Hausdurchsuchungen in Bielefeld – aber keine Festnahmen!

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Der Ermittlungsausschuss (EA) Bielefeld informiert:
Am 24.04.2020 um 6 Uhr morgens gab es in Bielefeld zeitgleich zwei Hausdurchsuchungen bei Personen, die von der Polizei verdächtigt werden, etwas mit den kürzlich abgebrannten Fahrzeugen des Bielefelder Ordnungsamtes zu tun zu haben.

Eine der Personen wurde in der Nacht der Brandstiftung (17.04.2020) in der Nähe der Stadtbahnhaltestelle Dürkopp Tor 6 kontrolliert und es wurden bei ihr angeblich Sachen einer anderen Person gefunden. Da die Cops laut Presseberichten bei den brennenden Ordnungsamtsautos von einem „politisch motivierten Delikt“ ausgehen, ist aus ihrer Sicht besonders belastend, dass eine Ausgabe des Schleichweg – Zeilen gegen die Vereinzelung bei der Kontrolle sichergestellt wurde.

Da eine sofort angeordnete Telefonüberwachung der beiden Betroffenen nicht die gewünschten Ergebnisse brachte, wurden eine Woche später die Hausdurchsuchungen durchgeführt. Ziel war es laut Durchsuchungsbeschlüssen vor allem, an die Handys und Chatverläufe der beiden Personen zu kommen.

Durchsuchungen in Zeiten von Corona sehen offenbar so aus, dass Polizist*innen Atemmasken mit Ventil tragen, die zwar sie selbst, nicht aber die Beschuldigten und deren Familienmitglieder schützen, und sich die Cops zu fünft in kleine Räume drängen. Für die beschuldigten Personen bedeutet das, dass sie sich selbst dem Risiko einer Infektion aussetzen müssen, wenn sie ihr Recht wahrnehmen wollen, der Durchsuchung ihres Zimmers beizuwohnen.

Die Cops durchsuchten neben den Zimmern der Betroffenen auch Kleiderschränke der Eltern und Kellerräume bzw. versuchten dies. Eine der beiden Personen wurde anschließend zur ED-Behandlung aufs Präsidium gebracht. Es gab aber, anders als in der Presse zunächst berichtet, keine Festnahmen!

Die Betroffenen haben jegliche Aussagen verweigert und sich sofort Hilfe von Anwält*innen geholt. Den Betroffenen geht es soweit gut, sie werden von solidarischen Strukturen unterstützt und freuen sich über weitere Solidarität, die ihnen entgegen gebracht wird.

Beschlagnahmt wurden vor allem Computer und Handys, die die Beschuldigten dringend benötigen, um ihre Ausbildung fortzusetzen. Das Interesse des durchsuchenden Staatsschutzes lag aber offenbar auch darauf, den Verdacht einer „linksextremen Gesinnung“ der Beschuldigten zu belegen. So wurden z.B. Cover von vermeintlich ‚linken‘ Publikationen in den Regalen abfotografiert. Die Cops haben zwar – entgegen der Zeitungsberichterstattung – die Wohnungen nicht „gestürmt“, waren aber sehr ruppig, und begründeten ihr Verhalten damit, dass Leute, denen solche (politischen) Delikte vorgeworfen werden, keine Freundlichkeit verdienen.

Wie immer ist ein solches Verfahren für die Cops auch eine Gelegenheit um Aktivist*innen abzuschrecken, sie zu kriminalisieren und Strukturen auszuspähen. Wie so oft, richtet sich die repressive Gewalt gegen jüngere Menschen. Die Cops probieren gerade bei Menschen, die sie noch nicht einschätzen können, gerne mal aus, ob die Personen sich möglicherweise zu Aussagen hinreißen lassen und sammeln in solchen Verfahren mit Freude alle Informationen, die sie bekommen können. Selbst wenn der Vorwurf am Ende nicht haltbar ist und das Verfahren eingestellt werden muss, erhält der Staatsschutz wieder mal einen besseren Überblick über die Szene.

Repression dient immer auch dazu, Aktivist*innen einzuschüchtern, Spaltungen innerhalb der Szene voran zu treiben und Erkenntnisse über politische Aktivist*innen zu sammeln.
Und selbst wenn solche Verfahren häufig zu keiner Verurteilung führen, macht Kriminalisierung etwas mit den Aktivist*innen. Deshalb: lasst euch nicht einschüchtern! Achtet aufeinander und unterstützt euch gegenseitig.

Es ist davon auszugehen, dass die Polizei wegen der Brandstiftung weiter ermittelt. Vielleicht kommt es es auch zu weiteren Durchsuchungen, Kontrollen oder Überwachungen. Und auch unabhängig von dem Tatvorwurf der Brandstiftung kontrollieren die Cops in Bielefeld offenbar gerade häufig und wahllos Leute zum Beispiel, weil sie angeblich gesprüht oder plakatiert haben.

Deshalb ganz grundsätzlich:

  • Passt auf euch und andere auf!
  • Räumt regelmäßig zuhause auf!
  • Keine Aussagen gegenüber Polizei, Verfassungsschutz oder anderen Repressionsorganen! Überschätzt euch nicht und denkt nicht, dass ihr ein Gespräch selbst steuern könnt. Gebt keine Kontaktdaten oder andere Informationen weiter!
  • Spekuliert nicht, wer was gemacht haben könnte, oder wer konkret von den Durchsuchungen oder anderen Repressionsmaßnahmen betroffen gewesen ist.
  • Kommuniziert sicher miteinander – am besten direkt und nicht über Telefon, Messenger oder sog. soziale Netzwerke. Verschlüsselt eure Technik und Kommunikation!

Wir können hier nicht alle Tipps zu Aussageverweigerung und Verhalten bei Hausdurchsuchungen auflisten. Deshalb möchten wir euch die Lektüre der folgenden Broschüren der Roten Hilfe empfehlen:

Wir werden euch über weitere Entwicklungen informieren.

Solidarität ist eine Waffe!

Der EA ist weiterhin über den Infoladen Anschlag im AJZ Bielefeld zu erreichen.

Antirepressionsarbeit kostet Geld. Wenn ihr was übrig habt überweist es gerne unter dem Stichwort „Antirepressionstopf“ auf das Konto: Informationszentrum e.V., Sparkasse Bielefeld IBAN: DE 24 48050161 0061008488

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