Nein zum Krieg! – Stellungnahme von „Gemeinsam Kämpfen“ und „Women Defend Rojava“ zum Krieg in der Ukraine
Seit Mittwochmorgen, dem 24. Februar, greift Russland die Ukraine von drei Seiten sowohl aus der Luft als auch vom Boden an. Zivilist:innen werden verletzt und getötet. Wir verurteilen die völkerrechtswidrige Invasion und sind wütend über diese Kriegspolitik. Wir fordern das sofortige Ende aller militärischen Handlungen und sind solidarisch mit den betroffenen Menschen in der Ukraine und den umkämpften Gebieten, sowie mit allen von Krieg betroffenen Menschen weltweit.
NATO versus Russland: Ein Ringen um Kontrolle in der Ukraine
Schon seit acht Jahren wird Krieg um Teile des östlichen Territoriums der Ukraine und die Krim geführt, wobei schon 14.000 Menschen ihr Leben verloren haben. Die Ukraine ist zum Schauplatz des Machtkampfes zwischen Russland und der NATO geworden. Die NATO begreifen wir als ein westliches Militärbündnis, das weltweit Kriege führt, um neben einem globalen Herrscheranspruch eigene Interessen wie Zugänge zu Ressourcen und Absatzmärkten durchzusetzen. Die russische Regierung setzt ebenfalls auf globalen Einfluss durch Krieg und autoritäre Unterdrückung nach Innen und nach Außen. Die NATO hat entgegen des „Zwei plus Vier“-Vertrages ihr militärisches Einflussgebiet nach Osten ständig erweitert, während Russland Staaten in seinem Einflussgebiet wie Kasachstan, Belarus, Kirgisistan oder Syrien gewaltsam kontrolliert.
Krieg und Besatzung dienen immer den Herrschenden und werden auf dem Rücken der Zivilgesellschaft ausgetragen. Sowohl Russland als auch die NATO versuchen die ukrainische Gesellschaft zum bedeutungslosen Spielball ihrer Interessen zu machen. Gleichzeitig wird auch der russischen Gesellschaft, die gegen den Krieg aufsteht, kein Gehör verschafft und ihre Proteste werden mit aller Gewalt unterbunden. Wir können von den Staaten nichts erwarten! Sie versuchen die Bevölkerungen gegeneinander auszuspielen, aufgrund von Staatsgrenzen zu spalten und den Wille der Gesellschaften sowie den Raum für gesellschaftliches Leben und solidarische Verbindungen zwischen sozialen Gruppen zu zerstören. Demokratische Kräfte in der Ukraine, in Belarus und in Russland, ob Sozialist:innen, Antifaschist:innen, Feminist:innen oder Anarchist:innen, sehen jegliches Widerstandspotenzial für eine befreite Gesellschaft auf ukrainischem Territorium stark bedroht.
Während Länder wie die Slowakei ihre Grenzen für Geflüchtete öffnen, verharrt die deutsche Bundesregierung vor allem in ihrer vermeintlichen Sorge um die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges. Zeitgleich reicht ein kurzer Blick auf die derzeitigen Börsenkurse, um zu sehen, wer aktuell besonders profitiert: Die Aktien der Waffenunternehmen Rheinmetall und HENSOLDT sind seit Beginn des Krieges gestiegen wie seit Jahren nicht mehr. Denn Krieg ist Profit – vor allem für ein Waffenproduktionsland wie Deutschland. Es ist klar – solange Staaten an Waffen verdienen, wird es immer Krieg geben. Das muss aufhören! Wir fordern einen sofortigen Stopp der Waffenproduktion und der Aufrüstungspläne.
Der Kampf für Frieden ist global
Die Revolution in Rojava, die Proteste in Hongkong, die Erfolge der feministischen Bewegungen in Lateinamerika, aber auch die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan, die Angriffe mexikanischer Paramilitärs auf die Autonomiegebiete der Zapatista, die Angriffskriege der Türkei in Kurdistan, der Krieg um Bergkarabach und nun der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine – sie alle zeigen: Das weltweite patriarchal-kapitalistische System steckt in einer tiefen Krise. Und diese Krise ist global! Deswegen müssen wir all diese Entwicklungen im Zusammenhang zueinander setzen.
Aus diesem Grund schauen wir in diesen Tagen auch auf Entwicklungen in Kurdistan. Während der türkische Staat im Schatten der Eskalation in der Ukraine weiter Drohnenangriffe auf Zivilist:innen in Nord- und Ostsyrien, im Shengal und auf die Guerilla in Südkurdistan fliegt, fordert die ukrainische Regierung die Sperrung des Bosporus für russische Schiffe durch die Türkei. Das Erdogan-Regime, das seine Kriegspolitik in den letzten Jahren auch darauf aufgebaut hat, sowohl mit Russland als auch der NATO zu paktieren, könnte an einem Punkt der klaren Positionierung angekommen sein. Ein klares Bekenntnis der Türkei – egal in welche Richtung – würde die aktuellen Machtverhältnisse in Nord- und Ostsyrien enorm verändern.
Solidarität und Geschlechterbefreiung gegen Kriege!
Die Bilder von Toten und Verletzten in der Ukraine in den vergangenen Tagen machen deutlich: Die Menschen in der Ukraine sind den Machthabern egal. Vor allem Frauen und weitere unterdrückte Geschlechter und Kinder werden, wie so oft, unter diesem Krieg am meisten leiden. Denn Kriege verschärfen immer die patriarchalen Herrschaftsverhältnisse und sexualisierte Gewalt. Ihnen gilt unsere volle Solidarität! Wir fordern, dass die Menschen, die vor dem Krieg fliehen müssen, sofortigen Zugang zu sicheren Fluchtrouten bekommen und uneingeschränkt in Deutschland und anderen Ländern der EU aufgenommen werden! Dies gilt nicht nur in den heutigen Tagen, sondern für alle Menschen, die sich auf der Flucht befinden.
Wege der Selbstverwaltung sind Wege für den Frieden
Wir sind überzeugt davon, dass die Lösungskraft für ein friedliches Zusammenleben von der Gesellschaft selbst ausgeht. Die ukrainische Gesellschaft hat es mit ihren Volksaufständen immer wieder geschafft, auf die Politik Einfluss zu nehmen, und so auch 2014 die Regierung Janukowitsch gestürzt. Die Ukraine verfügt über ein großes demokratisches Potential.
Der Demokratische Konföderalismus ist ein Vorschlag einer gesellschaftlichen Selbstverwaltung des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan für eine Gesellschaft ohne Staat. Gerade für eine vielfältige Gesellschaft wie die Ukraine zeigt seine Analyse einen Ausweg aus Nationalismus und Krieg.
Dieser Vorschlag, der aktuell unter anderem in Nord- und Ostsyrien umgesetzt wird, basiert auf den Werten der Basisdemokratie, Frauenbefreiung und Ökologie. Er bietet nicht nur eine Alternative zu den derzeitigen Versuchen faschistischer Gruppierungen in der Ukraine, diesen Krieg zu vereinnahmen. Wir sehen darin auch einen ernsthaften und emanzipatorischen Ausweg aus der Krise des patriarchal-kapitalistischen Systems.
Um diesen Weg zu gehen und um Krieg und Aufrüstung ernsthaft etwas entgegenzusetzen, müssen wir uns zusammenschließen und uns über Staatsgrenzen hinweg organisieren - als Frauen, Lesben, trans, inter und nicht-binäre Personen und gesamtgesellschaftlich. Statt einer Logik der Machtaushandlung und auf Staaten bezogene „Lösungen", die die Probleme der Ungleichheit, der Naturzerstörung, der Feminizide und Misogynie nur verlängern und verschärfen, werden wir uns an einer Logik orientieren, die eine immer weitergehende Demokratisierung und Lösungen der sozialen Probleme der Gesellschaften für ein Leben ohne Dominanz anstrebt.
Nein zum Krieg! Nieder mit den Waffen!
Wir fordern einen sofortigen Stopp der Angriffe in der Ukraine und weltweite Entmilitarisierung! Konsequente Friedensprozesse für eine demokratische und gesellschaftliche Lösung - mit Beteiligung der organisierten Frauen und weiterer unterdrückter Geschlechter. Solidarität mit den demokratischen und feministischen Kräften sowohl in der Ukraine als auch in Russland! Nein zum Krieg. Nieder mit den Waffen. Weg mit der NATO.
Sorgen wir dafür, dass die Staaten ihre Interessen nicht weiter auf den Rücken der Bevölkerungen durchsetzen. Lasst uns zeigen, dass internationale Solidarität praktisch ist. Schaffen wir eine Öffentlichkeit für alternative Berichterstattungen von emanzipatorischen Kräften vor Ort. Unterstützen wir Menschen, die fliehen, Anarchist:innen, die sich während des Krieges in der Ukraine organisieren oder jene, die in Russland die verhafteten Anti-Kriegs-Demonstrant:innen im Gefängnis unterstützen. Lasst uns den Druck auf der Straße erhöhen und zeigen, dass wir uns gegen jeden imperialen Krieg stellen. Weder Russland noch die NATO - Feminismus bedeutet international gegen Faschismus, Krieg und Kapital und für das befreite Leben zu kämpfen.