Streik und Repression in Kolumbien

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Nach den erfolglosen Gesprächen zwischen den Bauern und der Regierung in den letzten Jahren haben die verschiedenen Gruppen und Bewegungen, vereint im „Cumbre Agraria, Campesina, Étnica y Popular“ nun einen weiteren nationalen Streik ausgerufen. Die Streiks werden mittlerweile im ganzen Land militarisiert.

Der aktuelle Wahlspruch der kolumbianischen Regierung lautet: Keinen bewaffneten Kampf mehr! Als Argument dient dabei das Suggerieren von einer modernen demokratischen Regierung, in der politische Partizipation garantiert wird und verschiedene Meinungen ausgehalten werden müssen. Vorrangig geht es um das Durchsetzen einer neoliberalen Wirtschaftsstrategie mit der Befriedung des Landes, um transnationalen Konzernen und der Weltwirtschaft die leichte Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und die Festigung des Kapitalismus zu ermöglichen.

 

Nach den erfolglosen Gesprächen zwischen den Bauern und der Regierung in den letzten Jahren haben die verschiedenen Gruppen und Bewegungen, vereint im „Cumbre Agraria, Campesina, Étnica y Popular“ nun einen weiteren nationalen Streik ausgerufen. Er findet in fast allen Provinzen statt und wird hauptsächlich durch Arbeitseinstellungen, Blockaden von wichtigen Verkehrsadern und von Demonstrationen bestimmt. An den Streikaktionen sind rund 90.000 Personen beteiligt, viele Bauern, Indigene und Afrokolumbianer.

 

Die Streikenden fordern einen Frieden in Kolumbien mit sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz. Sie stellen sich klar gegen das derzeitige ökonomische Entwicklungsmodell und den Extraktivismus, das heißt eine Wirtschaftspolitik, die sich auf den Abbau der natürlichen Ressourcen beruft. Dieses Modell jedoch verursacht Hunger, Gewalt, Enteignung und Vertreibung. Diese Wirtschaftspolitik hat  für sechs Millionen Binnenflüchtlinge gesorgt und Abertausende in die Migration von anderen Ländern. Immer mehr Land wird den Bauern, Indigenen und Afrokolumbianern weggenommen, während immer mehr Konzessionen zum Rohstoffabbau und Anbau an transnationale Konzerne erteilt werden. Hinzu wird politische Teilhabe gefordert.

 

In Havanna bei den Friedensverhandlungen wurde der Punkt der politischen Partizipation bereits behandelt. Er soll einen demokratischen Spielraum für alle Bewegungen und Parteien garantieren. Hinzu kommt der Punkt der Integration der aufständischen Bewegung FARC-EP als politischen Akteur in das Parteiensystems Kolumbiens. Der bewaffnete Kampf für politische Ziele soll dann beendet werden. Auch eine Agrarreform wurde thematisiert, eine Umsetzung steht im Rahmen eines endgültigen Friedensabkommens noch aus.

 

In der Öffentlichkeit läuft eine Medienkampagne, in der die nationale und internationale Bevölkerung über die scheinheilige Demokratie und Versprechen der Regierung überzeugt werden soll. Die humanitäre Krise in la Guajira, bei der Kinder an Hunger sterben, der aktuelle Nationalstreik, getragen vor allem durch die Landbevölkerung und der zunehmende Paramilitarismus mit seinen Bedrohungen und Morden an der politischen Opposition zeigen jedoch die mangelnde Authentizität im demokratischen Diskurs.

 

So bezeichnen Regierungsmitglieder die Protestierenden des Streiks als Terroristen. Diese von der Regierung verächtlich genannten Terroristen sind jedoch diejenigen, die die Regierung daran erinnern, dass ihre Versprechen nicht eingelöst wurden. Immer wieder ist es besonders die Landbevölkerung, welche die scheinheilige Demokratie kennenlernen darf. Dies bedeutet eine fehlende Umsetzung der vereinbarten Punkte aus den letzten und stattdessen den Ausbau einer neoliberalen Wirtschaftspolitik und Freihandelsabkommen, aber auch die Verurteilung der Protestierenden und staatlichen Repression gegen das Recht auf Demonstration und politische Partizipation.

 

Die Streiks werden mittlerweile im ganzen Land militarisiert. Beteiligt an der Militarisierung sind das Militär, die Polizei, die Luftwaffe, die Marine, der Geheimdienst und die polizeiliche Sondereinheit zur Aufstandsbekämpfung mit dem Namen ESMAD. Seit der Gründung der ESMAD im Jahr 1999 wurden Hunderte durch diese Sondereinheit verletzt und mehrere Personen getötet. Die Einheit ESMAD fällt durch Brutalität und sexuelle Gewalt auf. Nicht umsonst ist seit Jahren eine Forderung der aufständischen Bewegung FARC-EP, die Sondereinheit ESMAD aufzulösen.

 

Dabei, und das ist eben schon angeklungen, sind die prekären Arbeits- und Lebensbedingungen der Afrokolumbianer, Bauern und Indigenen sowie das Nichteinhalten der Vereinbarungen aus den Jahren 2013 und 2014  für eine Agrarreform die Hauptpunkte des Streiks. Die kolumbianische Regierung ignoriert und verletzt das Recht zu protestieren, obwohl dies ein grundlegendes Werkzeug für die Frieden und Demokratie ist. Das Ergebnis sind bisher drei Tote und mehrere Hunderte Verletzte im Land. Hat also eine bewaffnete politische Bewegung wie die FARC-EP, die die Interessen der Landbevölkerung vertritt, ihre Daseinsberechtigung?

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