[M] Aktuelle Informationen zu den rassistischen Mobilisierungen in Freimann

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Wacker

Seit vier Wochen ist Freimann, ein Stadtteil im Münchner Norden, Schauplatz rassistischer Kampagnen und Mobilisierungen gegen Flüchtlinge. Anwohner_innen und Nazis hetzen gegen die Bewohner_innen der Bayernkaserne in der sich die Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende befindet. Nachdem zunächst vor allem Anwohner_innen eine spontane Kundgebung gegen die Refugees veranstalteten und sich in einer – inzwischen  abgeschalteten – Facebookgruppe gegen die Asylsuchenden organisiert hatten, ist mittlerweile die neonazistische 'Bürgerinitiative Ausländerstopp' (BIA) um den Münchner Stadtrat und stellvertretenden NPD-Vorsitzenden Karl Richter auf den Zug aufgesprungen und veranstaltet eine Vielzahl von Kundgebungen.

Ein etwas ausführlicher Überblick über die Situation in Freimann findet sich hier.

In dieser Woche hatte die BIA vier Kundgebungen an zwei Tagen angekündigt, je zwei dienstags und donnerstags. Während die dienstäglichen Kundgebungen – von antifaschistischen Protesten begleitet – stattfanden, sagte Richter die Kundgebungen am Donnerstag kurzfristig ab: Der Münchner NPD-Kreisverbandsvorsitzende Detlef Wacker hatte eine halbe Stunde vor Beginn der ersten Kundgebung einen Herzinfarkt erlitten, an dem er kurz danach auch verstorben ist. Noch am vorherigen Dienstag hatte Wacker die Lautsprecheranlage der Nazis betreut und seinen Auto als Lautsprecherwagen gestellt.

Mittlerweile hat Karl Richter angekündigt seine Kundgebungsserie mit vier weiteren Kundgebungen kommenden Montag und Mittwoch fortzusetzen. Antifaschistische Gruppen rufen zu Gegenprotesten gegen die Nazikundgebungen auf. Bisher liefen die Antifaproteste vor Ort erfolgreich ab. Trotz der Taktik der Nazis schon am Nachmittag kurze Kundgebungen mit langem zeitlichen Abstand zu veranstalten und damit antifaschistischen Protest zu erschweren, wurden die Auftritte der Nazis immer von kraftvollen Gegenprotesten begleitet. So konnte eine Vernetzung lokaler rassistischer Anwohner_innen mit den Nazis der BIA erschwert oder gar verhindert werden. Die befürchtete Solidarisierung von Nazis und Anwohner_innen, die erstere schon von Hellersdorfer Verhältnissen träumen lies, konnte bis jetzt verhindert werden, obwohl die Äusserungen eines nicht unerheblichen Teils der Anwohner_innen auf erhebliche rassistische Potentiale im Viertel schließen lässt. Es hat sich also gelohnt, dass viele Antifas den – weiten – Weg in den Münchner Norden auf sich genommen haben, aber es wird auch noch einige Male notwendig sein.

Den Nazis der BIA geht bei ihren Kundgebungen buchstäblich das Personal aus. Und das nicht nur durch Wackers Tod, sondern auch durch den Rausschmiss Björn-Christopher Balbins, der aufgrund „mangelnder Hygiene“ in Ungnade fiel. Während bei der ersten Kundgebungsserie in Freimann am 9. August neben Richters Redebeiträgen Nazis Flugblätter an Passant_innen und Anwohner_innen verteilten, nahm die Beteiligung in der Folgezeit ab, Flugblattverteilungen konnten von Antifas besser gestört werden bzw. wurden von den Nazis nicht mehr versucht. Vergangenen Dienstag bestand die Nazikundgebung aus drei Personen, das einzige Programm war ein halbstündiger Redebeitrag Richters. Angesichts ihrer Mobilisierungsschwäche in den eigenen Reihen greifen die Nazis auf eine Taktik zurück, die auch der antimuslimisch-rassistische Hassprediger Michael Stürzenberger in München perfektioniert hat: Mit geringem Personalaufwand, einem PKW und einer Lautsprecheranlage lange, rassistische Monologe halten. Es wird sich zeigen in wie fern der Tod Wackers bei den Nazis zu einem Solidarisierungseffekt führen wird oder ob die Nazis ohne Wacker und sein Auto als Lautsprecherwagen handlungsunfähig werden.

Nichtsdestotrotz wird es wichtig sein, dass Antifas auch in nächster Zeit in Freimann aktiv sind und der rassistischen Hetze von Nazis und Anwohner_innen eine Solidarisierung mit den Refugees entgegen setzen.

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