Left alone – einige Gedanken zu autonomen Beziehungsweisen
Kämpfen. Zusammen. Individuell. Autonom. Verbunden.
Wenn es so etwas wie ein allein lassen gibt, wann geht der Schmerz, ausgelöst durch den Verlust der Nähe einer Person, über, in einen legitimen Vorwurf des verlassen werdens? Ab wann ist dieser Vorwurf an sich egoistisch, obwohl es doch das Verlassen ist, dass den Vorwurf auslöst das abtrennende Gegenüber verhalte sich egoistisch?
Beziehungen zu hinterfragen, die durch traditionelle Normen geformt und im neoliberalien Freiheitshype durch das kühle und coole (Un)glück des individualisierten, freien und immer funktionierenden, Alles allein könnenden, für das eigene Glück selbst verantwortliche Überwesen, geprägt worden sind, gehört genauso wie das hinterfragen anderer Verhältnisse des Systems zu unserem Kampf für Autonomie und gegen Unterdrückungsverhältnissen. Und dieses Hinterfragen ist etwas worüber es kaum ein Mensch alleine hinaus schaffen kann. Denn um neue Beziehungsweisen zu basteln, seien es Verbindungen zwischen Mehreren, Zweierverbindungen, oder die Verbindung zu uns Selbst, und diese mit Kreativität zu gestalten, brauchen wir die Gegenüber. Am besten nicht eins sondern Viele. Denn erst die vielfältigen Verbindungen um uns herum geben uns die Kraft uns in Gefühle zueinander fallen zu lassen ohne in Abhängigkeit zu zerfließen.
Abhängigkeit, die durch die tiefe der Verbindung zueinander und den entstehenden Wunsch zu teilen, sich mit zu teilen und etwas Gemeinsames entstehen zu lassen, sich im Gegenüber zu sehen und dabei als Existenz wahrzunehmen, sich zuerst lebendig anfühlen kann. Lebendig weil Abhängigkeit Teil der Natur des Lebendigen ist. Lebendig aber nur dann, wenn Abhängigkeit dich selbst nicht stagnieren lässt. Stagnieren, weil du anfängst zu projiziere, deine Wünsche mit dem Gegenüber zu verbinden und dabei jede individuelle Bewegung dessen als Gefahr gelesen werden kann. Gefährlich weil deine Wünsche und Bedürfnisse in diesem individuellen Bewegungsmoment des Anderen keinen Platz haben, obwohl die Verbindung doch aus der Erfüllung des Gemeinsamen besteht. Und päng plötzlich ist es einsam. Einsamkeit die aus der verfestigten Nähe hervorgeht. Weil es immer Bewegung geben wird, die alles Feste erschüttern wird. Individuelle Bewegung als Lebendiges, sich immer wandelndes Bedürfnis durch die Einbettung des Individuums in die Welt. Die Erfahrungen die Ich mache, die niemals die gleichen sein können die Du machst. Erfahrungen die auch Uns prägen können und werden, wenn wir sie beide zulassen. Zulassen, wenn Wir die gegenseitige Abhängigkeit in unserer Verbindung nicht mein Ich und nicht dein Ich stagnieren lassen.
Zulassen. Aber wie? Wie Gefühle zulassen, die Verbindungen wünschen, und dabei trotzdem bei mir bleiben. Wie bei mir bleiben und dabei trotzdem zulassen mich zu öffnen und in mir Raum mit Uns zu füllen. Emotionale Öffnung, Kontrolle abgeben, sich fallen lassen. Macht Verlust. Ohnmacht der Gefühle. Emotionale Öffnung bedeutet sich verletzlich machen, vielleicht sogar verletzlich zeigen. Sie widerspricht der Stärke des Unverwundbaren innerhalb der kämpferischen Logik. Sie widerspricht damit erst mal der Logik des Widerstands. Und zieht ihr Stärke aus der Verwundbarmachung. Weil ihre Intensität und Kraft aus der Weichheit entsteht. Und diese Weichheit erfordert, um bestehen zu können, eine gegenseitigen Verantwortung der emotionalen Öffnung mit Respekt zu begegnen.
Emotionale Öffnung als Grundlage all unserer Kämpfe wertschätzen. Denn sie ist es, die uns lebendig macht. Uns machtlos verbinden lässt. Dem Herrschaftsprinzip widerspricht, weil sie Kontrolle loslässt anstatt sie aufzubauen. Weil sie erst durch den Kontrollverlust sich vollständig lebendig anfühlen kann. Aber Achtung. Wie oft hat eine emotionale Öffnung durch darauf folgende Verletzung eine noch härtere Schale entstehen lassen. Eine emotionale Kälte produziert die extrem viele Kräfte braucht um wieder aufzutauen. Die harte Schale die Heute kollektiv vorhanden ist und aus dem Beziehungstrauma, das die menschlichen Zivilisation begleitet, entstanden ist. Kollektive Verletzung, weil eine emotionale Öffnung durch all die Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse kaum möglich war und immer noch kaum ist. In einem Ausbeutungsverhältnis, durchdringt die Machtausübung die Beziehungsverhältnisse wodurch emotionale Öffnung mit Schwäche assoziiert ist. Auch das Herrschaftsverhältnis verschließt vor emotionaler Öffnung, da diese mit Kontrollverlust und dem Verlust der Ausübung von Macht einhergehen würde, also der Grundlage des beherrschen.
Aber wie befreien wir uns individuell und kollektiv aus diesem internalisierten Unterdrückungsverhältniss? Natürlich gibt es darauf keine einfache Antwort. Natürlich wird es da wo Gefühle anfangen komplex, chaotisch, widersprüchlich, undifferenziert und unaussprechlich. Und auch jetzt sind es Gedanken und keine Gefühle mehr. Die Gedanken zu Gefühlen als Annäherung eines Verständnis des Selbst und der Beziehung zur Welt. Und trotzdem, wie es die Natur der Dinge ist, nur eine Annäherung. Annäherung ist es was wir brauchen. Zur Befreiung. Von stagnierender Abhängigkeit zur lebendigen Abhängigkeit. Zu einem Wir was Bewegung zulässt und uns bewegen lässt. Kraft entwickelt auch Andere zu bewegen. Weil wir keine abgeschlossene Einheit sind. Weil diese Einheit nicht in die Zweisamkeit der Paarbeziehung verbannt wurde, um in dieser alles zu stabilisieren und dem Chaos der Leidenschaft einen sicheren Raum zu erschaffen.
Annäherung an Beziehungsweisen. Die Vielfältig sind. Und Vielfältigkeit zulassen. Die sich verändern. Und darüber hinaus Veränderung versprechen. Die in der Übergangsphase, bei der Ablösung von stagnierender Abhängigkeit, diese durch das Beziehen auf Mehrere stabilisieren. Stabilisieren ohne Verfestigen. Da unterschiedliche Anknüpfungspunkte Raum für individuelle Bewegung lassen. Und gleichzeitig eine gemeinsam Bewegung sind. Anknüpfungspunkte für Begegnungen und Rückzug. Die eine Annäherung an uns selbst zulassen, ohne die Erwartung entstehen zu lassen, dass das Teilen dieser das Gegenüber in die gleiche Bewegung versetzen wird. Konfliktualitäten zulassen, die nicht sprengen sondern neu verknüpfen.
Zu viel Metaebene. Zu wenige konkrete Erzählungen. Aber das Geschwafel kommt aus den praktischen Versuch aus Erfahrungen etwas zu ziehen, was sich dem entzieht was war. Aus all den gelebten Anstrengung eine sich verändernde Beziehung zu führen, und plötzlich doch vor einem Ende zu stehen. Dabei steht meinem Verständnis von Beziehung, als wechselseitiges beziehen und lebendiges verändern, so was wie ein Ende komplett entgegen. Aber trotzdem gibt es da so etwas wie allein gelassen werden. Damit meine ich nicht die individuelle Bewegung meines Gegenübers, die in eine andere Richtung geht und die ich akzeptieren kann, oder eben nicht. Die ich lernen kann durch andere Anknüpfungspunkte um mich herum, zulassen zu können. Nein, ich meine das allein gelassen werden, was sich anfühlt wie verlassen zu werden. Verlassen werden, weil das Gegenüber keine Verantwortung mehr für die gemeinsamen emotionalen Öffnung übernimmt. Deine Verletzlichkeit ignoriert und sich egoistisch der individuellen Bewegung widmet ohne in Beziehung zu bleiben. Sich über dich hinwegsetzt und den vorherigen Gefühlsaustausch ignoriert und dir damit die Möglichkeit nimmt reagieren zu können. Oder Raum zu geben. Weil sich das Gegenüber den Raum einfach nimmt, auf Uns aufbaut aber mich hinter sich lässt, ohne mich dabei meinen Schmerz und meine Traurigkeit formulieren zu lassen. Wenn mein Gegenüber die Konfliktualität ignoriert anstatt diese als Teil der Verbindung anzuerkennen, dann durchbricht es die lebendige Abhängigkeit. Wird egoistisch und zerstört das Vertrauen. Das Vertrauen wechselseitige emotionale Verantwortung zu übernehmen. Das Vertrauen was wir brauchen wenn wir Abseits von Struktur versuchen Stabilität zu schaffen, die Bewegung und Veränderung zulässt, ohne uns kaputt zu machen. Das Vertrauen in uns gegenseitig, dass unsere Verbindungen so lebendig sein lässt, dass wir weiterhin dafür kämpfen werden. Kämpfen. Zusammen. Individuell. Autonom. Verbunden.
Ergänzungen
Was für ein Geschwafel
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Was für ein wunderbarer Text!
Was für ein wunderbarer Text! Bitte sei mir nicht böse, dass ich den Text hier nochmal in einer rechtschreiboptimierten Form veröffentlich habe, um ihn für mehr Leute lesbar zu machen...
@ah: "Geschwafel"
Das Verständnis für diesen Text kann als eine Art Lakmustest gesehen werden, wie weit Du dich von deiner gefühlsamputierenden männlichen Sozialisation schon emanzipiert hast.
Um es mal für Dich etwas "härter" / verständlicher auszudrücken: Wenn Du ihn nicht verstehst, bist Du Teil des Problems und stehst auf der falschen Seite der Barrikade
Kannst Dich ja mal nach Beziehungsanarchie, herrschaftsfreien Beziehungen oder auch mal zu sexuellem Konsens informieren
Gefühle
Wenn wir uns nicht verstehen wollen, wird es immer Missverständnisse geben. Ohne Wohlwollen zu diskutieren bringt uns nicht weiter.
Ich versuche trotzdem mal zu erläutern: Mit Gefühlsamputation ist weder vollständige Amputation gemeint (ja, die meisten können Wut und Hass und Ähnliches fühlen) noch das Unvermögen, unterdrückte Gefühle zuzulassen (die sind ja im Ggs. zu den amputierten durchaus lebendig).
Amputiert wird durch die herrschende (männlich dominierte) Kriegerkultur jegliche Empathie, die Fähigkeit des Mitgefühls, des sich Hineinversetzens. Sorry, wenn ich das so sagen muss, aber Frauen sind davon nicht ausgenommen. Und jede einzelne, dahinter stehende Geschichte ist schrecklich. Wie auch bei den emotional beschnittenen Jungs.
Wo kann der Text noch gelesen
Wo kann der Text noch gelesen werden? @Alt-Autonomer: Der Link lässt sich leider nicht öffnen. Danke!
Hier kann der Text noch gelesen werden
Die überarbeitete Fassung hatte ich schon mal als eigenen Artikel hier gepostet, aber der wurde versteckt.
Hier nochmal:
Kämpfen. Zusammen. Individuell. Autonom. Verbunden.
Wenn es so etwas, wie ein Alleinlassen gibt, wann geht der Schmerz, ausgelöst durch den Verlust der Nähe einer Person, über in einen legitimen Vorwurf des Verlassenwerdens? Ab wann ist dieser Vorwurf an sich egoistisch, obwohl es doch das Verlassen ist, dass den Vorwurf auslöst, das abtrennende Gegenüber verhalte sich egoistisch?
Beziehungen zu hinterfragen, die durch traditionelle Normen geformt und im neoliberalien Freiheitshype durch das kühle und coole (Un)glück des individualisierten, freien und immer funktionierenden Alles allein Könnenden, für das eigene Glück selbst verantwortliche Überwesen, geprägt worden sind, gehört genauso, wie das Hinterfragen anderer Verhältnisse des Systems, zu unserem Kampf für Autonomie und gegen Unterdrückungsverhältnisse. Und dieses Hinterfragen ist etwas, worüber es kaum ein Mensch alleine hinaus schaffen kann. Denn um neue Beziehungsweisen zu basteln, seien es Verbindungen zwischen Mehreren, Zweierverbindungen, oder die Verbindung zu uns Selbst, und diese mit Kreativität zu gestalten, brauchen wir die Gegenüber. Am besten nicht Eins sondern Viele. Denn erst die vielfältigen Verbindungen um uns herum geben uns die Kraft, uns in Gefühle zueinander fallen zu lassen ohne in Abhängigkeit zu zerfließen.
Abhängigkeit, die durch die Tiefe der Verbindung zueinander und den entstehenden Wunsch zu teilen, sich mit zu teilen und etwas Gemeinsames entstehen zu lassen, sich im Gegenüber zu sehen und dabei als Existenz wahrzunehmen, sich zuerst lebendig anfühlen kann. Lebendig weil Abhängigkeit Teil der Natur des Lebendigen ist. Lebendig aber nur dann, wenn Abhängigkeit dich selbst nicht stagnieren lässt. Stagnieren, weil du anfängst zu Projizieren, deine Wünsche mit dem Gegenüber zu verbinden und dabei jede individuelle Bewegung dessen als Gefahr gelesen werden kann. Gefährlich, weil deine Wünsche und Bedürfnisse in diesem individuellen Bewegungsmoment des Anderen keinen Platz haben, obwohl die Verbindung doch aus der Erfüllung des Gemeinsamen besteht. Und päng, plötzlich ist es einsam. Einsamkeit die aus der verfestigten Nähe hervorgeht. Weil es immer Bewegung geben wird, die alles Feste erschüttern wird. Individuelle Bewegung als Lebendiges, sich immer wandelndes Bedürfnis durch die Einbettung des Individuums in die Welt. Die Erfahrungen die Ich mache, die niemals die gleichen sein können die Du machst. Erfahrungen die auch Uns prägen können und werden, wenn wir sie beide zulassen. Zulassen, wenn Wir die gegenseitige Abhängigkeit in unserer Verbindung nicht mein Ich und nicht dein Ich stagnieren lassen.
Zulassen. Aber wie? Wie Gefühle zulassen, die Verbindungen wünschen, und dabei trotzdem bei mir bleiben. Wie bei mir bleiben und dabei trotzdem zulassen ,mich zu öffnen und in mir Raum mit Uns zu füllen. Emotionale Öffnung, Kontrolle abgeben, sich fallen lassen. Machtverlust. Ohnmacht der Gefühle. Emotionale Öffnung bedeutet sich verletzlich machen, vielleicht sogar verletzlich zeigen. Sie widerspricht der Stärke des Unverwundbaren innerhalb der kämpferischen Logik. Sie widerspricht damit erst mal der Logik des Widerstands. Und zieht ihr Stärke aus der Verwundbarmachung. Weil ihre Intensität und Kraft aus der Weichheit entsteht. Und diese Weichheit erfordert, um bestehen zu können, eine gegenseitigen Verantwortung der emotionalen Öffnung mit Respekt zu begegnen.
Emotionale Öffnung als Grundlage all unserer Kämpfe wertschätzen. Denn sie ist es, die uns lebendig macht. Uns machtlos verbinden lässt. Dem Herrschaftsprinzip widerspricht, weil sie Kontrolle loslässt anstatt sie aufzubauen. Weil sie erst durch den Kontrollverlust sich vollständig lebendig anfühlen kann. Aber Achtung. Wie oft hat eine emotionale Öffnung durch darauf folgende Verletzung eine noch härtere Schale entstehen lassen. Eine emotionale Kälte produziert, die extrem viele Kräfte braucht um wieder aufzutauen. Die harte Schale, die heute kollektiv vorhanden ist und aus dem Beziehungstrauma, das die menschlichen Zivilisation begleitet, entstanden ist. Kollektive Verletzung, weil eine emotionale Öffnung durch all die Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse kaum möglich war und immer noch kaum ist. In einem Ausbeutungsverhältnis, durchdringt die Machtausübung die Beziehungsverhältnisse wodurch emotionale Öffnung mit Schwäche assoziiert ist. Auch das Herrschaftsverhältnis verschließt vor emotionaler Öffnung, da diese mit Kontrollverlust und dem Verlust der Ausübung von Macht einhergehen würde, also der Grundlage des beherrschen.
Aber wie befreien wir uns individuell und kollektiv aus diesem internalisierten Unterdrückungsverhältniss? Natürlich gibt es darauf keine einfache Antwort. Natürlich wird es da, wo Gefühle anfangen, komplex, chaotisch, widersprüchlich, undifferenziert und unaussprechlich. Und auch jetzt sind es Gedanken und keine Gefühle mehr. Die Gedanken zu Gefühlen als Annäherung eines Verständnis des Selbst und der Beziehung zur Welt. Und trotzdem, wie es die Natur der Dinge ist, nur eine Annäherung. Annäherung ist es, was wir brauchen. Zur Befreiung. Von stagnierender Abhängigkeit zur lebendigen Abhängigkeit. Zu einem Wir, was Bewegung zulässt und uns bewegen lässt. Kraft entwickelt auch Andere, zu bewegen. Weil wir keine abgeschlossene Einheit sind. Weil diese Einheit nicht in die Zweisamkeit der Paarbeziehung verbannt wurde, um in dieser alles zu stabilisieren und dem Chaos der Leidenschaft einen sicheren Raum zu erschaffen.
Annäherung an Beziehungsweisen. Die vielfältig sind. Und Vielfältigkeit zulassen. Die sich verändern. Und darüber hinaus Veränderung versprechen. Die in der Übergangsphase, bei der Ablösung von stagnierender Abhängigkeit, diese durch das Beziehen auf Mehrere stabilisieren. Stabilisieren ohne Verfestigen. Da unterschiedliche Anknüpfungspunkte Raum für individuelle Bewegung lassen. Und gleichzeitig eine gemeinsam Bewegung sind. Anknüpfungspunkte für Begegnungen und Rückzug. Die eine Annäherung an uns selbst zulassen, ohne die Erwartung entstehen zu lassen, dass das Teilen dieser das Gegenüber in die gleiche Bewegung versetzen wird. Konfliktualitäten zulassen, die nicht sprengen sondern neu verknüpfen.
Zu viel Metaebene. Zu wenige konkrete Erzählungen. Aber das Geschwafel kommt aus den praktischen Versuch, aus Erfahrungen etwas zu ziehen, was sich dem entzieht, was war. Aus all den gelebten Anstrengung eine sich verändernde Beziehung zu führen, und plötzlich doch vor einem Ende zu stehen. Dabei steht meinem Verständnis von Beziehung, als wechselseitiges Beziehen und Lebendiges verändern, sowas wie ein Ende komplett entgegen. Aber trotzdem gibt es da so etwas, wie alleingelassen werden. Damit meine ich nicht die individuelle Bewegung meines Gegenübers, die in eine andere Richtung geht und die ich akzeptieren kann, oder eben nicht. Die ich lernen kann, durch andere Anknüpfungspunkte um mich herum, zulassen zu können. Nein, ich meine das alleingelassen werden, was sich anfühlt, wie verlassen zu werden. Verlassen werden, weil das Gegenüber keine Verantwortung mehr für die gemeinsamen emotionalen Öffnung übernimmt. Deine Verletzlichkeit ignoriert und sich egoistisch der individuellen Bewegung widmet, ohne in Beziehung zu bleiben. Sich über dich hinwegsetzt und den vorherigen Gefühlsaustausch ignoriert und dir damit die Möglichkeit nimmt, reagieren zu können. Oder Raum zu geben. Weil sich das Gegenüber den Raum einfach nimmt, auf Uns aufbaut aber mich hinter sich lässt, ohne mich dabei meinen Schmerz und meine Traurigkeit formulieren zu lassen. Wenn mein Gegenüber die Konfliktualität ignoriert anstatt diese als Teil der Verbindung anzuerkennen, dann durchbricht es die lebendige Abhängigkeit. Wird egoistisch und zerstört das Vertrauen. Das Vertrauen, wechselseitige emotionale Verantwortung zu übernehmen. Das Vertrauen, was wir brauchen, wenn wir abseits von Struktur versuchen, Stabilität zu schaffen, die Bewegung und Veränderung zulässt, ohne uns kaputt zu machen. Das Vertrauen in uns gegenseitig, dass unsere Verbindungen so lebendig sein lässt, dass wir weiterhin dafür kämpfen werden.
Kämpfen. Zusammen. Individuell. Autonom. Verbunden.