Schweres Erdbeben in Ecuador

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In Ecuador gab es gestern ein schweres Erdbeben, das mehrere (Klein-)Städte schwer getroffen hat. Die Zahl der Todesopfer beläuft sich auf momentan über 200. Militär und Polizei riegeln Küstenorte ab, Informationslage dürftig. Tsunami blieb aus. Ein kurzer Erlebnisbericht.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass es in der Küstenregion Ecuadors ab und zu mal Erdbeben gibt. Doch das Erdbeben gestern abend war das stärkste Erdbeben, was die meisten Einwohner in ihrem Leben erlebt haben. Fast eine Minute lang rappelte es heftig, danach ging es noch eine Minute schwächer weiter. Straßen wackeln, Häuser ächzen. Kinder rennen durchs Dorf und schreien "Tsunami, Tsunami", Hunde kriegen sich nicht mehr ein und bellen alles an, was sich auf der Straße bewegt. Das Dorf versammelt sich auf den Straßen, dann geht das Licht aus.

Schließlich, das erste Beben ist vorbei, geht die Sorge um. Kommt jetzt ein Tsunami oder nicht? Internet fehlanzeige. Der Stromausfall hat wohl auch die Handymasten erwischt. Autos werden vorgefahren und gepackt, Nachrichten per Mund-zu-Mund Kommunikation weitergegeben. Die Feuerwehrleute wissen nicht, obs ein Tsunami geben wird. Im Dorf selbst ist nichts passiert, kein Haus eingestürzt.

Dann setzt das große Warten ein. Kurz darauf geht der Strom wieder an, das Licht funktioniert, kurze Zeit später auch das Internet. Alle suchen fieberhaft nach Informationen, lesen Artikel. Die große Frage lautet: Tsunami-Gefahr ja oder nein? Evakuieren oder nicht?

Die ersten haben ihre Sachen gepackt und machen sich auf Richtung Berge. Die sind nicht weit, die Hügel in 5 Minuten Fußweg sind hoch genug. Andere packen ihre Koffer ins Auto, unschlüssig, ob sie fahren sollen oder nicht. Schließlich fahren doch viele - aber fast ausnahmslos Touristen. Die einen mit Hund, die anderen lassen den lieber zu Hause.

Stunden des Wartens beginnen. Immer noch keine neuen Nachrichten. Was sagt die Regierung? Erst einmal nichts. Dann, um Neun, zwei Stunden nach dem Beben, kommt die erste Meldung der Regierung, die aber zweideutig ist. Beben der Stärke 6,5.  Das reicht nicht für einen Tsunami, es wird aber weder ge- noch entwarnt. Währenddessen ruft die US-Tsunamiwarnstelle vorsorglich Tsunamiwarnung aus und meldet 7,8. Warten. Nächste Tsunamiwarnmeldung aus Peru. Warten.

Immer mehr Touris verlassen das Dorf per Auto, während andere Familien, die mit ihren Kindern zu Fuß den Berg hoch waren, bereits wieder kommen.

Um zehn kommen erste Meldungen der Regierung, dann eine SMS aufs Handy, man solle doch die Küste verlassen.

Um elf Entwarnung aus Peru, der Tsunami ist angekommen, mit einer Höhe von 8cm aber nicht bedrohlich. Auch das US-Institut sagt inzwischen 0,3 bis 1m Höhe an, was für das Dorf nicht gefährlich ist. Beruhigung der Lage. Um Eins noch ein leichtes Nachbeben, das wars.

Mit fortschreitender Zeit schnellen die Opferzahlen in die Höhe. 20, 30, 70... Das Erdbeben, von hier aus ca. 300km nördlich, hat im Epizentrum und in den Städten drumherum schwer gewütet. Heute sind bereits über 200 Todesopfer zu beklagen, vor allem Betonbauten hat es schwer erwischt. Kollegen vom freien Radio Flacso melden, dass es in Guayaquil Probleme mit der Trinkwasserversorgung gibt, im Süden von Quito mehrere Orte ohne Strom sind. Am schwersten hat es wohl Muisne erwischt, im Epizentrum. Im Dorf sind alle Betonbauten zerstört, glücklicherweise sind die meisten Häuser aber aus Holz - was ja erdbebensicherer ist, dafür aber tsunamigefährdeter.

Aus der Provinz Los Rios werden über 100 zerstörte Häuser gemeldet, aber keine Todesopfer.

Laut offiziellen Medien kommen die meisten Opfer aus Pedernales und Porto Viejo, auch Manta soll es erwischt haben.

Die sozialistische Regierung (Ecuador bezeichnet sich wie Bolivien und Venezuela ja als sozialistisches Land) hat einen Sondertopf von 300 Millionen Dollar angezapft, ihre erste Reaktion war allerdings erstmal Militär zu mobilisieren, um die "Ordnung und Güter" zu schützen. Auch in einem sozialistischen Land gilt die Hauptsorge wohl erst einmal der öffentlichen Ordnung und die Angst vor den Plünderern. Absurd.

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