Die Verbindungen der Identitären Bewegung Köln mit der AfD und der Kölner Burschenschaft Germania

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26.02.2017: Tim Beuter (Mitte) und Kreon Schweickhardt (rechts) an der Hohenzollernbrücke in Köln. (Quelle: Facebook)

Der komplette Bericht mit allen Fotos ist auf https://koeln.noblogs.org/ zu finden.

 

Erst kürzlich wurde eine Recherche über die Verstrickungen der AfD NRW mit der Identitären Bewegung anhand der Online-Seite FritzFeed und seinem Betreiber Christian Schäler auf Netzpolitik und Bento veröffentlicht. Ergänzend hierzu gab es einen Artikel in der Lotta. In diesem Zusammenhang wurde Tim Beuter als Pressesprecher der AfD-Fraktion in NRW geoutet, der lange Zeit ein festes Mitglied der IB-Ortsgruppe Köln gewesen ist.

Die personellen Überschneidungen von IB und AfD sind hierbei keineswegs ein Einzelfall. Die Identitäre Bewegung Köln mag heute nicht mehr nennenswert aktiv sein, ihre Mitglieder sind es dennoch. Den Weg von Aktivist_innen der Identitären Bewegung hin zu Positionen und Posten bei der AfD oder zu Mitgliedschaften in Burschenschaften sind bereits viele gegangen, denn die Verstrickungen zwischen IB, AfD und Burschenschaften sind bundesweit enorm. Dabei gab es während der gesamten aktiven Zeit der IB Köln bereits mehrfach personelle Verbindungen zur AfD sowie auch zur extrem rechten Kölner Burschenschaft Germania.

 

Die IB Köln und die AfD

Fangen wir mit Christian Schäler, dem Mitarbeiter der AfD-Fraktion im Landtag NRW, und Tim Beuter an. Wie schon in den o.g. Artikeln zu lesen war, kannten sich Schäler und Beuter spätestens seit dem 07.01.2018, als die IB Köln unter Mitwirkung überregionaler IBler eine Aktion mit Bannerdrop und Pyrotechnik auf der Hohenzollernbrücke in Köln durchführte. Schäler und Beuter gehörten dabei zu dem 6-köpfigen Vorbereitungsteam, das als Vorhut bereits eine Stunde vorher anwesend war, bevor sich 20 weitere Aktivisten an der linksrheinischen Brückenseite einfanden. Schäler und Beuter machten während der Aktion Aufnahmen der Brücke und der Kölner Skyline für das obligatorische IB-Video.

Dass Tim Beuter Teil dieser Vorhut war ist naheliegend, da er quasi als eine Art Leiter der IB Köln fungierte. Eigentlich aus Bad Berleburg in der Nähe von Siegen stammend war er bereits seit der IB-Aktion auf dem Dach des Kölner Hauptbahnhofs im Dezember 2016 bei der IB in Köln aktiv. Im Februar 2017 posierte die IB Köln vor der Hohenzollernbrücke mit dem damaligen NRW-Regionalleiter Kreon Schweickhardt und hing dort ein Banner mit der Aufschrift „Wehr dich“ auf. Mit dabei war auch hier Tim Beuter.

 Mit anderen Aktivisten von der IB Bonn protestierte er dann im April 2017 vor dem Generalkonsulat der Russischen Föderation anlässlich eines Terroranschlages in St. Petersburg. Wie bereits in den o.g. Artikeln berichtet wurde, nahm Beuter auch an der Banner- und Pyro-Aktion der IB Köln auf dem Dach des WDR im August 2017 teil und war einer der Hauptakteure im dem Sportvideo der IB, das in einem Judo-Club in der Kölner Südstadt aufgenommen worden war. Dieses sollte einerseits ihre Kampfbereitschaft signalisieren als auch ein reaktionäres Geschlechterbild vermitteln, in dem die Frauen* der IB Gymnastik machen, während die Männer* Kampfsport trainieren. Auch auf seinem damaligen Instagram-Profil bewarb Beuter ein Buch über Selbstverteidigung im Straßenkampf, das im rechtspopulistischen Kopp-Verlag erschienen war.
Sich selbst stellt Beuter als streng gläubiger Katholik dar. In sozialen Netzwerken postete er ständig Fotos von Kirchen und frommen Sprüchen, versehen mit den Hashtags #deoetpatriae („für Gott und Vaterland“) und #deusvult („Gott will es“). Letzteres ist ein Schlachtruf aus Zeiten der Kreuzzüge, der oft von rechten Gruppierungen wie der IB vereinnahmt wird.
Bis etwa Mitte 2018 war Beuter einer der wichtigsten Männer in der IB Köln. Er besuchte regelmäßig die IB-Stammtische in Köln und versorgte die Teilnehmer_innen mit Propagandamaterial der Identitären Bewegung, das sie weiterverteilen oder verkleben sollten.

 

Seit etwa dieser Zeit ist er mit Angelina Williard liiert. Die 1993 geborene Heilerziehungspflegerin posierte bereits Ende 2017, noch in Homberg bei Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz lebend, im Patriot-Shirt der Identitären Bewegung. Neben Fotos teilte sie auf Instagram auch ein Zitat von Albert Leo Schlageter, einem militanten NS-Aktivisten, postete ein Buch des rechtsoffenen Lyrikers und Musikers Uwe Nolte und erstellte Stories, wie sie im Auto auf dem Weg zur Arbeit Musik des identitären Rappers „Prototyp NDS“ (Künstlername des ehemaligen Regionalleiters der IB NRW Kai Alexander Naggert) hört. Nach ihrem Umzug nach Köln bekam sie eine Anstellung als Erzieherin in einer Kölner Kita. Über die Strategie, wie extrem Rechte und insbesondere Identitäre zunehmend Einfluss auf die Erziehung von Kindern und Jugendlichen gewinnen, berichtete bereits der Störungsmelder anhand eines Jugendtreffs in Hannover.


06.10.2018: Angelina Williard und Tim Beuter in Köln. (Quelle: Instagram)

Auch Williard ist wie Beuter streng gläubig und postete schon Fotos mit dem Hashtag #deusvult, jedoch trat sie erst im April 2020 offiziell durch eine Taufe der katholischen Kirche bei. Seit kurzem unternimmt auch sie erste journalistische Gehversuche und fungiert seit März 2020 als Autorin bei der AfD-nahen rechtspopulistischen Publikation Deutschland-Kurier, für die u. a. auch andere Rechte wie Erika Steinbach, Jan Nolte, Billy Six und Boris T. Kaiser arbeiten.

Im Herbst 2018 löschte Tim Beuter plötzlich sein Profil auf Instagram, und auch auf Twitter schreibt er seit geraumer Zeit nichts mehr. Ein ähnliches Vorgehen war auch bei weiteren Identitären zu beobachten. Sie sind offensichtlich vorsichtiger geworden seitdem der Verfassungsschutz die IB beobachtet, während sie aber möglicherweise in der AfD Karriere machen wollen. So offenbar auch Beuter. Im November 2019 referierte er als begeisterter Hobby-Fotograf bei einer Strategietagung der Jungen Alternative NRW in Düsseldorf zum Thema „Grundlagen Fotografie und Bildgestaltung“ und nahm Anfang 2020 an einem Stand des AfD Kreisverbandes Köln vor dem Museum für angewandte Kunst in Köln teil, wo er sich intensiv mit dem stellvertretenden AfD-Landesvorsitzenden Matthias Helferich unterhielt. Wie inzwischen aufgedeckt wurde, trat Beuter zumindest im Januar 2020 als Pressesprecher der AfD NRW auf. Zugleich schreibt er als fleißiger Autor für das o.g. AfD-nahe Portal FritzFeed, das schon nach wenigen Tagen Online-Präsenz vom Verfassungsschutz beobachtet wird und sich aufgrund einer Klage von Radio Fritz in FlinkFeed umbenennen musste.

 

Eine weitere Überschneidung von AfD und IB ist Eduard „Eddie“ Schneider aus Hückeshagen im Oberbergischen Kreis. Schneider wurde Ende 2017 in den neuen Vorstand der Jungen Alternative Bezirksverband Köln gewählt und ist heute Beisitzer im AfD Kreisvorstand Oberberg. Neben seiner Tätigkeit im Vorstand der JA pflegte er intensiven Kontakt zur Identitären Bewegung, besuchte deren Demos und nahm an ihren Aktionen teil. So war er einer der Aktivisten, die im Juli 2017 den Balkon der Stadthalle Wuppertal „besetzten“, ein Banner hochhielten und Pyrotechnik zündeten.


18.11.2018: Eddie Schneider (3. von links) mit Marleen Büngen (ganz links) und Kreon Schweickhardt (2. v. li.) auf der IB-Kundgebung in Bonn. (Quelle: Instagram)

 

Kurze Zeit später nahm er zudem an einer internen Feier zum Jahresabschluss der IB im Bergischen Land teil. Als Facebook Ende Mai 2018 in einer großen Löschwelle fast alle Accounts der Identitären Bewegung eliminierte, kaperten etwa vierzig Identitäre aus ganz NRW eine Demonstration der Patrioten NRW, die am 02.06.2018 in Solingen stattfand. Unter ihnen war auch Eddie Schneider, der mit der IB deren riesiges Banner mit dem Spruch „Remigration. Die Integration ist gescheitert“ hielt. Noch im November 2018 nahm er zudem an einer Kundgebung der Identitären in Bonn teil.

 

Ebenfalls AfD-Mitarbeiter, der zugleich auch Aktivist der Identitären Bewegung ist, ist Dennis Buggle aus Leverkusen-Opladen. Im Bundestagswahlkampf 2017 hing er als Mitglied der JA gemeinsam mit Yannick Noë Plakate des AfD-Kreisverbandes Leverkusen auf und wurde anschließend im November 2017 von Roger Beckamp als Mitarbeiter der AfD-Fraktion im Landtag vorgestellt. Spätestens seit März 2018 trat Buggle regelmäßig im Rahmen der Identitären Bewegung Köln auf, fuhr mit ihnen zu Demos nach Kandel, Bottrop und Mönchengladbach, und ging in Leverkusen IB-Plakate kleben und Flyer verteilen.


07.04.2018: Dennis Buggle (Vordergund) mit Marius Roppes (hinten links) und „Kris“ (hinten rechts) in Kandel. (Quelle: Instagram)

 

Als im Sommer 2018 dann in Köln vermehrt Plakate der IB gesichtet und Flugblätter der IB in Briefkästen geworfen wurden, war Buggle fester Bestandteil dieser „Flyercrew“, die jeden Mittwoch in jeweils einem anderen Kölner Stadtteil Material verteilte. Dass er als Leverkusener in Köln aktiv war, ist sehr bezeichnend für die IB Köln. Ohne externe Hilfe wäre die Ortsgruppe in Köln deutlich zu klein gewesen.

Buggles Freund „Kris“, der ebenfalls aus Leverkusen-Opladen kommt war auch Mitglied dieser Flyercrew. Buggle hatte „Kris“ schon zum Neujahrsempfang der AfD-Fraktion NRW 2018 mitgenommen, auf dem dieser für Fotos mit Alice Weidel und Guido Reil posierte. Spätestens seitdem besuchte „Kris“ regelmäßig die Stammtische der IB Köln, ging mit ihnen auf Demos mit seinem Kameraden Buggle und fuhr mit der IB Köln nach Schnellroda. Vor der Teilnahme an der IB-Kundgebung am 18.11.2018 in Bonn ging er mit der Kölner Ortsgruppe auf den Melaten-Friedhof in Köln und richtete die Gräber gefallener Soldaten aus dem 1. Weltkrieg anlässlich des Volkstrauertages her, bevor die AfD Köln kam und an den Gräbern ihre Gedenkstunde veranstaltete. Nach dem Abgang von Beuter war „Kris“ gewissermaßen tonangebend bei der IB Köln. Bei den Flyer-Aktionen in Köln übernahm er die mediale Aufbereitung auf Instagram, schoss dabei aber auch mal übers Ziel hinaus, indem er Anti-Antifa-Sprüche postete, die er schnell wieder löschen bzw. korrigieren musste. Während er ab Mai 2018 öfter als zuvor in den sozialen Medien postete und dabei am massivsten rassistische Hetze betrieb, löschte er im April 2019 plötzlich seinen Instagram-Account. Auch hier liegt die Vermutung nahe, dass dies primär aus Sorge vor Repressionen geschah und da er womöglich – wie viele seiner Kameraden – ebenfalls in der AfD ein zukünftiges Tätigkeitsfeld suchte.

 

 

Langjähriges aktives und vermutlich bekanntestes Mitglied bei der IB Köln/Bonn ist die heute 21-jährige Reinhild Boßdorf aus Königswinter-Ittenbach bei Bonn.


16.11.2019: Reinhild Boßdorf (links) mit ihrer Schwester Gertrud Hilda, die mit dem Nazi und IB Niederlande-Gründer Paul Peters liiert ist. (Quelle: Instagram)

 

Boßdorf kommt aus einer Familie mit einer großen Verwandtschaft, die unzählige Verbindungen in die extrem rechte Szene aufweist. Ausgehend von ihrem kürzlich verstorbenen Vater Peter Boßdorf und ihrem Großvater mütterlicherseits, Günther Deschner, der u.a. Chefredakteur der NPD-nahen Zeitschrift „Zuerst“ war, ist hier ein weitreichendes rechtes Netzwerk entstanden, das bis nach Belgien reicht. Es würde den Rahmen dieses Berichtes bei weitem sprengen, näher darauf einzugehen. Erwähnt werden soll jedoch Boßdorfs Freundschaft zu der in Köln aufgewachsenen Freya Honold von der IB-Ortsgruppe Dresden, die bereits seit 2016 Mitglied in der Akademischen Damenverbindung Regina Maria-Josepha zu Dresden (ADV Dresden) ist, sowie zur völkischen Familie Scharfenberg aus Hamm im Rhein-Sieg-Kreis.
Seit der „Besetzung“ des Kölner Hauptbahnhofes Ende Dezember 2016 beteiligte sich Boßdorf, die in Siegen Soziale Arbeit studiert, unentwegt an zahlreichen IB-Aktionen, die nicht nur in NRW sondern auch bundesweit stattfanden. Dabei vernetzte sie sich landesweit mit vielen weiteren IBlern. Als Leiterin der 120 Dezibel-Kampagne in NRW war sie bei all deren Aktionen anwesend, gab neurechten Medien Interviews und zeichnete sich verantwortlich für die mediale Präsenz von 120 Dezibel auf Instagram, Twitter und Facebook. Bewusst vertuschte sie dabei die Tatsache, dass 120db eine IB-eigene Kampagne war, die ebenso wie die Identitäre Bewegung vom Verfassungsschutz beobachtet wurde, und gab ihren Accounts Namen wie „Identitäre Mädels“ oder „NRW Mädels“. Boßdorf lud die „Mädels“ regelmäßig zu sich nach Königswinter ein, um Aktionen zu planen, Fotos zu schießen oder eben um „Mädelstreffen“ abzuhalten. Sie war es auch, die die IB-Kundgebung im November 2018 in Bonn unter dem Motto „Stoppt den Migrationspakt“ angemeldet hatte.
Seit Ende 2018 ist sie mit dem Leiter der Identitäre Bewegung Salzburg, Edwin Hintsteiner, liiert und baut seitdem Kontakte nach Österreich auf.
Im Sommer 2018 lud Boßdorf den damaligen Stadtratskandidaten der AfD Hoyerswerda, Toni Schneider, nach Köln zum Grillen mit der IB am Rhein ein. Der rechtsextreme Toni Schneider war lange Zeit zeitgleich AfD-Mitglied und Aktivist der IB-Ortsgruppe Bautzen (die sich mittlerweile Altstadtrevolte Bautzen nennt). Seit Mai 2019 sitzt er im Stadtrat Hoyerswerda, in dem die AfD die stärkste Fraktion bildet. Einen ausführlichen Artikel mit Hintergrundinformationen zu Toni Schneiders Rolle in der IB und der AfD findet sich auf Belltower News.

 

Eine weitere Aktivistin der IB Köln/ 120 Dezibel, die ebenfalls an diesem Grillen am Rhein teilnahm, ist Marleen Büngen.


24.11.2018 Marleen Büngen (links) beim Vortrag von Alain de Benoist in Marburg, mit dabei Freya Honold (rechts) (Quelle: Instagram)

 

Im Gegenzug für Toni Schneiders Besuch in Köln fuhr sie im September 2018 nach Hoyerswerda und feierte dort mit ihm und weiteren Identitären den Sommerabschluss der IB Sachsen.
Die ursprünglich aus dem Bergischen Kreis stammende Büngen studiert in Köln Philosophie und Erziehungswissenschaften an der Humanwissenschaftlichen Fakultät. Sie war lange Zeit Aktivistin bei 120 Dezibel und beteiligte sich an deren Banner- und Flyeraktionen. Im Frühjahr 2019 verfasste sie darüber hinaus mehrere Artikel in der rechtskatholischen Zeitung Die Tagespost.

Als 120 Dezibel von der männlichen Führungsriege der IB aufgelöst wurde, gründete Reinhild Boßdorf kurzerhand im Juli 2019 eine neue Kampagne und nannte sie Lukreta. Ebenso wie 120 Dezibel hetzt diese gegen Migranten und die angebliche „importierte sexuelle Gewalt“ und ist somit als deren direkte Nachfolge-Organisation anzusehen.
Ein Teil des alten 120db-Teams ist immer noch bei Lukreta aktiv. Auch sonst pflegt Boßdorf weiterhin Kontakte zu ihren „Mädels“. So fuhr sie zusammen mit Marleen Büngen im September 2019 nach Schnellroda zur Sommerakademie des Instituts für Staatspolitik, und im Oktober 2019 besuchten sie die Buchmesse in Frankfurt/Main.
Neu bei Lukreta und als festes Mitglied bei vielen Aktionen (Schilder und Transparente hochhalten, für Fotos posieren, Flyer verteilen) dabei ist Natalie Bleck aus Neuwied nahe Koblenz/ Rheinland-Pfalz. Bleck ist seit Ende 2019 Beisitzerin im Kreisvorstand der AfD Neuwied und mit dem AfD-Bundestagsabgeordneten Andreas Bleck verheiratet. Für die Lukreta-Aktionen reist Bleck auch nach NRW. So trat sie im Dezember 2019 in einem Video von Lukreta vor einer Geflüchtetenunterkunft in Menden bei Iserlohn auf.


20.12.2019: Natalie Bleck (links) und Reinhild Boßdorf (Mitte) bei einer Aktion von Lukreta in Menden. (Quelle: Instagram)

Reinhild Boßdorfs Mutter Irmhild Boßdorf ist die Mitarbeiterin von Rüdiger Lucassen, der der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion und seit Oktober 2019 auch der Vorsitzende der AfD NRW ist. Durch ihre Mutter kommen viele Kontakte von Reinhild Boßdorf zur AfD zustande. So durfte sie Lucassen bereits auf einer Besucherfahrt im Deutschen Bundestag begrüßen, die ihre Mutter organisiert hatte. Ihre Freundin Freya Honold war ebenfalls dabei.
Durch Irmhild Boßdorf kam auch der Kontakt Reinhild Boßdorfs zu Nicole Hoechst zustande. Hoechst ist für die AfD im Deutschen Bundestag und u.a. im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend tätig. Am Weltfrauentag 2020 luden Reinhild Boßdorf und Natalie Bleck sie im Rahmen von Lukreta ein, einen Vortrag in Mannheim zu halten.

 

 

Die Kölner Burschenschaft Germania

Wie in vielen anderen Berichten bereits ausgeführt wurde, existiert ein dichtes Geflecht von Identitären und AfDler_innen zu diversen Burschenschaften, so auch bei der IB-Ortsgruppe Köln. Hier ist es insbesondere die extrem rechte Kölner Burschenschaft Germania, zu der ein enger Kontakt besteht. Während ihrer aktivsten Zeit durfte die IB Köln regelmäßig das Burschenschaftshaus am Bayenthalgürtel für ihre Stammtische nutzen. Diese Stammtische liefen stets nach demselben Prinzip ab: zunächst gab es einen Vortrag als Input, dann wurde in der „Kleinen Kneipe“ bis spät abends gesoffen.
Auch zur Vorbereitung und Organisation ihrer Aktionen durfte die IB auf das Haus zurückgreifen. Hier wurden etliche Transparente und Banner gemalt, die später bei Aktionen hochgehalten oder angebracht wurden. Zudem nahmen nun auch Mitglieder der IB an den internen Feierlichkeiten der Burschen in der Germania teil.

 

Bei den erwähnten, nicht öffentlichen Stammtischen der IB im Germanenhaus nahmen vereinzelt auch Mitglieder der AfD teil. Schon Monate bevor Roger Beckamp, ehemaliger Vorsitzende der Kölner AfD-Ratsfraktion und nun Landtagsabgeordneter in NRW, als Referent in der IB-betriebenen Flamberghalle in Halle auftrat, knüpfte er Kontakt zur lokalen IB-Struktur und besuchte im Februar 2018 einen ihrer Stammtische in Köln. An diesem Abend wurde über das Thema „Overton Fenster“ referiert. Mit dieser Theorie wird der Rahmen an Ideen bezeichnet, der im öffentlichen Diskurs noch als akzeptabel betrachtet wird. Mit dieser Strategie versuchte die IB genauso wie die AfD das politisch Sagbare weiter nach rechts zu verschieben.

 

Auch Alexander Bräunl aus Köln-Braunsfeld besuchte einen dieser Stammtische bei der Germania. Der Orthopäde Bräunl, der eine Gemeinschaftspraxis in Bergisch Gladbach führt, war 2013/14 Beisitzer im Vorstand des AfD-Stadtverbandes Köln. Auch nach seinem Austritt aus dem Vorstand ist er noch als Mitglied bei der AfD aktiv und besuchte z.B. die Veranstaltung zum Wahlkampfauftakt der Europawahl der AfD Köln in Köln-Kalk im April 2019.

 

Regelmäßig fand sich auch die IB-Gruppe „Widerstand steigt auf“ bei den Stammtischen der IB im Haus der Kölner Burschenschaft Germania ein. „Widerstand steigt auf“ wurde Anfang 2017 explizit als Netzwerk der IB für Ältere aufgebaut. Weil sich die IB als junge Bewegung inszenieren wollte, wurden nur interessierte Leute bis zum Alter von 35 Jahren aufgenommen. Die über 35-Jährigen wurden durch die IB NRW direkt an „Widerstand steigt auf“ verwiesen. Ulrike Haun aus Köln Rath-Heumar und Volker Fervers aus Mönchengladbach hatten diese Gruppe gegründet. Ihre Aktionen bestanden zunächst daraus, in der Öffentlichkeit schwarze Luftballons und Banner anzubringen und davon Fotos zu machen, als Teil der IB Köln beteiligten sie sich aber auch an deren Aktionen (Laternenzug zu St. Martin, Gedenkbanner zum Jahrestag des Anschlages auf den Berliner Weihnachtsmarkt). Zudem fungierte Ulrike Haun als festes Mitglied bei 120 Dezibel.


01.09.2018: Volker Fervers und Ulrike Haun beim Stammtisch von „Widerstand steigt auf“ im Garten der Kölner Burschenschaft Germania. (Quelle: VK)

 

Als „Widerstand steigt auf“ ihre eigenen Stammtische in Köln abhielten, wählten sie dafür ebenfalls die Räumlichkeiten besagter Kölner Burschenschaft. Seit Herbst 2018 melden sie vermehrt Stände in der Kölner Innenstadt an, um zu bestimmten Themen Propagandamaterial zu verteilen. Seit Oktober 2019 treten sie dabei als Citadelle e.V. auf.
Dabei werden sie oft von einem festen Stamm an Aktivist_innen begleitet, die zuvor ebenfalls regelmäßig die IB-Stammtische besucht haben.
Die beiden Gründer_innen von „Widerstand steigt auf“ sind dabei mit dem Germanenhaus so vertraut, dass Fervers sogar meistens bei Aktionen seinen Volvo davor parkt und nach Abbau der Stände von Haun dort hingefahren wird. Einige Male wurden sie an den Ständen schon von den jüngeren Mitgliedern der IB Köln unterstützt. Anfang Januar 2019 scharrten sich besonders viele Leute um ihren Stand. Unter ihnen befand sich eine Gruppe von Neonazis, die die Gelbwesten für sich entdeckt hatten, u.a. Svetlana Goss (ehemals German Defence League) sowie Andreas Schick (Die Rechte Rhein-Erft). Auch die Verschwörungstheoretikerin Johanne Liesegang, die seit kurzem in Köln zu Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen aufruft, war darunter.
Auch bei „Widerstand steigt auf“ wird der Kontakt zur AfD gepflegt. So nahmen Haun und Fervers, die gerne auch mal Nazi- und Hooligan-Demonstrationen (Patrioten NRW, Begleitschutz) besuchen, am Neujahrsempfang 2019 der AfD-Fraktion NRW in Düsseldorf teil.

 

Ein langjähriges Mitglied der IB Köln, Marius Roppes, war offenbar vom Leben der Burschen, die er bei den Stammtischen in der Germania kennenlernte, sehr begeistert. Der 1996 geborene Roppes war noch bei seiner Familie in Köln-Nippes wohnhaft als er im Wintersemester 2018/19 bereits Fux (Mitglied in Probezeit bei einer Studentenverbindung) bei der Burschenschaft Germania wurde. Daher feierte er sogar seinen 22. Geburtstag in diesem Haus. Seit dem Wintersemester 2019/20 ist er als Schriftwart bei der Germania tätig und wohnt somit dort.
Da Roppes’ Verwandte/ Freund_innen zum Teil im Hooligan-Milieu unterwegs sind, hat er hier keine Berührungsängste und nahm in der Vergangenheit sogar selbst an Kundgebungen vom sog. „Begleitschutz“/ Internationale Kölsche Mitte teil.

13.04.2019: Marius Roppes und Lisa Heitzmann („Lisa Licentia“) in Trachten beim Sommerfest in der Kölner Burschenschaft Germania. (Quelle: Instagram)

 

Durch die Freundschaften, die Roppes bei der IB Köln schloss, konnte er zwei weitere Aktivisten davon überzeugen, bei der Kölner Burschenschaft Germania einzusteigen.
Der eine davon ist Simon Blumencron aus Köln-Innenstadt. Seit Ende 2018 half er regelmäßig bei den Ständen von „Widerstand steigt auf“. Blumencron ist Gesellschafter eines Ladens für Yoga- und Meditationsbedarf nahe des Stadtgartens. Darüber hinaus sammelt er Militär-Devotionalien, insbesondere Orden. Auch er war stetiges Mitglied der mittwöchlichen identitären „Flyercrew“.

 03.11.2018: Simon Blumencron (rechts) auf der Domplatte in Köln am Stand von Widerstand steigt auf.

 

Der zweite, den Roppes zum Burschentum geführt hat, ist Maximilian Hunze aus Köln-Dellbrück. Hunze ist Fan des Eishockeyteams Kölner Haie und besucht regelmäßig deren Spiele. Auch er war oft bei den Flyer-Aktionen dabei und freundete sich insbesondere mit „Kris“ und Dennis Buggle an.


26.12.2018: Max Hunze (links) mit Kris in der Lanxess Arena beim Eishockeyspiel der Kölner Haie. (Quelle: Instagram)

Im März 2019 durfte er den rechtsradikalen IBler Dominic Müller aus Duisburg nach Mailand begleiten und dort dessen Kontakte in die rechte Szene kennenlernen. Zuletzt war Hunze bei der IB-Aktion Anfang Januar 2020 mit dabei, als IB-Aktivisten auf das Dach des WDR Funkhauses kletterten und ein Banner herunterließen. Hunze absolviert eine Ausbildung zum Landmaschinen-Mechaniker bei JCB Vertrieb und Service in Frechen und ist seit dem Wintersemester 2019/20 ein Fux bei der Kölner Burschenschaft Germania.

 

Da die Kölner Burschenschaft Germania eine schlagende Verbindung ist und hier verpflichtend eine Mensur mit scharfen Klingen gefochten wird, werden auch Roppes, Blumencron und Hunze regelmäßig diesen Fechtkampf praktizieren müssen.

Eigentlich steht der Kölner Burschenschaft Germania dieses Jahr das 100-jährige Stiftungsfest bevor, das üblicherweise an Pfingsten gefeiert wird. Dieses Semester wurden jedoch aufgrund der Corona-Krise alle Veranstaltungen offiziell abgesagt. Es mag sein, dass die Burschen dennoch feiern werden. Da andere Kölner Studentenverbindungen keinen Kontakt zur Germania pflegen, laden diese daher zumeist die Mitglieder der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks aus Bonn und der Burschenschaft Rhenania-Salingia aus Düsseldorf ein, die ein ähnliches extrem rechtes Gedankengut vertreten. Dank der Identitären Bewegung Köln und ihren Verbindungen zur AfD hat die Germania aber mittlerweile ein größeres Gästepotential.

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