WER UMVERTEILEN WILL, KANN VON MILITARISIERUNG NICHT SCHWEIGEN
Der linken Bewegung hierzulande fehlt es an vielem, auch und vor allem demjenigen Teil, der sich der selbst der radikale nennt. Besonders aufgefallen ist uns das einmal mehr, als wir den Aufruf zur umverteilen!-Demo am 12.11.22 in Berlin gelesen haben.
Was in diesem Aufruf besonders ins Auge fällt, ist der Nebel des Schweigens. Verschwiegen werden Klimakrise und Krieg, die doch maßgeblich ursächlich sind für diese Krise und die sich gegenseitig bedingen. Jetzt und absehbar immer mehr.
Was aus diesem Aufruf allerdings deutlich hervorsticht, ist die eigene Nase. Und an diese wird kräftig gepackt und Preisdeckel verschiedenster Form und Größe, Lohnerhöhungen und Verstaatlichungen von möglichst vielem gefordert. Als wäre staatliche Organisierung die Lösung und nicht das Problem.
Deshalb wollen wir uns mit den folgenden Zeilen positionieren und mit unserer Kritik dazu auffordern, die Lücke zu schließen. Denn was dieses System letzten Endes zusammenhält, ist nackte Gewalt, die uns am deutlichsten in Form von Kriegen erscheint und uns in Form von Militär gegenübertritt. Erst, wenn das letzte Militär zerschlagen und der letzte Krieg beendet ist, kann von einem ersten Schritt zur herrschaftsfreien Gesellschaft gesprochen werden.
GEGEN JEDEN KRIEG. GEGEN JEDES MILTÄR. ÜBERALL!
Es stimmt. Rechte und soziale Absicherung wurden und werden nicht erbettelt, sondern erkämpft. Das stimmt vor allem auch in Zeiten von Krisen. Deshalb ist es eigentlich richtig, auf die Straße zu gehen. Die Frage ist, wofür?
Einige der Forderungen im Aufruf tragen wir nicht mir. Wir sind nicht für eine Verstaatlichung der Immobilien- und Energiekonzerne. Wir sind für ihre Zerschlagung. Wir stellen die Immobilen- und Energiepolitik grundsätzlich in Frage. Angesichts der Wohnungs- und Klimakrise, ist es nicht mehr an der Zeit, an diejenigen zu Appellieren, die die Misere verursacht haben, sondern nach neuen Wegen des Zusammenlebens zu suchen, damit letztendlich alle in einer besseren Welt ein gutes Leben führen können.
Die bessere Welt wird aber keine sein, die sich in der Umsetzung sozialdemokratischer Forderungen an den Staat erschöpft. Oder einen neuen Staat unter kommunistischen Kommando will.
Das Problem sind längst mehr als zu niedrige Löhne und zu hohe Kosten für Miete, Strom und Heizung. Die Forderungen danach greifen zu kurz. Das Problem ist eine gesellschaftliche Ordnung, die auf Herrschaft und Ausbeutung von Mensch und Natur basiert. Wir stellen daher die Form der Arbeit und des Zusammenlebens grundsätzlich zur Diskussion.
Dass das aufrufende Bündnis letztendlich kein Interesse daran hat, das Übel bei der Wurzel zu packen, zeigt sich deutlich daran, dass das Wort „Krieg“ kein einziges Mal im Aufruf erwähnt wird – als bewegten wir uns hieraußerhalb von Zeit und Raum und als suche das Bündnis die Lösung der Probleme nur im innerdeutschen Klassenkampf arm gegen reich. Aber ohne eindeutige Kritik an Krieg, Militär und Militarisierung bleiben diese eben unausgesprochen auf dem Tablett und so auch als legitime Option in der Hinterhand.
Um es aus antimilitaristischer Sicht krass auszudrücken: Wer von Krieg schweigt, will ihn selbst führen, oder steht zumindest zustimmend auf der einen oder anderen Seite der Kriegsparteien. Wer von Militä schweigt, will vielleicht doch selber eins haben, wenn es der "gerechten" Sache dient.
Das Problem ist eine weltweite gesellschaftliche Ordnung, die ihr Bestehen der Bereitschaft verdankt, die eigenen Interessen mit Hilfe militärisch organisierter Gewalt durchzusetzen, nach innen wie nach außen. Nicht erst seit dem russischen Angriff liegt diese Option offen auf dem Tisch. Doch rückt der Krieg in der Ukraine hierzulande eine Realität ins Zentrum der Aufmerksamkeit, der viele Menschen überall auf der Welt tagtäglich ausgesetzt sind.
Krieg, Militär und Militarismus sind im Moment maßgebliche Ursachen dafür, dass Preise steigen, Menschen auf der Flucht sind und nicht zuletzt dafür, dass dieses System der Herrschaft und Ausbeutung funktioniert. Die ohnehin fragwürdigen globalen Lieferketten von oftmals fragwürdigen Produkten sind gestört. Das hat auch Auswirkungen auf Getreidelieferungen. Das vergrößert neben der Klimakatastrophe den Hunger. Diese Zusammenhänge nicht klar im Aufruf zu dieser Demonstration benannt werden, verkürzt einige der legitimen Forderungen zu hohlen Phrasen und reiht sich ein in die gewerkschaftliche Tradition in der Bundesrepublik seit Ende des 2. Weltkriegs, soziale Konflikte zu befrieden, statt für eine herrschaftsfreie Gesellschaft zu kämpfen.
Angesichts von Krieg und Krisen – den aktuellen, und denen, die absehbar kommen werden – treten wir ein für eine klare anti-militaristische Haltung und die Ablehnung jeden Krieges. Wir wenden uns gegen alle Formen von Herrschaft wie z.B Patriarchat, Rassismus und Ausbeutung. Wir bleiben abseits der Logik des Krieges und setzen uns für eine von Staat, Kapital, Herrschaft und nationalem Denken befreite Gesellschaft ein.
Alle, die unsere Haltung teilen, sind herzlich eingeladen, am 21.11.22 um 19 Uhr zum nächsten Treffen des provisorischen anarchistischen Antikriegsrats zu kommen.
Ergänzungen
Macht mit!
Kommt in den anarchistischen Block auf der Umverteilen-Demo und stärkt antimilitaristische Positionen. Ihr findet den Block beim Transpi "NICHT FORDERN - KÄMPFEN"
anarchistischer Block
Der Block war zwischen 500 und 1000 Menschen groß. Und tatsächlich auch in der Spitze ein Block. Je nach dem wen mensch dazu zählen wollte. Im Zweifelsfall war er noch größer, weil noch ein oder zwei andere anarchistische Gruppen hinten dran liefen. Viele erfrischende auch neue Parolen, sehr unterschiedliche Parolen. Viel zu Ladendiebstahl und Enteignen/Aneignen und viel dazu die Reichen direkt anzugehen. Die Orga hat dem Block einen hinteren Platz zugewiesen im Irrglaube das es sich um einen kleinen Block handeln würde. Aber wahrscheinlich Linie der Kommunisten im Bündniss der Demo.
Kurzzeitig Spalier aber ohne Provo. Da nicht bis zum Ende gblieben ist diese Info nicht vollständig.
Auch sapnnend ein Block der Klimaaktivist:innen hinten dran, auch groß und kämpferisch. Viele Junge.
Kann gerne noch mehr zusammen wachsen, hatte viel Power. Und gerne offensiver demnächst den Block bewerben bei den nächsten Demos. Mehr Selbstvertrauen. Wir sind viele.
ergänzung kontext
die umverteilen-demo am 12.11.22 war eine breite bündnis-demo von 3000 bis 7000 leuten. der aufruf war etwas schwammig, aber es gab blöcke mit inhaltlichen schwerpunkten. es gab einen care-block, einen mieten-block, einen klima-block, studis, usw. es war ein heisserherbst-bündnis, an dem auch andere heisserherbst-bündnisse wie genug-ist-genug und nichtaufunserenrücken beteiligt sind. parteienfahnen durften die demo nicht dominieren, friedensschwurbel wurden von der demo verjagt und nationalfahnen tauchten auch nicht auf. das ist ein praktische statement zum thema krieg, besser als jeder aufruf.
mit der mobi wurde schon vor monaten begonnen, aber die breite des bündnisses das erklärt eventuell, warum im aufruf antimilitarismus nicht so stark thematisiert wurde, wie es nötig ist. viele themen hängen mit der krise zusammen. hoffentlich kommt die nächste demo bald!
kommt am samstag den 19.11. zum aktionstag für frieden von der dfg-vk im regierungsviertel berlins!