Baskische Wahlen

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Am 25.September 2016 wurde im Baskenland gewählt, in der Autonomen Gemeinschaft Baskenland (CAV), die aus den Provinzen Araba, Bizkaia, Gipuzkoa besteht. Absolute Mehrheiten sind nicht zu erwarten, große Neuheit beim Wahlgang wird die Präsenz der Protest-Partei Podemos sein, Umfragen sagen den Aufsteiger/innen um die 20% voraus. Ob das für einen Regierungswechsel ausreicht, ist fraglich. Bisher regiert die Baskisch Nationalistische Partei, PNV, in Form einer Minderheits-Regierung, die wechselnde Mehrheiten sucht, das hat vier Jahre lang funktioniert. Auf lokaler und Provinzebene setzt die PNV auf die sozialdemokratische PSOE als Mehrheitsbeschafferin, praktiziert wird dies momentan in allen drei Hauptstädten und Provinzen. Solange es nicht um Euskara-Politik und um das Entscheidungs-Recht geht, funktioniert das Gespann. Denn trotz der „Nation“ im Namen sind die Christdemokraten an Unabhängigkeit nicht interessiert. Einiges spricht für die Ausweitung dieses strategischen Paktes.

Insbesondere deshalb, weil sich mit dem Sprung von Podemos das linke Lager vergrößert, beim gleichzeitigen Niedergang der spanischen Kräfte PP und PSOE. Dass sich die Ergebnisse der spanischen Parlamentswahlen von Dezember 2015 und Mai 2016 wiederholen, glaubt in Euskadi (so der Name der drei Provinzen) niemand. Denn da hatte Podemos die baskische Linke weit hinter sich gelassen, die Abertzalen waren von 6 auf 2 Sitze geschrumpft. Das wird jedoch der Spanien-Logik zugeschrieben, in Euskadi glaubt niemand daran, dass Podemos der abertzalen Linken den zweiten Platz streitig machen könnte.

Podemos macht Wahlkampf gegen die PNV und deren neoliberale Politik, und gibt zu verstehen, dass eine Koalition mit EH Bildu vorstellbar wäre, im Übrigen die einzige Mehrheitsoption. Ideologisch durchaus logisch, solange es nicht um die Frage der Unabhängigkeit geht. Doch genau deshalb schlägt das Herz der abertzalen Linken verschiedene Rhythmen: sozialpolitisch und wirtschaftlich gibt es vielleicht 90% Überschneidung mit den Protestler/innen – was die Zukunft des Baskenlandes betrifft, schielen die Abertzalen jedoch traditionell auf die baskische Rechte, ohne die es keine katalanische Dynamik geben kann. Trotz sonstiger Differenzen will EH Bildu auf die Option nicht ganz verzichten. Folgerichtig hat der (verhnderte) abertzale Spitzenkandidat Otegi der PNV gegenüber eine Dreierkoalition mit Podemos ins Spiel gebracht, nach dem Navarra-Model von 2015. Doch liegt der Vergleich etwas schief, denn in der baskischen Nachbarregion ging es um die Ablösung einer rechten Regierungs-Epoche, kaum vergleichbar mit der „normalen“ Situation in der CAV.

Wie wenig die spanische Arithmetik in der CAV Gültigkeit hat, zeigen die Aussichten der spanisch-orientierten Parteien. Die PSOE darf noch mit maximal 10% rechnen, die postfranquistische PP gerade noch bei 8% (zuletzt 33%, 2011 absolute Mehrheit). Im Baskenland wird linke gewählt, das sagen sogar viele PNV-Wähler/innen, die die Partei für eine linke Option halten.

Turbulenzen im Wahlprozess gab es vor allem auf linker Seite. Der EH Bildu-Kandidat Arnaldo Otegi wurden von der spanischen Justiz aus dem Verkehr gezogen wegen eines angeblichen Wahlverbots, das mit seiner Verurteilung zu sechs Jahren in Zusammenhang gebracht wird, jedoch reinen Rachegelüsten entspricht. Bildu könnte daraus Nutzen ziehen. Podemos scheiterte vor Monaten auf der Suche nach einer guten Spitzenkandidatin und konnte erst kurz vor Schluss Erfolg melden. Mit Pili Zabala wurde eine Rechtsanwältin an Land gezogen, die in der Diskussion um die aufarbeitung der Gewaltfragen im Abskenland eine wichtige Rolle spielte. Ihr Bruder (und ein weiterer Aktivist) war in den 80er Jahren den von der spanischen Sozialdemokratie organisierten Terrorschwadronen zum Opfer gefallen, er war in Iparralde entführt, gefoltert, ermordet und in Alicante verscharrt worden, zehn Jahre später wurden die Leichen entdeckt und identifiziert. Anders als ihr abertzaler Bruder war Zabala nie direkt mit der baskischen Linken verbunden. Dass sie sich nun einer Partei zugewandt hat, deren Vorsitzender (Pablo Iglesias), die Guardia Civil hochleben lässt – dieselbe Polizei, die ihren Bruder umgebracht hat – ist in abertzalen Kreisen mit großer Befremdung aufgenommen worden. Es ist nur eine der vielen Widersprüchen der in ständiger ideologischer Bewegung befindlichen Neupartei.

 

Wahlen sind gut für Organisationen, die von Walkampf leben und die Lagislatur danach ohne Volksbeteiligung überdauern. Für die baskische Linke sind die wiederholten Wahlgänge unproduktiv, sie haben demobilisierende Auswirkungen. Zum einen gleicht sich die Koalition der Dynamik der anderen Wahloptionen an, die allgemeine politische Mobilisierung zu verschiedensten Themen, die die baskische Linke als soziale Bewegung ausgezeichnet hatte, tritt immer mehr in den Hintergrund. Während der sechs Wochen Wahlkampf stehen mehr oder weniger alle Zeiger auf Parlamentarismus, alle anderen Themen sind zweit- und drittrangig, zentrale Themen werden vernachlässigt, viele Kräfte werden in der Kampagne gebunden. Vier Wahlkämpfe in 15 Monaten haben Spuren hinterlassen.

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