“public private security“ sofort stoppen!

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Während die Stadtverwaltung Weil der Stadt (Region Stuttgart) ihre Bürgerinnen und Bürger immer noch(!) über die Befugnisse der privaten Citystreife - z. B. Personalienfeststellungen durch Firmenmitarbeiter/ -innen bei Ordnungsproblemen im öffentlichen Raum – im unklaren lässt, gibt es zu diesem Thema in Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) mehr Klarheit.

Wie nachfolgend zu lesen ist wurden die Bürgerinnen und Bürger in Schorndorf wenigstens über die "Spielregeln" zu Personalienfeststellungen durch Security-Personal (Sicherheitsfirma Bunk) medial aufgeklärt. In Weil der Stadt hält man sich zu diesem Thema sehr bedeckt: Die Stadtverwaltung der Keplerstadt “schwafelt“ diesbezüglich weiter herum und vermittelt den Eindruck das ihr die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger - bei der Privatisierung (“public private security“) der öffentlichen, kommunalen Sicherheit und Ordnung - im Wege stehen; die Stadtverwaltung der Keplerstadt hat bezüglich ihrer privaten Citystreife ganz eigene, kommerzielle Repressionsvorstellungen und beschwichtigt diesbezüglich sogar beim wichtigen Thema Datenschutz (EDV-gestützte Verarbeitung sensibler Bürgerdaten und Sachverhalte auf Firmenrechnern).

Generell muss die Privatisierung der öffentlichen, kommunalen Sicherheit und Ordnung – mit samt diesem “Befugniswildwuchs“ - sofort gestoppt werden, weil dieses PPP-Modell gegen den Grundgesetzartikel 33 Abs. 4 verstößt; public private security entpuppt sich mehr und mehr als bürgerrechtliches Versuchslabor, in dem die verbrieften bürgerlichen Grundrechte nicht das Papier wert sind, wenn kommerzielle Private regelrecht jagt auf ordnungsrechtliche Verfehlungen der Bürgerinnen und Bürger machen sollen, im Auftrag der kommunalen Ordnungsverwaltungen versteht sich!

Zum Saisonauftakt (2023) des erneuten Einsatzes ihrer privaten Citystreife (DSS Security Schneider) informierte die Stadtverwaltung der Keplerstadt Weil der Stadt am 26.4.23 die Bürgerinnen und Bürger. Die Stadtverwaltung stellt zwar klar, das angesprochene Personen sich nicht gegenüber dem Security-Personal ausweisen müssen; gänzlich ungeklärt bleibt aber die Frage ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des privaten Sicherheitsdienstes überhaupt berechtigt sind Ordnungswidrigkeiten festzustellen. Und ganz wesentlich hierbei: Was passiert wenn sich ertappte Ordnungssünder vom Ort des Geschehens entfernen, weil sie nicht zusammen mit dem Security-Personal auf die Polizei oder Angestellte des Ordnungsamtes warten wollen?
Das Festhalten einer Person durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste - wegen einer Ordnungswidrigkeit - ist nicht durch das Gesetz gedeckt und erfüllt somit den Tatbestand der Nötigung § 240 Nötigung Strafgesetzbuch. Kurios hierbei: Der bloße Verdacht einer Ordnungswidrigkeit soll dazu führen, dass Betroffene dem Security-Personal “freiwillig“(!) ihren Personalausweisausweis aushändigen. Nachfolgend das entsprechende Zitat aus einer aktuellen Pressemitteilung (26.4.23) der Stadtverwaltung Weil der Stadt:

“(...) Außerdem ist die Sicherheitsfirma zur Beachtung des Datenschutzes verpflichtet. Das bedeutet, dass die City-Streife zwar angehalten ist, Personalien bei Verdacht einer Ordnungswidrigkeit zu erfragen. Sollten die Personalien jedoch nicht herausgegeben werden, wird die Polizei hinzugezogen. Dieses Vorgehen ist notwendig, damit mögliche Ordnungswidrigkeiten auch angezeigt werden können. (...)”

https://www.weil-der-stadt.de/de/Rathaus/Aktuelles/Aktuelles?view=publis...

Ganz anders hörte es sich in der Vergangenheit an wenn zu diesem Thema aus der Stadt Schorndorf berichtet wurde:

"(...) Mal ein Auge zudrücken und auf Durchzug schalten

Das gilt vor allem auch für die Feststellung von Personalien, soweit die nicht freiwillig angegeben werden. Wobei es aber aus Sicht von Tobias Bunk für die höfliche und respektvolle Art, in der seine Mitarbeiter ihrer Klientel in der Innen- und Weststadt begegnen, spricht, dass in 95 Prozent der Fälle eine Personenfeststellung auf freiwilliger Basis erfolgt. Wenn das nicht der Fall ist, müssen die Sicherheitsleute, die über keinerlei hoheitliche Rechte verfügen, von Fall zu Fall entscheiden, ob sie die Polizei hinzuziehen oder nicht. Wobei sie die Möglichkeit, eine Person festzuhalten, auch dann nur haben, wenn zum Beispiel eine Körperverletzung vorliegt – und zwar unter Berufung auf das allgemeingültige „Jedermannsrecht“. Wenn’s ansonsten einer vorzieht, nicht freiwillig auf die Polizei zu warten, muss die City-Streife das akzeptieren. Wie es überhaupt manchmal besser ist, ein Auge zuzudrücken oder auf Durchzug zu schalten – bei Angetrunkenen zum Beispiel, bei denen es keinen Sinn macht, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. (...)" (zvw.de, 10.7.18)

https://www.zvw.de/lokales/schorndorf/city-streife-sorgt-f%C3%BCr-beruhi...

Seit einiger Zeit fragen sich Kritikerinnen und Kritiker dieser privaten Citystreife warum es den verantwortlichen Amtspersonen der Stadtverwaltung Weil der Stadt so schwer fällt ihre Bürgerinnen und Bürger darüber aufzuklären das Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste – selbst im Rahmen einer öffentlichen, kommunalen Beauftragung - über keine Sonderrechte verfügen; gewerbliche “Private“ verfügen nur über die Rechte die allen Bürgerinnen und Bürger zustehen, nämlich die sog. “Jedermannsrechte“.

Rechtlich gesehen ist eine private Citystreife im öffentlichen Raum nicht einmal weisungsbefugt und Bürgerinnen und Bürger müssen sich von Firmenangestellten auch nicht belehren lassen; sie können einfach weggehen wenn es ihnen reicht bzw. sie sich vom Security-Personal belästigt oder gar bedroht fühlen, weil: Eine Uniform und Einsatzequipment (Handschellen, Schlagstock, Pfefferspray, Bodycam) alleine berechtigen hierzulande zu nichts!

Der Gesetzgeber sieht ausdrücklich nicht vor, das Firmenangestellte in der Bundesrepublik Deutschland (systematisch) Ordnungswidrigkeiten feststellen und diese somit auch verfolgen (Artikel 33 Abs. Grundgesetz), weil es sich dabei um “hoheitliche Verwaltungsakte“ (gem. § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVfG) der behördlichen Eingriffsverwaltung handelt.

Hoheitliches Verwaltungshandeln ist gerade in Bezug auf mögliche verwaltungsrechtliche Buß- und Verwarngelder (mit Rechtsmitteln wie Widerspruchsfristen und -verfahren) im Ordnungswidrigkeitenrecht nicht privatisierbar. Eine Tatsache die im Rathaus von Weil der Stadt wohl noch nicht angekommen ist.

Es fragt sich auch, wie diese public private security/ private Citystreifen (DSS Security Schneider mit “Scheinbefugnissen“) – die Privatisierung der öffentlichen, kommunalen Sicherheit und Ordnung - im Bereich der Polizei angesehen wird, welche notfalls für festgestellte Ordnungswidrigkeiten (“Opportunitätsprinzip“, Ordnungswidrigkeiten müssen nicht zwingend behördlich verfolgt werden) vom Security-Personal hinzu gerufen wird. Wie sieht es hierbei mit dem polizeilichen Neutralitätsgrundsatz aus, wenn sich Personen ordnungsrechtlich zu unrecht vom privaten Sicherheitsdienst beschuldigt fühlen?

Viele ungeklärte Fragen innerhalb eines unausgegorenen sicherheitspolitischen PPP-Modells (Der Begriff “bürgerrechtliches Versuchslabor“ trifft es wohl besser), welches unserer Meinung nach sofort beendet werden muss.

Alleine die Tatsache, dass sich wegen der Feststellung von Ordnungsproblemen im öffentlichen Raum, durch Security-Personal, Straftaten ergeben können sollte Behördenvertretern von Polizei und Ordnungsämtern hierbei zu denken geben!

Der Fachautor Marcel Garbrecht* schrieb vor einigen Jahren: “(...) Aufgrund dieser begrenzten Befugnisse stellt sich die Frage, in welchen Bereichen die City-Streife eine Entlastung für die polizeiliche Arbeit darstellen würde. (...)”

Weitere Informationen zum Thema:

*Privatisierung polizeilicher Arbeit. Welche Möglichkeiten und rechtlichen Grenzen gibt es? (Marcel Garbrecht, 2016)

https://www.grin.com/document/351435

 

Einsatz in Heimsheim und Weil der Stadt/ City-Streifen werfen noch Fragen auf (Stuttgarter Zeitung, 7.12.22)

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.einsatz-in-heimsheim-und-weil-...

 

Heimsheim: Rechtlicher “Befugniswildwuchs“ bei privater Citystreife (indymedia, 20.11.22)

https://de.indymedia.org/node/238732

 

Privatisierung der kommunalen Sicherheit & Ordnung in Ba.-Wü. (Indymedia, 15.5.22)

https://de.indymedia.org/node/190224

 

Vertrag mit DSS Security (fragdenstaat.de, 31.3.22)

https://fragdenstaat.de/anfrage/vertrag-mit-dss-security/

 

 

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