialen Widerstandsbewegungen Fuß fasst.
Viel zu tun also für eine antifaschistische Bewegung, die sich als fester Teil einer antikapitalistischen Linken versteht. Packen wir es an. Gemeinsam gegen Krieg, Aufrüstung und Faschismus!
Antifaschistische Aktion Süd, 9. März 2022