Kein Fracking im Baskenland

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Im gesamten spanischen Staat ist die „Hydraulic Fracturing“ oder kurz „Fracking“ genannte Methode, Erdgas-Vorkommen zu erschließen, sehr umstritten. Verschiedene Regional-Regierungen versuchten sich mit Verbots-Gesetzen, die von der Zentralregierung gekippt wurden. In der baskischen Provinz Araba werden Gas-Vorkommen vermutet, die Genehmigung für einen Fracking-Versuch liegt vor. Den will die baskische Regierung nun aber nicht wahrnehmen, sie hat einen Verzicht auf die Fracking-Technik angekündigt.

 

Die baskische Regierung hat öffentlich angekündigt, bei der Suche nach Erdgas auf die Fracking-Technik zu verzichten. Grund für die Entscheidung seien starke Bedenken wegen möglicher Umweltbelastung. Die baskische Exekutive – eine von der konservativ-nationalistischen PNV gestellte Minderheits-Regierung – hat damit einen vorläufigen Schlussstrich gezogen unter den Zickzack-Kurs, den sie in dieser Frage in den vergangenen Jahren verfolgte. Denn einerseits wurden von der baskischen Verwaltung die technischen Voraussetzungen geschaffen, Fracking zu praktizieren. Zweitens lagen Genehmigungen vor, im baskischen Süden (Angosta-1) Fracking-Tests zu machen. Drittens reagierte die Exekutive auf eine starke Anti-Fracking-Bewegung, die sich über Jahre hinweg formiert hatte und auch im baskischen Parlament ihren Widerhall fand, anfangs mit Ablehnung. Zuletzt folgte sie der Strategie, sich mit der Forderung auf ein „Memorandum“ alle Türen offen zu halten. Diese „Zeit der Reflektion“ ist nun vorbei, nicht jedoch alle Zweifel über die Zukunft der weltweit umstrittenen Ausbeutungs-Technik Fracking.

Energiepolitischer Strategiewechsel

Fracking ist bekanntermaßen „eine Methode zur Erzeugung, Weitung und Stabilisierung von Rissen im Gestein einer Lagerstätte im tiefen Untergrund, mit dem Ziel, die Durchlässigkeit der Lagerstätten-Gesteine zu erhöhen. Dadurch können darin befindliche Gase oder Flüssigkeiten leichter und beständiger zur Bohrung fließen und gewonnen werden“. Gefährlich für Umwelt und Gesundheit sind vor allem die bei der Methode eingesetzten Frackfluide und die darin enthaltenen Ergänzungsstoffe.

Bei einer Pressekonferenz hat die Senatorin für Wirtschafts-Entwicklung und Wettbewerb, Arantza Tapia, die veränderte Energie-Strategie der baskischen Regierung für die Jahre 2016 bis 2030 erläutert. Weil bis heute nicht geklärt sei, ob Fracking mit Umweltschutz in Einklang zu bringen sei, würde künftig auf die Technik verzichtet. Stattdessen solle verstärkt auf Energie-Einsparung, energetische Effizienz und erneuerbare Energien gesetzt werden, auf einem Weg, der vorsieht, in der Energieversorgung bis 2050 auf die Nutzung von fossilen Brennstoffen vollständig zu verzichten. Erdgas wird in dieser Strategie als Übergangs-Energieträger bezeichnet.

Zur Umsetzung dieser Strategie sind Investitionen von 4,9 Milliarden Euro notwendig, 920 Millionen sollen aus öffentlichen Quellen kommen. 45% dieser Mittel sollen dazu beitragen, die Effizienz des Energiekonsums zu verbessern, die Hälfte soll in Projekte von erneuerbaren Energieformen gesteckt werden. Im vorgelegten Dokument ist davon die Rede, im Jahr 2030 ca. 17% der heute benutzten Energie zu einzusparen und die Nutzungsrate im Zeitraum von 2016 und 2030 um 33% zu steigern. Im Bereich erneuerbarer Energiequellen will die baskische Regierung bis 2030 einen Konsumanteil von 21% (2030) und 40% (2050) erreichen und damit maßgeblich dazu beitragen, dass der weltweite Klimawechsel gebremst wird.

Die Senatorin unterstrich die Vorreiterrolle der öffentlichen Verwaltung beim Energie-Konsum. Im Bereich der eigenen Gebäude soll mit der Aktivierung von erneuerbaren Energiequellen in 10 Jahren eine Einsparung von 25% erzielt werden, dazu kommen alternative Autos im Fahrzeugpark und im öffentlichen Dienst. Insgesamt soll in der Autonomen Gemeinschaft Baskenland (Comunidad Autonoma Vasca – Autonome Baskische Gemeinschaft, CAV) die unfassbare Menge von drei Megatonnen Gasen jährlich reduziert werden, die verantwortlich sind für den sog. Treibhauseffekt. Im Vergleich zu 2005 würde das bis 2030 einen Rückgang von 40% bedeuten und 80% bis 2050.

Zur Förderung oder Ausbeutung von Erdgas soll Fracking nicht mehr in Frage kommen, konventionelle Techniken hingegen schon. Die Entscheidung könnte bedeuten, dass die baskische Exekutive die Bohrgenehmigung für Süd-Araba (Angosta-1, sie erstreckt sich weiter auf Burgos-Gebiet) nicht wahrnimmt. Die Senatorin betonte, dieser Verzicht habe keine Auswirkungen auf die baskische Wirtschaft. In der besagten Gebiet werde weiterhin nach Wegen gesucht, Erdgas zu fördern, allerdings nur mit umweltschonenderen Methoden.

Vorgeschichte Fracking-Verzicht

Die Vorgeschichte der Fracking-Ablehnung war für die baskischen Christdemokraten (PNV) alles andere als ein Ruhmesblatt. Zu Beginn wurde auf Fracking gesetzt, erst nachdem sich massiver Widerstand formierte, wurde opportunistisch auf das Memorandum gesetzt, eine gesetzliche Regelung jedoch abgelehnt.

In der CAV mit den Provinzen Araba, Bizkaia und Gipuzkoa musste die erste Fracking-Hürde über eine Volks-Gesetz-Initiative (ILP - Iniciativa Legislativa Popular) erreicht werden. 100.000 Personen hatten mit ihren Unterschriften eine solche Gesetzesvorlage gefordert. Mit diesem Gesetz wurde die Fracking-Praxis zwar nicht ausdrücklich verboten, aber doch faktisch unmöglich gemacht. Verabschiedet wurde es von der links-nationalistischen Koalition EH Bildu, von den Sozialdemokraten der PSOE und überraschend auch von der rechten PP, die sich damit gegen ihre staatliche Parteilinie stellte. Eine überaus unübliche Konstellation also. Die PNV enthielt sich bei der Beschlussfassung im Juni 2015. In jenem Moment setzte sie auf einen Zeitraum der Reflektion, eine widersprüchliche Haltung. Denn zum Zweck der Erforschung der Fracking-Möglichkeiten hatte die Regierung die Sociedad de Hidrocarburos de Euskadi gegründet (SHESA, Gesellschaft für Kohlenwasserstoffe in Euskadi), ein Subunternehmen, das die Fracking-Genehmigungen für die CAV-Region kontrolliert.

Ursprünglich hatte die Volks-Gesetz-Initiative ein definitives Verbot von Fracking gefordert, nach dem Beispiel von anderen Autonomen Regionen des spanischen Staates. Doch als diese regionalen Verbote vom spanischen Verfassungsgericht alle kassiert wurden, weil Fracking-Verbote die angeblich die regionalen Entscheidungs-Kompetenzen überschritten, wurde von den Initiatoren im Baskenland eine andere Strategie gewählt, um dasselbe Ziel zu erreichen. Im verabschiedeten Gesetz wurden nämlich statt eines Verbots die Umwelt-Standards derart erhöht. Fracking wurde nicht ausdrücklich untersagt, aber stattdessen praktisch unmöglich gemacht. Damit wurde versucht, eine Revision des spanischen Verfassungs-Gerichts zu umgehen, weil es sich bei den Standarts für Umweltschutz um ausschließlich regionale Kompetenzen handelt. (3)

Spanische Ablehnung

Dieser Schachzug hielt die spanischen Instanzen jedoch nicht davon ab, auch dieses Gesetz in regionaler Kompetenz in Frage zu stellen und juristisch anzugreifen. Das neue baskische Naturschutz-Gesetz bezog sich auf Gebiete mit Grundwasser-Vorkommen und auf solche, die nicht bebaubar sind. Gefordert wurde eine grundsätzliche umwelttechnische Bewertung im Fall von Fracking-Projekten. Dafür wurden die Standards im Umweltschutz-Gesetz angehoben. Generell wurden – nach katalanischem Modell – verschiedene regionale Gesetze verändert, die es faktisch unmöglich machen sollten, dass ein Fracking-Projekt zugelassen wird.

Der Vorschlag eines 5-jährigen Moratoriums von Seiten der PNV wurde mit der Beschlussfassung im Juli 2015 zurückgewiesen, weil es anfechtbar sei und juristische Unsicherheit verursache. Das Gesetz-Paket entsprach somit den Vorstellungen der Bewegungs-Plattform „Fracking Ez“ (Nein zu Fracking), die das Volks-Gesetz auf den Weg gebracht hatte. Mit der Verabschiedung hatte die Plattform die baskische Regierung aufgefordert, ihre Fracking-Pläne in die Schublade zu legen und entsprechende Haushaltsmittel zu streichen.

Misstrauen bleibt

Auch nach der Entscheidung der baskischen Regierung, auf Fracking zu verzichten, bleibt das Misstrauen über den erfolgten Kurswechsel. Ein Abgeordneter der linken Bildu-Fraktion sprach der PNV-Regierung ihre Glaubwürdigkeit ab. Wenn tatsächlich die ernsthafte Absicht bestehe, auf die umstrittene Technik zu verzichten, solle die Regierung umgehend die Subfirma SHESA schließen, die zur Praxis des Fracking gegründet worden war. Außerdem solle sie ausdrücklich auf die bereits erfolgten Genehmigungen verzichten, die von Madrid für Fracking erteilt wurden, diese Genehmigungen in Araba und in Burgos stünden nach wie vor im Raum.

Zusätzliche Unsicherheit liefert weiterhin die Zentralregierung in Madrid, die in der Vergangenheit immer deutlich gemacht hat, dass sie sich über regionale Kompetenzen jederzeit hinweg setzt, wenn es nicht in den Rahmen ihrer Politik passt, dazu gehört die Fracking-Option. Offen ist die juristische Beurteilung des baskischen Naturschutz-Gesetzes durch spanische Gerichte.

 

http://www.baskultur.info/index.php/reisen/oekologie/220-fracking

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