DISS Presseerklärung zur Debatte um die Ereignisse in der Silvesternacht

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DISS Presseerklärung zur Debatte um die Ereignisse in der Silvesternacht
in Köln

Duisburg, 16. Februar 2016

In der Debatte um die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln
dominieren rassistische und sexistische Deutungsmuster

Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung analysiert seit
über 25 Jahren migrationspolitische Debatten und deren Verknüpfung mit
Themen wie Geschlechterverhältnisse und Meinungsfreiheit. Wir haben uns
in der Vergangenheit vielfach gegen eine Ethnisierung von Sexismus und
gegen diskriminierende Berichterstattung ausgesprochen. Daran halten wir
auch nach den Ereignissen von Köln fest.

In Köln und anderen Städten kam es Silvester zu einer großen Anzahl
sexualisierter Übergriffe von Männern auf Frauen. Nach diesen
Ereignissen entbrannte in der bundesdeutschen Presse eine Debatte, die
bis heute anhält. In dieser Debatte werden verschiedene Themen
miteinander verknüpft.

Zum einen wird eine Verbindung zwischen Geschlechterverhältnissen und
Migration hergestellt. Die Betonung, dass die vermeintlichen Täter einen
Migrationshintergrund haben, vermittelt den Eindruck, dass die Ausübung
sexualisierter Gewalt etwas mit der Herkunft zu tun habe. Hier wird
eines der ältesten patriarchalen Argumente bemüht, wenn der Schutz der
„eigenen“ Frauen vor dem „Fremden“ gefordert wird.

http://www.disskursiv.de/2016/02/19/diss-presseerklaerung-zur-debatte-um-die-ereignisse-in-der-silvesternacht-in-koeln/

DISS Presseerklärung zur Debatte um die Ereignisse in der Silvesternacht
in Köln

Duisburg, 16. Februar 2016

In der Debatte um die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln
dominieren rassistische und sexistische Deutungsmuster

Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung analysiert seit
über 25 Jahren migrationspolitische Debatten und deren Verknüpfung mit
Themen wie Geschlechterverhältnisse und Meinungsfreiheit. Wir haben uns
in der Vergangenheit vielfach gegen eine Ethnisierung von Sexismus und
gegen diskriminierende Berichterstattung ausgesprochen. Daran halten wir
auch nach den Ereignissen von Köln fest.

In Köln und anderen Städten kam es Silvester zu einer großen Anzahl
sexualisierter Übergriffe von Männern auf Frauen. Nach diesen
Ereignissen entbrannte in der bundesdeutschen Presse eine Debatte, die
bis heute anhält. In dieser Debatte werden verschiedene Themen
miteinander verknüpft.

Zum einen wird eine Verbindung zwischen Geschlechterverhältnissen und
Migration hergestellt. Die Betonung, dass die vermeintlichen Täter einen
Migrationshintergrund haben, vermittelt den Eindruck, dass die Ausübung
sexualisierter Gewalt etwas mit der Herkunft zu tun habe. Hier wird
eines der ältesten patriarchalen Argumente bemüht, wenn der Schutz der
„eigenen“ Frauen vor dem „Fremden“ gefordert wird.

Die Bildsprache ist dabei eindeutig: Der Focus titelte beispielsweise
mit einem Cover, auf dem eine weiße, nackte Frau mit schwarzen
Handabdrücken auf ihrem ganzen Körper abgebildet wurde. Der
Chefredakteur Reitz verteidigte das Cover gegen Kritik damit, dass man
die Entwürdigung und Degradierung der Frau zum Sex-Objekt habe
kritisieren wollen. Tatsächlich wird durch diese Darstellung aber nicht
nur die Degradierung der Frau zum Sex-Objekt plakativ reproduziert,
sondern gleichzeitig werden auch rassistische Effekte produziert.

Eine Ethnisierung von Sexismus, mit der Sexismus ins „Außen“ verlagert
wird, beinhaltet implizit immer auch Aussagen über „das Eigene“, denn
auf diese Weise werden sexistische Strukturen in der eigenen
Gesellschaft und die Auseinandersetzung damit ausgeblendet. So werden
der deutschen Gesellschaft in den Debatten um die Vorfälle in Köln
sowohl Geschlechtergerechtigkeit bescheinigt. Außerdem werden die
strukturellen Ursachen für sexualisierte Gewalt nicht berücksichtigt.
Dies legt den Schluss nahe, sexualisierte Gewalt könne durch Abschottung
nach Außen gemindert werden. Besonders eklatant ist, dass damit asyl-
und migrationspolitische Gesetzesverschärfungen als legitime Mittel
gegen sexualisierte Gewalt nahegelegt werden.

Außerdem wird in der Debatte eine Verbindung zum Islam gezogen. Die
Betonung der „nordafrikanischen“ Herkunft der Täter ordnet diese einer
Kultur zu, in der Geschlechtergerechtigkeit kein gesellschaftlicher Wert
sei. Dabei wird häufig unterstellt, dass die Täter Moslems seien und
deshalb ein rückständiges Frauenbild hätten. Im Gegensatz dazu wird das
Christentum als weniger problembehaftet konstruiert und Frauenverachtung
zum Alleinstellungsmerkmal des Islam erklärt. Hierbei wird
unterschlagen, dass weder die christliche Religion noch westliche
Gesellschaften patriarchale Strukturen überwunden haben. So ergab eine
europaweit angelegte Umfrage aus dem Jahr 2014, dass der gefährlichste
Ort für eine Frau in Deutschland das eigene Zuhause ist.

Ein weiterer zentraler Punkt der Debatte um die Ereignisse von Köln ist
die Verknüpfung mit der Debatte um Meinungsfreiheit. Vor den Ereignissen
von Köln orientierten sich viele Journalist_innen an der Richtlinie des
Deutschen Presserats, in der Berichterstattung über Kriminalität die
Herkunft vermeintlicher Täter_innen nicht zu nennen, sofern diese für
den Tathergang keine Rolle spielt. Dies scheint innerhalb weniger Tage
obsolet geworden zu sein. Es wird sogar konstatiert, es sei nicht früh
genug über die Herkunft der Täter berichtet worden. Gefordert wird damit
im Namen der Meinungsfreiheit, künftig eine antidiskriminierende
Berichterstattung durch eine diskriminierende zu ersetzen.

Gleichzeitig wird der Ruf nach staatlicher Repression immer lauter und
der öffentliche Raum kann mehr und mehr von rechten Kräften und
sogenannten Bürgerwehren für ihre ausgrenzenden Strategien genutzt werden.

Wir müssen feststellen, dass die Debatte um die Ereignisse in Köln und
in anderen deutschen Städten vor dem Hintergrund aktueller
migrationspolitischer Debatten stattfindet, in denen rassistische und
sexistische Deutungsmuster dominieren. Damit werden jedoch die
weltweiten patriarchalen Strukturen, auch die in der deutschen
Gesellschaft, ausgeblendet. Sexismus wird zum Problem „der Anderen“
gemacht. Das Recht der Frau auf sexuelle Selbstbestimmung wird
vorgeschoben, um rassistische Aussagen zu legitimieren.

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Ergänzungen

Ich bin eine Frau und leiste schon seit über 20 Jahren antifaschistische Aufklärungsarbeit. Es ist wirklich unglaublich, daß ausgerechnet auf linken antifaschistischen Seíten diese unglaublichen Vorfälle in Köln bagatellisiert werden!
Schämt Euch!!!