[S] Flashmobaktion - 150 Jahre Pariser Kommune – Revolution ist noch immer notwendig!

Am Nachmittag des 28. Juni haben wir mit einer kleinen Flashmobaktion an die Niederschlagung der Pariser Kommune vor genau 150 Jahren erinnert. Am Kaiser-Wilhelm-Reiterstandbild in der Stuttgarter Innenstadt hielten wir eine Rede zur Bedeutung der Pariser Kommune und haben anschließend das protzige Herrschaftssysmbol mit Plakaten zur Erinnerung an bekannte Kommunard:innen und mit einem Transparent mit der Aufschrift "150 Jahre Pariser Kommune – Revolution ist notwendig!" verschönert. In der vorangegangenen Nacht haben Aktivist:innen dem Kaiser außerdem eine Henkersmaske übergezogen um auf den mörderischen Charakter deutscher Großmachtsphantasien hinzuweisen.

Zum Hintergrund der Aktion:

 

Auf dem Stuttgarter Karlsplatz steht seit 1898 ein Reiterstandbild des ersten deutschen Kaisers Wilhelm I. Die Gestaltung und Beschriftung des Denkmals stellt einen engen Zusammenhang mit dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) und mit der deutschen Reichsgründung in Versailles (18.01.1871) dar. Dieses Denkmal steht für deutschen Chauvinismus, deutschen Großmachtanspruch und für deutschen Kolonialismus.

 

Im unmittelbaren Nachgang auf den Deutsch-Französischen Krieg und die Reichsgründung erhob sich das Pariser Proletariat. Am 18. März 1871 jagte die revolutionäre Bewegung die Bourgeoisie aus der Stadt und machte sich daran, den Staat umzukrempeln und nach sozialistischen Grundsätzen und im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung eine neue Gesellschaft aufzubauen. Die Pariser Kommune, eine Art revolutionäres Stadtparlament, wurde aus der Traufe gehoben. Die revolutionären Aktivist:innen hatten lediglich 72 Tage Zeit, ihre sozialistische Vision in die Tat umzusetzen. Sie wurden schon bald von den Truppen der reaktionären französischen Regierung bedrängt und schließlich angegriffen. Massiv unterstützt wurden sie dabei von den Armeen Wilhelm I.. Reichskanzler Bismarck sorgte dafür, dass die benötigten französischen Truppen durch den deutschen Belagerungsring nach Paris kommen konnten und bot sogar einen gemeinsamen Angriff auf die Kommune an. Nach heldenhaften Abwehrkämpfen auf den Barrikaden von Paris wurden die Revolutionär:innen schließlich niedergeworfen. Am 28. Mai 1871 fielen die letzten Barrikaden des revolutionären Paris. Ca. 30.000 proletarische Kämpfer:innen wurden bestialisch ermordet.

 

Als revolutionäre Kommunist:innen verabscheuen wir das Andenken an die blutige Geschichte der herrschenden Klasse im Deutschen Reich. Stattdessen gedenken wir den Kämpfer:innen der Pariser Kommune. Wir erinnern an die Errungenschaften der revolutionären Bewegung. In der kurzen Zeit ihres Bestehens machten sie sich daran, den bürgerlich-reaktionären Staatsapparat zu brechen und durch neue Elemente der Rätedemokratie zu ersetzen. Die Polizei der alten Gesellschaft wurde abgeschafft und durch proletarische Sicherheitsorgane ersetzt. Die Frauen in der revolutionären Bewegung spielten eine zentrale Rolle. Sie gründeten mächtige Frauenorganisationen und engagierten sich in der Neuorganisation aller Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Die Organisation der Arbeit, die Verteilung lebensnotwendiger Güter und der Aufbau eines für alle Menschen zugänglichen Bildungs- und Gesundheitswesens zählten dazu. Auch bei der Verteidigung des revolutionären Paris standen die Frauen mit den Waffen in der Hand hinter den Barrikaden. Die Kommunard:innen enteigeneten die mächtige Kirche und Fabrikanten, die bei Ihrer Flucht aus der Stadt ihre Betriebe zurücklassen mussten. Diese wurden fortan von solidarischen Kooperativen weitergeführt. Mietschulden wurden erlassen, Zwangsräumungen wurden verboten und leerstehende Wohnungen wurden Obdachlosen und Arbeiter:innenfamilien zugeteilt. Das Grundrecht auf ein Dach über dem Kopf wurde so für alle Menschen umgesetzt. Die Grundpfeiler der bürgerlich-kapitalistischen Eigentumsverhältnisse wurden also in Frage gestellt, an mancher Stelle wurden sie auch schon umgesägt.

 

Nicht zuletzt sagen wir, dass eine Revolution – damals wie heute – möglich, gerechtfertigt und notwendig ist. Gerade im Angesicht der letztdendlichen Niederlage von 1871 sehen wir, dass wir aus den Fehlern vorangegangener Versuche lernen müssen um es beim nächsten Anlauf besser zu machen und eine befreite, klassenlose Gesellschaft dauerhaft und nachhaltig zu verwirklichen. Wir schließen mit einem Zitat der überlebenden Kommunardin Louise Michel:

Glaubt ihr wirklich, dass alle Erinnerung unter der Erde begraben bleibt, dass das vergossese Blut nie Blüten treibt, wenn der Kampf wieder aufgenommen wird?

 

Lesetipp zur Pariser Kommune: Wenn der Kampf wieder aufgenommen wird! - Die Pariser Kommune 1871 von Perspektive Kommunismus

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