Insolvenz von Westinghouse droht der EU-Atombranche mit Erschütterung
Der Geschäftszusammenbruch von einem der weltgrößten Kernstoffproduzenten, Westinghouse Electric Corporation, ist eine ernsthafte Bedrohung für die ganze europäische Energiewirtschaft. Dazu wurde erst gesprochen, nachdem das Gericht den Antrag von Westinghouse, die Kredithilfe auf ihre europäischen Außenstellen umzuverteilen, abgelehnt hatte und einige Aktionäre der Korporation ihre Unzufriedenheit mit den Ausgaben für die Erzeugung der Brennelemente zum Schaden des Aufbaus von großen Energiekomplexen in den USA geäußert hatten. Später erschienen die konkreten Informationen über die Probleme der Firma mit der Kernstoffherstellung in einem Brief vom Präsidenten der ukrainischen NNEGC Energoatom, Jurij Nedaschkowskyj.
Sehr geehrter Ihor Stepanowitsch,
ich möchte Ihnen mitteilen, dass die USA nach den letzten Angaben die Entscheidung getroffen haben, dem Unternehmen Westinghouse Electric Sweden AB staatliche Unterstützung unter Bedingungen der strategischen Betriebsumstrukturierung, Problemlösung im Bereich vom Bauen der Kernreaktoren und Umorganisierung der Produktion zu leisten. Während des nächsten Monats plant die Westinghouse Electric Corporation einen neuen Fünf-Jahres-Geschäftsplan auszuarbeiten. Auf Grund von neuen Umständen haben wir uns Kontakt mit den Vertretern von Westinghouse Electric Sweden AB aufgenommen. Sie haben uns erneut versichert, dass das Insolvenzverfahren das Funktionieren der Tochterunternehmen in Europa nicht beeinflussen und zu ihrer Abschaltung nicht führen wird. Dennoch prognostizieren die schwedischen Partner eine erhebliche Kürzung der Lieferungen von Brennelementen aus den USA. Als Folge kann das Unternehmen in Västerås gegenwärtig die Lieferung von nur drei von sechs für das Jahr 2017 geplanten Kernstoffchargen an die Ukraine sichern. In diesem Zusammenhang schlägt NNEGC Energoatom vor, die Planauflage für Kernstofferzeugung in den Kernkraftwerken Süd-Ukraine und Saporischschja im Jahre 2017 um 40% zu reduzieren. In solchem Regime könnten die Energieunternehmen bis zur Unterfertigung der Verträge mit anderen Brennstofflieferanten oder bis zu einer Sonderverordnung von dem ukrainischen Ministerium für Energie und Kohleindustrie funktionieren.
Gleichzeitig möchte ich Sie benachrichtigen, dass die Westinghouse Electric Corporation das Weiterbildungsprogramm für die Fachkräfte der gesonderten Betriebsstätte "Atomremontservice" in der Ukraine zeitweilig eingestellt hat. Während der regelmäßigen gemeinsamen Übungen zur Brennstoffinspektion erhielten die ukrainischen Mitarbeiter internationale Zertifikate, die der gesonderten Betriebsstätte "Atomremontservice" die unabhängige Verwendung des von der Westinghouse Electric hergestellten Stands für die Inspektion und Reparatur von Brennelementen ermöglichten. Wegen des anhaltenden Mangels an qualifizierten Mitarbeitern und der Beendung von der Zusammenarbeit mit den Westinghouse-Instrukteuren wird die im Juni 2017 von der gesonderten Betriebsstätte "Atomremontservice" durchgeführte Inspektion des Reaktorblocks 5 des AKW Saporischschja die letzte in diesem Jahr sein. Es gibt keine Möglichkeit, die Inspektion der anderen Reaktorblöcke durchzuführen. Außerdem wird die Fertigstellung des Stands für die Inspektion und Reparatur von Brennelementen auf unbestimmte Zeit verschoben, die für die Kontrolle der Brennelemente von A-Typ und für die Durchführung von Planinspektionen der Reaktorblöcke während der Großreparaturen notwendig ist. Am 26. Mai 2016 kündigte die Westinghouse Electric Corporation den Vertrag für die Lieferung der Ausrüstung für die Reinigung des Dampf-Gas-Gemisches, der im März dieses Jahres mit der gesonderten Betriebsstätte "Atomkomplekt" abgeschlossen worden war. Im elektronischen System ProZorro wird aufs Neue ein Rückwärtsauktion für den Verkauf von Filtergeräten, Gasgeneratoren und Destillationsreinigern für das Kernkraftwerk Süd-Ukraine durchgeführt. Meiner Meinung nach lohnt es sich, im Zusammenhang mit der Aussetzung von Brennstoffinspektionen und dem Scheitern der Ausrüstungsversorgung eine Sondersitzung des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates zu den Fragen der Gewährleistung von sicherem Funktionieren des AKW abzuhalten.
Ich möchte Sie benachrichtigen, dass NNEGC Energoatom die Informationen über das Insolvenzverfahren von Westinghouse Electric täglich untersucht. Unsere Firma ist zu jeglichen Änderungen auf dem Atombrennstoffmarkt bereit und bringt das Verständnis für die Probleme unserer strategischen Partner auf. Dabei sind die Vertreter von Westinghouse Electric Sweden AB bereit, den Vertrag mit NNEGC Energoatom zu abzuändern. Das könnte helfen, die wirtschaftlichen Auswirkungen im Falle der Nichterfüllung der Verpflichtungen zu Kernbrennstofflieferungen und Brennelement-Service zu verhindern.
Ich möchte Sie bitten, sich über die Vertragsüberprüfung zu äußern und Ihre Vorschläge über die Arbeitsweise der Kernkraftwerke unter Berücksichtigung des Brennstoffmangels und der Unmöglichkeit, Brennelementinspektionen der Reaktorblöcken weiter durchzuführen, zu machen.
Das Tochterunternehmen der amerikanisch-japanischen Korporation in Västerås kann um die Einzelteile aus den USA kommen, was zur Einschränkung der Brennelementproduktion für die ukrainischen Kernkraftwerke führen wird. Die ukrainischen Energetiker benutzen den Westinghouse-Brennstoff im dritten Kernenergieblock des AKW Süd-Ukraine und im fünften Kernenergieblock des AKW Saporischschja. Die Ukraine wollte bis Ende 2017 noch drei Reaktorblöcke des AKW Saporischschja mit dem Brennstoff beladen. Nun muss NNEGC Energoatom wegen des Scheiterns der Brennstoffversorgung aus Schweden die Kapazität von den zwei größten ukrainischen Kernkraftwerken um 40% reduzieren. Dabei stellt Westinghouse die Ausbildung von den ukrainischen Spezialisten im Bereich der nuklearen Sicherheit ein. Die Veränderung der Arbeitsweise der ukrainischen Kernreaktoren und die Unmöglichkeit der Brennelementinspektionen können Störfälle in den AKW verursachen und werden zum Ausfall der veralteten Energieblöcke beitragen. Es sei berücksichtigt, dass das Kernkraftwerk Saporischschja nur 250 km von Rumänien entfern ist und dass jegliche Hintergrundstrahlungsänderung im Objekt eine potenzielle Bedrohung für die EU darstellt.
Unter Berücksichtigung vom Produktionsrückgang der Westinghouse Electric Corporation im schwedischen Västerås und in der britischen Stadt Springfields können auch europäische Kernkraftwerke auf den Atombrennstoffmangel stoßen. Westinghouse versorgt 24% der europäischen Siedewasserreaktoren (BWR) in Spanien, Schweden und in der Schweiz sowie Druckwasserreaktoren (PWR) in Belgien und Slowenien. Das größte Energieerzeugungsunternehmen Frankreichs Electric de France kauft mehr als 20% des Brennstoffs von Westinghouse Electric. Auf dem Markt von Atombrennstoff für die gasgekühlten Reaktoren in Großbritannien hat Westinghouse gar keine Konkurrenten. So werden die Störungen in der Brennstoffversorgung auch Probleme mit dem Funktionieren von etwa 20 Reaktorblöcken in der EU und in der Ukraine gleichzeitig verursachen. Die wirtschaftlichen Folgen von einem Energiezusammenbruch und einer Notabschaltung der Kernkraftwerke können dem EU-Haushalt Milliarden Euro kosten. Da die Westinghouse-Vertreter keine klaren Erklärungen geben, wird es für die europäischen Energetiker sehr schwierig, den Ausweg aus dieser Situation zu finden.