Zusammenstöße vor Athener Universität
Am frühen Samstagmorgen des 26. August ist es in der Umgebung der Polytechnio Universität in Athen zu Auseinandersetzungen zwischen ungefähr fünfzig Anarchist*innen und vielleicht doppelt so vielen Beamten der Bereitschaftspolizei gekommen. Ursächlich dafür ist die seit einem Monat andauernde Untersuchungshaft von Panagiotis Z., der am 25. Juli vor der Wohnung eines Freundes verhaftet wurde.
Dutzende Zivilfahnder hatten sich auf die Lauer gelegt um den Anarchisten zu ergreifen. In dem Verfahren bedient sich die Polizei des in Griechenland nicht unüblichen Konstruktes eines „anonymen Hinweises“. Wie auch in anderen Verfahren, z.B Marfin Bank Fall https://en-contrainfo.espiv.net/2013/07/08/athens-text-of-a-comrade-indi... oder im Fall des kürzlich nach fünf Jahren U-haft freigesprochenen Thasos Theofilou http://www.aljazeera.com/indepth/features/2017/07/greece-releases-jailed... behauptet die Polizei einen Hinweis bekommen zu haben, der Panagiotis Z. für die Brandstiftung an einem Löschfahrzeug im Zusammenhang mit Unruhen bei einem Generalstreik 2012 verantwortlich macht. Kürzlich hatte bereits das skandalöse Urteil gegen Irianna für Unmut gesorgt, die ohne Beweise zu 13 Jahren Haft wegen ihrer Freundschaft zu einem freigesprochenen Anarchisten verurteilt wurde. https://www.youtube.com/watch?v=LsXCq4qpbO4 Der Haftbefehl gegen Panagiotis Z. wurde wegen angeblicher Fluchtgefahr erlassen, weil das Gericht behauptet Panagiotis habe keinen festen Wohnsitz. Bereits bei seiner Vorführung vor dem Haftrichter kam es zu Auseinandersetzungen zwischen solidarischen Menschen und der Polizei.
Die Solidaritätsversammlung zu diesem Fall schreibt dazu in einem u.a. auf actforfree http://actforfree.nostate.net/?p=27917 verbreiteten Text:
„Die Verhaftung des Genossen und der Zeitpunkt sind nicht zufällig. In einer Zeit, in der die soziale Mehrheit zunehmend von den Forderungen der ökonomischen Tyrannei versklavt wird und sich die sozialen und Klassenwidersprüche verschärfen, ist die staatliche Maschinerie aufgefordert einer Vielzahl von Herausforderungen zu begegnen, welche die heimische kapitalistische Normalität bedrohen, wozu die steigenden Aktionen der Anarchist*innen gehören, den inneren Feinden der Demokratie. Die Aufstände der Migrant*innen in Abschiebelagern und die anhaltende Mobilisierung in den griechischen Knästen sind Ausdruck des tobenden sozialen Konflikts. Die Menschen des Aufstands und der Anarchie, die sich nicht der linken Regierung ergeben haben und gefährliche Feinde von Staat und Autorität bleiben, werden von den Kräften des Regimes angegriffen, deren Interessen sich – trotz interner Konflikte – in der Bekämpfung der Anarchist*innen bündeln.
Folglich sind die Ausbreitung der aufständischen/revolutionären Aktionen im Stadtgebiet und die Versuche eine subversive Vision wieder aufzubauen unvermeidbar mit den verschiedenen politischen Kräften der Aufstandsbekämpfung und Counter-Revolution konfrontiert. Von der anti-anarchistischen Rhetorik der Politiker und Journalisten und dem Erscheinen Regime-freundlicher Gruppen von empörten Bürgern, bis zur Räumung von Squats und der vorbestimmten Verurteilung der Justizmafia gegen die politischen Gefangenen, wird hier versucht diejenigen einzuschüchtern, die Widerstand leisten, rebellieren, revoltieren – um so den Weg zur bevorstehenden Eskalation der Repression zu ebnen, mit Unterstützung durch die Unterwürfigkeit der friedlichen Zuschauer. Als Ergebnis gibt es gezielte Repression der diversen antistaatlichen Zusammenhänge, zu denen Panagiotis gehört.
Weit entfernt von der Logik ungerechter Behandlung und Gehorsam und gegen die Frage von Unschuld und Schuld, ist unsere Position klar. Wir stehen zu jenen, die mit Wut und Gewissenhaftigkeit gegen das existierende System der Unterdrückung und Ausbeutung kämpfen, gegen alle Formen der Autorität. Jeder Schlag gegen Einen von uns ist ein Schlag gegen uns alle und wird nicht ohne Antwort bleiben. Wir rufen zur Solidarität mit unserem Genossen Panagiotis Z. auf und zu Soliaktionen.“
In Folge dessen kam es dann auch am 29. Juli 2017 zu einem Angriff auf das Haus des Ministers Alekos Flabourari und seiner Bewacher am Rand des Stadtteils Exarchia. Dabei wurde ein Jeep der OPKE Spezialeinheiten mit Molotovs zerstört. Hier die Erklärung dazu:
„Anschlagserklärung zum Angriff auf Polizeieinheiten in der Voulgaroktonoustraße
Am 29. August haben wir mittags die Schweine der Militärpolizei in er Voulgaroktonoustraße angegriffen. Das leere Haus von Flambourari ist der Vorwand für ein Zeichen der Kontrolle und Stützpunkt von ELAS in der Gegend. Der Staat versucht fanatisch die Polizeiherrschaft in Exarchia durchzusetzen um einen Ausgleich zu den vermehrten selbstorganisierten Häuser und dem freien öffentlichen Raum zu schaffen. Ihre Vision ist es demonstrativ die Kader und Elite einer verkommenen Kultur in Umlauf zu bringen.
Die Kontrolle der Nachbarschaft ist Teil einer weiteren Repression gegen die Revolte. Innerhalb dieses Rahmens fügt sich auch die provokative Untersuchungshaft eines Kämpfers ein: Die von Panagiotis Z.
Verteidigen wir die Strukturen des Kampfes, der Gemeinschaft, unserer Viertel und unsere Gefährten mit jedem Mittel
Weder in Exarchia noch sonstwo, zerschlagt die Schweine in jedem Viertel
Freiheit für die gefangenen Kämpfer
Anwohner und Besucher von Exarchia“ (https://athens.indymedia.org/post/1576656/)
In den Medien wurde die Anschlagserklärung hierzu und zu einem weiteren Angriff auf einen Radiosender am 3. August dokumentiert http://www.kathimerini.gr/922231/article/epikairothta/ellada/ta-paraleip... , um sodann den Beschuldigten zu verunglimpfen und alle Angriffe gegen das Haus des Ministers zu aufzuzählen http://www.newsit.gr/egklhma/analipsi-eythynis-gia-tin-katadromiki-epith... , in dem vergeblichen Versuch für diesen positive Gefühle in der Öffentlichkeit zu produzieren. Das gehört in Griechenland zum üblichen Umgang in Verfahren gegen Anarchist*innen, zu gefakten „Beweisen“ der Polizei liefert die Presse eine entsprechende Schmutzkampagne.
Nachdem es der Bereitschaftspolizei am Samstagmorgen des 26. August nach drei Stunden nicht gelungen war die Unruhen vor der Universität zu beenden und sich die Angreifer*innen zurückzogen, revanchierte sich die Polizei der SyrizAnel Regierung am gleichen Abend noch mit der großzügigen Verbreitung von Gas in den umliegenden Straßen. Zuvor hatte es kleinere Scharmützel mit wenigen Vermummten gegeben. Anwohner*innen, die das aus der Ferne beobachteten wurden dann angegriffen.