Die Bedeutung des antifaschistischen Kampfes
Grundsätzlich ist es wichtig, dass wir bei all dem Widerstand, den wir leisten an erster Stelle unser Ziel vor Augen haben und erst an zweiter Stelle über die drohende Repression des Staates nachdenken und uns damit schwächer machen, als wir eigentlich sind.
Die Bedeutung des antifaschistischen Kampfes
Der Faschismus kann als Mittel zum Zweck gesehen werden, um die Grenzen der kapitalistischen, neoliberalen und patriarchalen Gesellschaftsordnung aufrechtzuerhalten. Er lässt sich als rechtsextreme, chauvinistische Ideologie beschreiben, in der ein Nationalstaat unter einer Führungsperson idealisiert wird, während andere politische Ideologien, Bevölkerungsgruppen und andere Glaubensrichtungen abgewertet und verfolgt werden. Es wird sozusagen ein Feindbild kreiert, mit dem Antipropaganda gegen die verfolgten und kriminalisierten Bevölkerungsgruppen ausgeübt wird. In der faschistischen Ideologie wird versucht, alle Menschen, Kulturen und Glaubensrichtungen, die von dem vorgegebenen Ideal abweichen, zu integrieren, sprich zu assimilieren. Wo dies nicht gelingt, setzt die Verfolgung und Vernichtung ein. Gewalt, patriarchal geprägte Bilder von Männlichkeit und Einheit werden idealisiert. Alles was diese Einheit zerstören könnte entspricht dem Feindbild des faschistischen Regimes. Die Entstehung von Faschismus kann mit einem Blick auf die Geschichte des Widerstands als Antwort der herrschenden Mächte auf den Beginn revolutionärer Bewegungen gedeutet werden. Demnach wird mit dieser Ideologie die Sicherheit des Staates bewahrt und gefestigt.
Geschichtlich wird oft davon ausgegangen, dass Mussolini das erste faschistische Regime mit seiner Machtübernahme am 29. Oktober 1922 in Italien aufgebaut hat. Der Begriff Faschismus leitet sich auch aus dem italienischen ab und die Definition wurde stark vom italienischen Faschismus der Schwarzhemden geprägt. Die faschistische Ideologie in Italien wurde immer wieder als eine revolutionäre Strömung beschrieben, in der die tatsächliche soziale Ordnung nicht verändert wird. Auch das kann als ein generelles Merkmal faschistischer Ideologien bewertet werden und festigt die These, dass der Faschismus von den herrschenden Mächten als Mittel eingesetzt wurde um die konservative und rechtsnormative Gesellschaftsordnung zu festigen. Faschismus ist eine Antwort auf Revolten und Revolutionen sozialer Bewegungen, die das bestehende System stürzen und verändern wollen. Scheinbar revolutionär, stabilisierte der Faschismus wiederum nur die ins wanken geratene soziale Ordnung und schützte somit die Macht der herrschenden Klasse.
Auch in den neoliberalen Nationalstaaten sind faschistische Grundzüge mehr oder weniger stark verwurzelt. So basieren sämtliche Nationalstaaten auf der Gurndannahme der Homogenität einer Nation, mit einer gemeinsamen Sprache, Kultur, Glauben und einem gemeinsamen angestammten Lebensraum. Neoliberale Nationalstaaten, die nicht direkt als faschistisch bezeichnet werden können, haben dennoch immer faschistische Tendenzen. Die Assimilation anderer Bevölkerungsgruppen, Glaubensrichtungen und Kulturen findet auch hier statt. Das Bild einer scheinbaren Demokratie ist leicht umzuwerfen, da es hier nach Ugo Palheta nicht um die Demokratie selbst geht, sondern um eine Akkumulation von Geld im Namen der Demokratie. Die scheinbare Freiheit, alles machen und alles sagen zu können richtet sich nur an das Bürgertum und die herrschende Klasse. Doch selbst die unteren Klassen wachsen in dem Glauben auf, dass sie alles machen können und richten sich somit nach dem Ideal der bürgerlichen Mitte und versuchen sich diesem Ideal immer weiter anzunähern. Diese angebliche Freiheit stabilisiert das Herrschaftssystem wiederum, in dem die Bevölkerung in dem Glauben gelassen wird frei zu sein und der Gedanke an eine Veränderung ist mit diesem scheinbaren Erreichen von Freiheit nicht mehr notwendig, sprich kein Mensch denkt mehr an eine Revolution und eine Veränderung der bestehenden Verhältnisse. Allein diese Merkmale des neoliberalen Nationalstaats stellen seine Verflechtung mit der faschistischen Ideologie sehr gut dar.
Die Türkei trägt ihre faschistischen Ansichten offen nach außen, die seit dem Aufbau dieses Nationalstaates immer weiter verfestigt wurden. Auch wenn größtenteils davon ausgegangen wird, dass Faschismus in Italien entstanden ist, wurde hier schon viel früher damit begonnen faschistischen Ideologien zu festigen. Die bestehende Denkweise um die Entstehung von Faschismus ist sehr eurozentristisch geprägt. 1908 kam in der Türkei das Komitee für Einheit und Fortschritt an die Macht, auch bekannt als Ittihad ve Terraki, welches nachweislich die treibende Kraft hinter dem Genozid an den Armeniern zwischen 1915 und 1916 war. Zwischen 800.000 und 1,5 Millionen Armeniern wurden in diesen Jahren deportiert und ermordet. Sie ist als wichtigste Partei der Organisierung der Jungtürken bekannt, die danach strebten das mystische osmanische Großreich zu erschaffen und diesen Traum mittels des Turanismus, der Vereinigung aller Turkvölker in einer Nation, umzusetzen. Durch einige deutsche Symphatisanten, wie zum Beispiel Hans Humann, der selbst in der Türkei lebte, wurden die Bewegung immer mehr durch konservative und nationalistische Ideologien beeinflusst. Kurze Zeit später setzte eine gewaltige rassistische Verfolgung nicht-muslimischer Bevölkerungsgruppen ein. Kemal Atatürk kam 1923 an die Macht, er war die erste Führungsspitze innerhalb der neu gegründeten türkischen Republik und sympathisierte seit seiner Jugend mit der Bewegung der Jungtürken. In seiner behielt er Schlüsselelemente des vorherigen Osmanischen Reiches bei, wie zum Beispiel die autoritäre Staatsführung durch die Vorherrschaft des Militärs und der Beamtenschaft. Europäische faschistische Strömungen orientierten sich an der Umsetzung des Faschismus in der Türkei. Auch Hitler nahm sich ein Vorbild an Atatürk und beschrieb ihn einmal als leuchtenden Stern in seiner Münchner Kampfzeit.
Seitdem hat sich der Faschismus im türkischen Staat immer weiter entwickelt und hat unterschiedlichste Formen angenommen. Doch auch hier ist die faschistische Ideologie ein Mittel der herrschenden Mächte, um einen Kult der Stärke und der Einheit um Erdogan und die Koalition zwischen der AKP, welcher unter anderem Erdogan angehört und der MHP, in der sich die Gruppierung der Grauen Wölfe befindet, zu festigen. Die Expansion des Neo-Osmanischen Reiches wäre ohne die unermessliche Gewalt und Unterdrückung durch Spezialkrieg und die Besatzung anderer Bevölkerungen nicht möglich.
Der faschistische Staat der Türkei wird von vielen anderen Nationalstaaten auf der ganzen Welt unterstützt. Deutschland, die USA, Großbritannien, Israel und viele andere Länder liefern jährlich riesige Waffenexporte in die Türkei und unterstützen somit die Invasion in den befreiten kurdischen Gebieten und angrenzenden Nationalstaaten. Außerdem gibt es diplomatische, finanzielle und politische Unterstützung. Die Unterstützung der Türkei ist ein klares Statement gegen das freie Leben, gegen den Aufbau von Demokratie und gegen die Befreiung vom Patriarchat weltweit!
Das größte Feindbild der Türkei ist die kurdische Bevölkerung, welche lange Zeit unterdrückt und kolonisiert wurde und die sich unter der Bildung der PKK immer weiter organisiert hat und in einen ernstzunehmenden Widerstand gegen die faschistische Türkei getreten ist. Unter dem Ideal „eine Kultur, eine Religion und ein Volk“ versuchte die Türkei auch die kurdische Bevölkerung zu assimilieren. Nachdem dies nicht gelang, wurde zum Beispiel in Dersim 1938 nach deutschem Vorbild und unter tatsächlicher Unterstützung Giftgas gegen die sich auf ihre Autonomierechte berufende kurdisch alevitische Bevölkerung eingesetzt um diese zu vernichten. Die Assimilation unterschiedlichster Völker in den türkischen Staat wurde mit verschiedensten Mitteln vorangetrieben. So wurde beispielsweise die Kurdische Sprache kurzerhand verboten und in den Schulen lernten kurdische Kinder nur noch Türkisch. Es wurde versucht sie von ihrer Kultur zu entreißen und sie in eine andere Kultur zu integrieren.
Mit der Freiheitsbewegung Kurdistans und der revolutionären Kräfte des Mittleren Ostens wurden autonome, selbstverwaltete Gebiete erkämpft und verteidigt.
Nach einigen Niederlagen der faschistischen Türkei in den autonomen Regionen Kurdistans während der letzten Jahre, nehmen die Angriffe auf die antifaschistischen Kämpfe in Nordostsyrien, in den Bergen Süd- und Nordkurdistans und in Europa immer mehr zu. Im Juni startete die Türkei zwei neue Bodenoffensiven in Südkurdistan in der Region Heftanin. Seitdem wurde dort immer wieder mit Drohnen und Kampfflugzeugen bombardiert und einige Militärbasen der türkischen Armee aufgebaut. Die Bevölkerung wird systematisch angegriffen in einer Zusammenarbeit mit islamistischen Banden. Am 23. Juni wurde ein Drohnenangriff in Kobane auf drei Zivilistinnen gemeldet, die dabei alle ihr Leben lassen mussten. Im Zusammenhang damit fand einige Tage später eine feministische Aktion in Wien statt, die von türkischen Nationalisten angegriffen wurde. Einige Tage darauf attackierten zudem etwa 250 türkische Faschisten das EKH, ein linksautonomes Zentrum in Wien. Im August griff die Türkei die Regionen Sengal, Mexmur und Quandil an. Außerdem gab es einen Drohnenangriff auf eine Fabrik in Quamislo um die direkte wirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung in Rojava zu sabotieren. Auch im letzten Monat wurden vermehrt Zivilisten Opfer von Drohnenschlägen und in den Regionen um Minbic und Ain-Issa gab es zwischenzeitlich täglich Bombenanschläge, Artillerieangriffe und einen Versuch der Übernahme durch islamistische Banden. In den letzten Tagen kam es zu Proteste in den besetzten Gebieten Serekanye und Afrin, nachdem ein Lehrer in Frankreich geköpft wurde, da er in seinem Unterricht die islamophoben Karikaturen von Charlie Hebdo gezeigt hatte. Erdogan rief aus diesem Grund zum Boykott von Frankreich auf, woraufhin während der Proteste in den besetzten Regionen französische Flaggen verbrannt wurden und Islamisten offen auf der Straße ihre Daeshflaffen zeigen und ihre Parolen rufen konnten. Am gleichen tag fanden auch Proteste in Deir ez-Zor statt. Auch dort wurden erneut Daeshflaggen offen auf der Straße gezeigt.
Mit der Toleranz vieler Nationalstaaten gegenüber der Türkei werden indirekt alle faschistischen Machtübernahmen und Angriffe in der ganzen Welt legitimiert und toleriert. Der Einfluss des MIT in vielen europäischen Staaten, das Erstarken der AFD in Deutschland und der FPÖ in Österreich und auch die enge Freundschaft zwischen Erdogan und der ungarischen Diktatur unter Victor Orban, lassen an der voranschreitenden Normalisierung von faschistischen Strömungen keinen Zweifel. Dies ist nur ein kleiner Bruchteil der momentanen Prozesse. In Polen wird die patriarchale Herrschaft gestärkt und Frankreichs Politiker sprechen offen über ihre faschistischen Ansichten und wie sie die islamistischen Anschläge ausnutzen wollen um das extrem rechtsnormative Einheitsbild immer weiter in der Bevölkerung zu festigen.
Der antifaschistische Kampf ist eine Antwort auf diese Angriffe gegen das Leben. Der Widerstand gegen das faschistische, patriarchale und neoliberale System ist überlebenswichtig und kann Alternativen gegenüber der vorherrschenden und der vom Staat diktierten Gesellschaftsordnung geben. Die gesellschaftlichen und systemischen Normen, die durch die herrschenden Mächte bestimmt werden, können nur mit einer weltweiten Revolution beantwortet und vernichtet werden. In den Bergen Süd- und Nordkurdistans und in Rojava wird der antifaschistische Kampf auf eine neue Ebene gehoben und es findet ein erster Schritt hin zu einer weltweiten Veränderung der momentanen Verhältnisse statt. Die Bildung einer revolutionären Einheitsfront gegen den türkischen Faschismus, findet ihren Ausdruck in dem Zusammenschluss einiger türkischer linker Gruppen zusammen mit der PKK in der HBDH. Die revolutionäre Einheitsfront HBDH gründete sich 2016 und leistet seitdem aktiven Widerstand in allen Formen gegen Imperialismus, Faschismus, Rassismus, Kapitalismus und Konservatismus.
Dieser Befreiungskampf ist ein Vorbild für alle antifaschistischen Kämpfe in der ganzen Welt. Die Revolution ist nicht nur eine Revolution für die Befreiung der kurdischen Bevölkerung, sondern eine weltweite Revolution für die Befreiung vom der modernen Krankheit des Kapitalismus, der konsumorientierten Einstellung der Gesellschaft, von dem Patriarchat und dessen Unterdrückung der Frauen weltweit und von der egoistischen individualistischen Lebensweise, in der wir den Blick nicht mehr von uns selbst richten können, hin zu einem wirklich freien Leben ohne herrschende Mächte, die uns das eigenständige Denken und ein diverses Leben untersagen!
Als Internationalistinnen, die sich als Teil dieser Revolution sehen wollen wir von diesem Kampf lernen um auch in der restlichen Welt eine stärkere Organisation der Gesellschaft und eine Veränderung der bestehenden systemischen Ordnung zu schaffen.
Während in Europa überwiegend direkte Aktionen und Abwehrkämpfe gegen staatliche Repressions- und Einengungsversuche überwiegen, wird hier tiefergehend auf verschiedenen Ebenen gearbeitet. Die Befreiung vom Patriarchat, die Beteiligung an ökologischen Kämpfen gegen die voranschreitende Klimazerstörung und eine militante Lebensweise sind Teil des antifaschistischen Kampfes und dürfen hierbei nicht ausgeklammert werden.
Aber wie sieht eine antifaschistische Organisierung mit revolutionären Werten aus?
Wenn wir wir uns stärker zusammenschließen und nicht mehr einzelne kleine Teile der Welt und ihre Kämpfe betrachten, wenn wir aufhören uns schon in den kleinsten Einheiten in Städten in kleine Gruppen zu spalten, die nicht miteinander arbeiten können und in einem ewigen Konflikt zueinander stehen, dann verlieren wir unsere momentane Ohnmacht und Schwäche, die vor allem in Europa gegenüber dem herrschenden System deutlich zu erkennen ist. Hoffnung und Utopien sind eine Antriebskraft in unserem Kampf, die nicht zu unterschätzen ist. Wir müssen uns weg bewegen vom Nihilismus und der neoliberalen Einstellung, dass wir nur aus Selbstzweck kämpfen und und selbst dabei keinen Glauben mehr an eine Verwirklichung unserer Ziele haben. Der Kampf aus Selbstzweck ist ein liberaler antifaschistischer Kampf, mit dem wir halbherzig dort aufhören wo es für uns selbst unbequem werden könnte, in dem wir uns konsequent von der drohenden Repression des Staates einschränken lassen und uns somit in einem legalen Rahmen bewegen, den der Staat uns vorgibt. Es sollte klar sein dass damit gar nichts verändert wird.
Um die herrschenden Mächte mit ihrem enormen technologischen Fortschritt und ihren riesigen Armeen schlagen zu können, braucht es den Aufbau einer Gegenmacht, die es mit diesem Monstrum aufnehmen kann. Allein durch Blockaden, durch Demonstrationen und vereinzelte kleine Aktionen wird dieses Monstrum nicht sterben. Die ideologische Weiterbildung von uns selbst und der Gesellschaft und alle anderen Methoden und Aktionen mit denen wir Tag für Tag gegen dieses System ankämpfen, sollten nicht vernachlässigt werden und nicht in den Hintergrund rücken.
Wie wollen wir leben? Wie schaffen wir es unseren Individualismus zu überwinden und einen genossenschaftlichen Kollektivismus miteinander zu schaffen? Was bedeutet Organisierung? Welche revolutionären antifaschistischen und antipatriarchalen Kämpfe finden und fanden auf der ganzen Welt statt? Was können wir von diesen Kämpfen lernen und was sollten wir anders machen und vor allem wie können wir die momentanen revolutionären Prozesse in der Welt stärker unterstützen und mehr daran teilnehmen?
Vor allem das Verstehen unserer Gesellschaft, unserer Kultur und Geschichte ist ein erster guter Schritt hin zu einer Veränderung. Ohne ein Grundverständnis dieser Dinge ist eine Veränderung unmöglich. Genauso wichtig ist es dem herrschenden System ihre Orte zu nehmen an denen sie ihre faschistische, patriarchale und neoliberale Ideologie weiterverbreiten. Also lasst uns die Orte zurücknehmen, die der Staat und die Faschisten für sich vereinnahmt haben, dazu gehören die Schulen, die Dörfer und Jugendzentren und vor allem auch die Viertel aus denen wir gegangen sind, weil zu viele Faschisten diese für sich vereinnahmt haben.
Grundsätzlich ist es wichtig, dass wir bei all dem Widerstand, den wir leisten an erster Stelle unser Ziel vor Augen haben und erst an zweiter Stelle über die drohende Repression des Staates nachdenken und uns damit schwächer machen, als wir eigentlich sind.
Lasst uns zusammen aufstehen gegen die weltweite Ausbreitung des Faschismus und für die Verteidigung und den Aufbau der Revolution!
Smash turkish and worldwide fascism!