(Rio de Janeiro): Proteste gegen die Maennerfussball-WM gehen weiter
Auch in der letzten Woche gab es in Rio de Janeiro Proteste gegen die Maenner-Fussball-WM.
Verschiedene Gruppen riefen zu Demonstrationen und Protestaktionen auf, um die Parole "não vai ter copa" Wirklichkeit werden zu lassen.
Am letzten Mittwoch gab es beispielsweise eine Demo im Zentrum Rios, die von dem Movimento Passe Livre organisiert wurde. Das MPL war mitverantwortlich fuer die Massenmobilisierungen im letzten Jahr. Am Mittwoch fanden sich aber lediglich 50-100 Personen ein, um gegen die WM und fuer einen oeffentlichen Nahtransport zum Nulltarif zu demonstrieren. Eine kleine Theatergruppe, die vor Beginn der Demo eine Performance machen wollte wurde von den Militaerbullen vorlaeufig festgenommen und auf eine Wache ans andere Ende der Stadt verschleppt. Der Grund war die Vermummung (aus kuenstlerischen Gruenden), die in Brasilien nach den Protesten des vergangenen Jahres verboten ist.
Am Freitag organisierte die Frente Independente Popular eine Demonstration und anschliessend eine “Festa Junina – Fifa go home” in Lapa. Die Polizei besetzte den Stadtteil und sperrte mehrere Strassen im Vergnuegunsviertel. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstrant_innen, Bullen und Partyvolk.
Gestern am Montag gab es anlaesslich des Brasilienspiels gegen Kamerun mehrere Demonstrationen in Rio. Um 13 Uhr mobilisierten die Favela Bewohner_innen zu einer Demonstration unter dem Motto “A FESTA NOS ESTÁDIOS NÃO VALE AS LAGRIMAS NAS FAVELAS” (Das Fest im Stadium ist nicht die Traenen der Favelas wert). Konkreter Anlass der Demonstration war ein Blutbad der Polizei im Favela-Komplex Maré vor einem Jahr. Bei der Bullenoperation nach den Protesten in der Innenstadt kamen damals zehn Menschen ums Leben. Die Demo startete am Strand von Copacabana in unmittelbarer Naehe des FIFA-Fan-Festes und lief bis zum Eingang der Favela Pavão-Pavãozinho (Dort gibt es seit Ende 2009 eine Besetzung durch die UPP (Befriedene Polizeieinheit)) zwischen Ipanema und Copacabana. An der Demo beteiligten sich zwischen 500 und 700 Menschen. Die Demo protestierte gegen die Polizeigewalt, die Morde und das Verschwindenlassen von Bewohner_innen durch Bullen in den Favelas, gegen die polizeiliche Besetzung ihrer Viertel, gegen die Raeumungen und den Abriss ganzer Stadtviertel und fuer die Freiheit der Gefangenen.
Unter anderem wurde fuer die Freiheit von Rafael Braga Vieira demonstriert. Rafael ist der einzige, der sich seit den Massendemonstrationen im letzten Jahr noch immer in Haft befindet. Er wurde am zweiten Dezember 2013 unter skandaloesen Bedingungen zu fuenf Jahren Haft verurteilt. Er war einer der am 20. Juni 2013 bei den Demos willkuerlich Verhafteten. Dem 25-jaherigen Obdachlosen und Dosensammler wurde vorgeworfen, explosionsfaehiges Material bei sich gehabt zu haben. In Wahrheit waren es verschiedene Hygiene-Artikel die sich bei seinem Schlafplatz befanden. Fuer die sozialen Bewegungen und die Favela-Bewohner_innen ist dieses Urteil gegen Rafael einmal mehr ein Beweis fuer die rassistische und klassistische Justiz Brasiliens.
Im Laufe der Demo schloss sich ein Teil der fuer 16 Uhr angekuendigten Demo der Frente Independente Popular an, die ebenfalls in Copacabana starten sollte. Diese Demo war deutlich kleiner und trotz der bestenfalls 100 Teilnehmenden mit massiver Polizeipraesenz inklusive Seitenspalier bedacht. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Demos der FIP gab es dieses Mal keinen praesenten Black Block. Die Demo fuehrte ebenfalls zum FIFA-Fan-Fest, wo angesichts des zeitgleich stattfindenen Brasilienspiels kaum ein Durchkommen fuer die Demo war. Ebenso wie bei vorherigen Demos gab es von den Fussball-Fans sowohl verbale Angriffe als auch Solidaritaetsbekundungen.
“Die WM der WM's existiert nicht” heisst es derweil in einem ersten Auswertungspapier der FIP “das zeigt, dass der Ruf 'não vai ter copa' erfolgreich ist.” (https://www.facebook.com/FIPRJ?fref=ts). Und tatsaechlich haben es die Proteste bisher, trotz ihrer geringen Mobilisierungsfaehigkeit, geschafft, das Spektakel zu entzaubern. Rund um die Demonstrationen kommt es immer wieder zu kleineren und groesseren Protestaktionen. Sowohl vor als auch im Maracanã-Stadion wird die Kritik an der WM sichtbar.
In den kommenden Wochen sind weitere Aktionen geplant. Vor allem zum 28. Juni wird mobilisiert. Das Buendnis Copa na Rua, das bereits zur WM-Eroeffnung mehrere tausend Menschen mobilisieren konnten, als auch die Frente Independente Popular mobiliseren fuer diesen Tag, an dem das Spiel im Maracanã in Rio ausgetragen werden wird. Die Demo des Buendnis Copa na rua wird u.a. gegen Homophobie im Fussball mobiliseren. Damit bezieht sich der Protest auf die Stonewall Riots in New Yorck vor 45 Jahren.
Zudem sind zum 13. Juli, dem Finale der WM, das ebenfalls in Rio stattfindet Proteste geplant.
Einige der Termine:
28.6: Plenario Cop na Rua: Nossa Copa é na rua. 10 Uhr \ Copacabana
Frente Independente Popular: Não vai ter copa – Fifa go home. 17 Uhr \ Saens Pena
13.7: A Festa nos estádios não vale as lagrimas da Favela. Anlaesslich des einjaherigen Verschwindens Amarildos.
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