Erster Bericht eines Gefangenen aus Moabit: von der Festnahme zum Knast

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Im Folgenden dokumentieren wir einen ausführlichen Bericht des Gefangenen K. ab dem Zeitpunkt seiner Festnahme bis hin zu seiner jetzigen Situation im Knast Moabit. Seine Angehörigen kamen ebenfalls schon zu Wort.

Festnahme

K., welcher selbst bei der Feuerwehr und im Rettungsdienst vor seiner Inhaftierung arbeitete, wurde am 03.0320 im Amtsgericht Moabit festgenommen und war zu dem Zeitpunkt am Daumen stark verletzt. Deswegen wurde er nicht direkt in den Knast, sondern zunächst in ein Krankenhaus verschleppt.

„Als ich dann im Rettungswagen mit Handschellen auf den Rücken in so einem Stuhl saß, merkte ich, wie das Blut vom Daumen den neu angelegten Verband der Feuerwehr Kollegen durch siffte! So saß ich gute 30 Minuten und wartete auf den Knast Transporter. Als er endlich auf dem Hof des Gerichtsgebäudes ankam, stieg ich um. Mir wurden dann noch A4 Verbandtaschen mit Panzertape über die Hände gestülpt. Dann kam noch eine grüne OP Maske, weil die Angst hatten, dass ich Covid 19 habe. Ich habe lediglich gesagt, dass ich vor kurzem einen Schnupfen gehabt habe. Das die dummen Behörden daraus gleich Covid 19 machen ist ja nicht mein Problem! Natürlich wollte ich die gesamten Maßnahmen nicht. Auf dem Weg zur Gesamtsammelstelle in einer Bullenkolonne, popelte ich in Handschellen auf dem Rücken und mit blutenden Daumen die Hände frei und riss die A4 Umschläge ab. Auch befreite ich mich von der OP Maske, indem ich sie mit den Zähnen abknabberte und ausspuckte. Als die Fahrt zu Ende war und ich raus musste, sah ich auf meinem Sitz und dem Fußboden, dass alles voller Blut war. Tja Pech…. Ich kam in eine Zelle und hörte wie sich die Typen berieten. ‚Der ist nicht haftfähig wegen der Wunde.` Nach einer Stunde ungefähr kam ein Arzt und schaute es sich an. Er schlug vor, mich ins Krankenhaus Wenkelbach Vivantes zu fahren. Hätte ich so einen Patienten bei mir auf Arbeit im Rettungsdienst gehabt, wären wir ins UKB gefahren, da die Durchblutung, Motorik und Sensibilität im und um den linken Daumen nicht mehr da war. Nervenschädigung! Nun ist mein linker Daumen zur Hälfte taub, kann ihn nicht mehr zu 100% bewegen und die Narbe bzw. im Gewebe schmerzt richtig bei Kontakt. Auf den Weg ins Krankenhaus wurden mir wieder Handschellen und diesmal sogar Fußfesseln angelegt. Ich bezog meinen alten mit Blut beschmierten Platz im Sprinter. Ich wollte das einer mir den Sicherheitsgurt anlegt. Es kam nur die dumme Aussage, er würde wohl vorsichtig fahren. Wäre ein Unfall passiert und der Sprinter umgekippt, wäre ich in der Kabine umher geflogen und hätte mich schwer verletzen können! Im Krankenhaus angekommen musste ich mit Handschellen am Rücken und Fußfesseln in einen Rollstuhl und wurde in die Rettungsstelle geschoben. Vor Ort parkte mein Knast Sprinter und 4 Bullenwagen. Es waren gute 12 Typen anwesend! Es war peinlich. Eine Schwester kannte ich durch den Rettungsdienst. Ich schilderte dem Arzt, warum mein Daumen blutete und aufgerissen war. Der Arzt sagte mir und zu den Bullen, dass die Handschellen entfernt werden sollen, damit die Hand und Daumen geröntgt werden können. Die Bullen weigerten sich. Es sollte lediglich ein Covid 19 Test durchgeführt werden, so der Einsatzleiter. Der Arzt im Krankenhaus meckerte, er müsse die Wunde begutachten und dazu müssten die Handschellen ab. Die Bullen blieben dabei und somit auch die Handschellen. Er sah sich meinen Daumen hinter meinen Rücken an. Das sollte genäht werden mit Handschellen auf dem Rücken. Ich verweigerte dies! Keiner macht was an meinem Körper hinter meinen Rücken oder wir haben hier alle gleich großen Spaß! Es wurde nicht genäht sondern nur getapt mit sechs Stripes und dann neu verbunden. Trotzdem ist der Daumen jetzt taub und tut echt weh beim anfassen. Ich sagte später meinem Anwalt, ich möchte die Bullen verklagen und Schmerzensgeld haben! Nichts passierte bis dato. Es ging zurück auf mein Rollstuhl mit beiden Fesseln. Wir warteten auf den Covid19 Test. So saß ich gute 60-90 Minuten in meinem Rollstuhl mit Fesseln draußen vor der Tür. Währenddessen versuchten die Deppen Infos aus mir zu bekommen. Ich antwortete aber nicht. Irgendwann ging es in Kolonne wieder zur Gesa ohne Sicherheitsgurt!“

Gesa Tempelhof

„Auf der Gesa Tempelhof angekommen, ging ich in meine Suite. Mega kalt, habe gefroren und hatte das erste Mal Angst. Nach Stunden konnte ich einen Anwalt anrufen aus einer Liste.

Dieser kam dann ca. 90 Minuten später. Ich sagte ich habe Durst und Hunger. Es wurden Bilder von mir gefertigt und Fingerabdrücke genommen. Dann wurde mir Blut abgenommen, ohne dass ich einen Beschluss gesehen habe oder rechtlich belehrt wurde.

Ich musste dann mal aufs WC. So ein Typ gab mir eine Klopapierrolle mit angetrockneter Scheiße dran. Ich sah es vorher nicht und hielt die Hand auf und der Typ klatschte mir die Rolle mit Scheiße mit der betroffenen Seite der Rolle in die Hand. Ich merkte es erst später. Ich musste dann nicht mehr zum WC. Ich klingelte, die Tür ging auf und ich gab den Typen die Rolle zurück. Ich drehte den Spieß um und klatschte jetzt ihm die Kackrolle in seine Hand. Der Blick von dem Vogel war unbezahlbar. Irgendwann kam ein Anwalt. Wie sprachen etwas. Leider hatte ich nicht die Telefonnummer von meinem Anwalt im Kopf. Dieser Anwalt hier sah aus wie Goofy von Disney, kein toller Typ. Er ging wieder und siehe da, nach 30 Minuten bekam ich Knäckebrot und Käse gereicht. Auch konnte ich ein paar Zigaretten rauchen. Die Nacht war grausam. Meine Gedanken waren bei meiner geliebten Freundin und bei meinen tollen Eltern. Irgendwann morgens am 4.3.2020 kam eine Kripotante und fragte, ob ich aussagen will. Ich sagte, ‚na klar`, aber nur unter zwei Bedingungen. Erste war, dass der Anwalt dabei wäre und zweite war, dass ich zwei Zigaretten rauchen kann. Sie sagte es sei ok. Noch nie habe ich die Zigaretten so genossen! Als wir das Verhör mit dem Anwalt auf der Gesamtsammelstelle starteten, fing sie an zu fragen. Mein Anwalt sagte nur für mich: ‚Mein Mandant macht dazu keine Angaben.‘ Boa war die Alte angepisst. ‚Herr S……, sie sagten sie wollen aussagen?` Ich sagte nur ‚danke für die zwei Zigaretten und alles weitere via Anwalt‘. Die war mega sauer, aber das war mir egal! In dem Verhör keiften sich der Anwalt und die Kripotante an. Es wurde fleißig telefoniert mit der Sau von Staatsanwalt Roland Hennicke (Bild unten). Der hat einen Haftbefehl für mich erlassen.“

Im Knast Moabit

„Irgendwann ging es in die JVA Moabit zum Haftrichter. Dort saßen der Staatsanwalt Hennicke und Richter Bäumel. Zwei arrogante Typen. Ich blieb in der JVA, Aufnahmegespräch usw. Die Nacht teilte ich mir mit einem Österreicher auf einer Nachbarzelle. Sehr netter Typ. Wir redeten die ganze Nacht.

Die Aufnahmetypen waren ganz ok. Nach der Nacht bekam ich eine sehr enge Jogginghose und ein viel zu kleines T Shirt von der Station. Ach ja, vorher wurde ich medizinisch begutachtet und die Lunge wurde geröntgt, auch eine Art von Körperverletzung. Danach ging es auf Station. Mega dreckig und staubige Suite. Da es eine Zelle mit Nachbarzelle in einer war, getrennt durch eine Holztür, zog eine Stunde später mein Nachbar ein. Einer zum reden war viel wert. Mich plagten viele Fragen. Die wichtigste für mich war, was wird aus meiner Freundin! So eine mega süße, liebe tolle Frau. Irgendwann kam die Sozialarbeiterin Frau Scheiber, anfangs war sie sehr nett, entpuppte sich aber schnell als nicht sozial, unkooperativ und hinterhältig. Ich durfte bei ihr telefonieren, zu erst meine Freundin und dann mit meinen Eltern. Meine Freundin und ich weinten nur am Telefon. Meine Eltern waren aufgelöst, traurig und sauer zugleich. Im Laufe der Zeit, gute fünf Tage später nach den Gesprächen mit Freundin und Eltern, gab es die Telefonkarte. Sieben Cents die Minute ins 030- Berliner Festnetz, 10 Cents nach Hamburg und 23 Cents aufs Handy. Für Leute die keine Familie oder Freunde haben sind diese Gebühren das Ende vom Ende.

Für jeden Scheiß und jede Kleinigkeit musst du nun einen Vormelder schreiben. Also der Antrag für den Antrag. Es macht einen kaputt, nervt und macht mürbe. Ich möchte nicht wissen wie viel ich schon an Gebühren bezahlt habe. Telio aus Hamburg verdient super daran. Jedes Mal beim Aufbuchen kommen noch Gebühren dazu.

Silberfische sind hier auch zu Hause, wir beendeten ihr Leben. Sie sind einfach nur ekelhaft. Wir wischten mehrfach die Woche unsere Zellen, dieses wurde uns aber nach geraumer Zeit untersagt seitens der Schließer – es wäre zu häufig. Bei zwei netten Schließern durften wir dennoch wischen. Ansonsten arrangierten wir uns ein wenig mit den Viechern, ließen sie tot in der Ecke liegen bis wir wischen durften.

Antrag für den Friseur wurde gestellt, dieser kam dann nach einen Monat.

Ich sammelte Vormelder über Vormelder und gab diese dann gebündelt ab, die Mimik der Schließer unbezahlbar. Tja, auch mal arbeiten sagte ich nur. Mal kamen sie an und ich erhielt Antwort, aber einige verliefen sich auf den Weg an die entsprechende Stelle.

Ich legte mich auch mit der Zentrale der medizinischen Abteilung an. Ich wollte einen Auszug aus meiner Patientenakte, der mir nach § 630 BGB zu steht. Erst nach Androhen eines Anwaltes bekam ich diese ausgehändigt. In dieser stand aber nur Grütze. Meine Bandscheibenvorfälle werden komplett ignoriert. Ein Pharmamüsli seitens der JVA lehne ich ab.

Auch mehrere Vormelder wurden ignoriert, ich will nur eine adäquate fachliche medizinische Betreuung erhalten. Nichts in dieser Richtung passiert. Die JVA ist dafür nicht ausgelegt.

Mit der Zeit knüpfte ich Kontakte zu den Hausarbeitern hier, es sind Gefangene die zum arbeiten verpflichtet wurden. Sie arbeiten 5-6 Tage die Woche von 6-18.00 Uhr für rund 130-160€ im Monat. Was ist mit dem Mindestlohn??? Daran merkt man doch, das wir nichts mehr wert sind. Arbeitsangebote lehnte ich bis jetzt immer ab. Zwei bis drei Hausarbeiter sagten mir auch, dass die Wärter angepisst sind von mir und meinem Nachbarn, wir schrieben zu viele Vormelder. Wir wären störende Insassen. Mann solle hier liebe die Fresse halten und den Wärtern die Schuhe küssen. Einer gab folgenden Kommentar: ‚Mir ist es egal, ob du Anträge abgibst, ich zerreiße sie und werfe sie weg, das gleiche gilt für die Einkaufsliste und somit bekommst du keinen Einkauf.‘

Damit wäre der ersehnte Einkauf weg. Somit brauchen sich die Wärter nicht zu wundern, dass die Stimmung in den Keller rutscht und sie dadurch Aggressionen erwecken. Andere Wärter sticheln, beleidigen, provozieren, greifen verbal die Insassen und deren Familien an. Dieses ist unmoralisch und asozial zugleich, es sind ungleiche Machtspiele.

Im Bunker war ich übrigens auch schon. Die größte Angst, die ich Tag für Tag habe ist nicht, was für eine Strafe ich bekomme, sondern wie lange das bitte eines Liebesbeziehung aushält?

Mittlerweile musste ich mal wieder umziehen. Mein Mitinsasse hat Arbeit bekommen und zieht dadurch bedingt um. Ich muss nun auf die sogenannte Schlägerstation. Den Namen habe ich mir nicht ausgedacht, die wird so genannt, weil es dort öfter mal knallt. (…)“

Weitere Berichte folgen. Zeigt K. und seinen Angehörigen, dass sie nicht alleine sind! Solidarische Briefe können an uns geschickt werden, wir werden sie den Angehörigen und dem Gefangenen weiterleiten. Drückt eure Wut und euren Hass gegenüber Knästen und dem Staat auch auf vielen anderen Wegen aus. Wenn wir, Gefangene, Ex-Gefangene, Angehörige, Aktivist*innen und alle Feind*innen des Staates gemeinsam kämpfen, können wir mehr erreichen, als vereinzelnd.

 

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