Rassistischer Übergriff auf Besucher der Science-Fiction-Messe "FedCon" in Bonn

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Szene vor dem Eingang zur FedCon, Bonn

Der Science-Fiction-Fan und FedCon-Besucher Boris M. wurde am vergangenen Samstag in der Nähe der Convention von einem rechtsradikalen Angreifer angefahren, verletzt und eingeschüchtert.

Jedes Jahr reisen tausende Serien- und Filmfans von nah und fern nach Bonn, um im Maritim Hotel ihre Lieblingsschauspieler zu treffen. Dort bietet die SciFi-Convention "FedCon" nicht nur Autogramm-Sessions, sondern auch Frage- und Fotostunden mit den jährlich wechselnden Schauspielern aus den Vereinigten Staaten oder Großbritannien an.

Auch der Science-Fiction-Fan Boris M. (20, Name geändert) aus Schleswig-Holstein hat entschieden, die Messe in diesem Jahr zu besuchen. Er wollte neben dem Stargast David Hasselhoff auch Darsteller seiner Lieblingsserien Doctor Who und Star Trek treffen. Ebenso wie viele andere Personen betrieb auch Boris Cosplay, und kleidete sich daher mit Schminke und einer Uniform der Serie Star Trek: The Next Generation.  

Der zweite Tag der FedCon wurde für ihn jedoch zum Albtraum, da der junge Mann aus rassistischen Gründen von einer lokalen Person angegriffen, rassistisch beleidigt und leicht verletzt wurde.

Am Samstag, den 3. Juni 2017 entfernte sich Boris gegen 13:30 Uhr einige 100 Meter von dem Veranstaltungsgelände in Richtung Nord-Westen, um einen Supermarkt aufzusuchen. Um 14:10 Uhr befand er sich im Stadtteil Bonn-Dottendorf an der Kreuzung Kessenicher Straße / Dottendorfer Straße und wartete an der roten Ampel. Von Norden kam der Angreifer auf einem Motocross-Bike und erblickte Boris beim Überqueren der Kreuzung und starrte ihn an. Jener verlangsamte seine Fahrt und musterte Boris erneut, kehrte um und kam auf den jungen Mann zu. Boris bemerkte dies nach Überquerten der Ampel erst durch das Aufheulen des Motors, dessen Geräusch immer näher kam. Auf Höhe der Dottendorfer Str. 20 (Café Konditorei Hünten) fuhr der Angreifer mit seinem Motocross-Bike auf den Bürgersteig und fuhr ihm hinterrücks in Beine und Wadenmuskulatur, wovon Boris leichte Verletzungen davon trug. Nach diesem Beinahe-Sturz näherte sich der Angreifer auf wenige Zentimeter und bedrängte ihn mit rassistischen Aussagen und eindeutigem Vokabular der rechtsradikalen Szene (u.a. "Volksverräter", "Zecke", "Verpiss dich aus meiner Heimat"). Als schließlich jene Person noch weiter handgreiflich werde wollte, ist Boris geflohen: Der Angreifer verfolgte ihn noch einige Sekunden, ist aber dann mit rechten Parolen in die Quirinstraße Richtung Süden verschwunden.

Der Angreifer war zwischen 18-25 Jahre, Umfang schmächtig bis mitteldünn, ca. 175-180cm groß, lokaler Akzent, fuhr auf einem schwarzen Motocross-Bike mit Moped-Kennzeichen (welches nicht notiert werden konnte), trug während des gesamten Übergriffs einen schwarzen Motocross-Helm, dazu eine legere schwarze Hose und eine schwarze Jacke mit Fraktur-Schrift (weiße Kontur, innen rot) und jeweils links und rechts davon ein "Eisernes Kreuz" (beides Rückseite).

Geschockt von den Ereignissen ist Boris am selben Tag mit dem Zug nach Hause gefahren. Am Sonntag hat er allen Mut zusammen genommen und sich dazu entschlossen, den Kundenservice des Veranstalters, der FedCon GmbH in Augsburg, wegen den Übergriffes zu kontaktieren. Doch dieser war über die Zeit der Veranstaltung nicht besetzt, und so hat Boris Kontakt zu antifaschistischen Kreisen gesucht und sich uns anvertraut.

Wie unsere Recherche ergeben hat, wird der Stadtteil Dottendorf schon länger von Mitgliedern der "Identitäre[n] Bewegung" heimgesucht. Davon zeugen mehrere Sticker der neofaschistischen Gruppierung in dem Stadtteil, z.B. nähe des Bundeswehr Sozialwerk e.V. oder dem Friedrich-Ebert-Gymnasium, welche sich in der Nähe befinden.

Das Vertrauenverhältnis zur deutschen Polizei sei für Boris stark angeknackst. Deswegen wandte er sich nicht an die Polizei in Bonn, da eine Anzeige auf Unbekannt wohl im Sande verlaufen würde und er sich keine Unterstützung erwartet. Zudem stand er in Bonn noch so unter Schock und hatte nur Gedanken zur Flucht.

Nach diesen Ereignissen stellen wir klar: "Es gibt kein ruhiges Hinterland!" und wenden uns an Veranstalter, Besucher, antifaschistische Kräfte und Presse um diesen Vorfall publik zu machen. Weiterhin ungeklärte NSU-Morde, das Erstarken des rassistischen Rechtspopulismus und Angriffe auf Flüchtlingsheime sind eine eindeutige Sprache des Klimas in Deutschland und zeigt das bürgerliche und staatliche Versagen, gegen eine subkultur- und (erneute) fremdenfeindliche Radikalisierung vorzugehen.

Ein Angriff auf geschminkte und kostümierte Menschen - ebenso wie jeder andere Drag - ist auch ein Angriff auf jedes selbst bestimmte Leben außerhalb völkischen und deutsch-nationalen Denkens.

Mit aller Deutlichkeit fordern wir - nicht nur im Namen von Boris - Menschen von Subkulturen, die sich u.a. auf der FedCon treffen, vor rassistischen und nationalistischen Übergriffen zu schützen und Stellen einzurichten, an die sich Betroffene zügig wenden können. Weitere Aufklärungsarbeit vor Ort ist nötig, damit Menschen nicht die Zielscheibe von rassistisch motivierten Angriffen werden und breite Solidarität erhalten.

Nach Bonn will der Boris erstmals nicht mehr zurück kehren, trotz des enormen Staraufgebots auf seiner Lieblingsmesse, der "FedCon".

(Das Foto zeigt die Kreuzung, an dem der Angriff stattgefunden hat.)

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