Autonomes Blättchen Nr 40
Das neue Blättchen ist da ! Hier im Netz und natürlich in eurem Infoladen !
Hallo,
jetzt sind gerade mal zwei Wochen vergangen, dass in Hanau 9 Menschen von einem Rassisten erschossen wurden – und es ist Stille eingekehrt. War es jemals laut? Wurden in ganz Deutschland Rassisten und Nazis angegriffen? Wie vielen AfD-Arschlöchern fiel ne Dachlatte auf den Kopf? Wie viele wütende Demos gab es? Wie viele Straßenblockaden, Banner-Drops, Streiks? Wie viele Rassist_innen der bürgerlichen Mitte wurden militant daran erinnert, dass sie ebenso die Saat der Mordtaten aussähen, wie die Faschist_innen von der AfD? Gab es einen Aufschrei? Vielleicht bei facebook. Oder auf twitter. Es ist deprimierend. Aber wir sind nicht überrascht, dass es so wenig Reaktionen gab. Das war nach dem Nazi-Anschlag in Halle nicht anders. Es scheint, als hätte die Gesellschaft, und mit ihr auch die radikale Linke, ihren Frieden gemacht, mit rassistischen und antisemitischen Morden. Nein, natürlich ist niemand dafür und Alle finden es schlimm. Aber müsste sich nicht ein tatsächlicher Bruch mit den Zuständen artikulieren? Müsste ein solcher nicht durch unmissverständliche Handlungen einer antifaschistischen Bewegung wahrnehmbar werden? Es stimmt, wir können selbst nicht diesen Erfordernissen gerecht werden. Aber was wir nicht hinnehmen können, ist das beständige Weitermachen, als wäre alles wie immer.
Sehr gefreut hat uns das Abfackeln des Autos von AfD-Chef Chrupalla! Was immerhin noch passiert, ist die Abgrenzung der bürgerlichen Parteien von der AfD. Es scheint als seien da welche aufgewacht; wenn auch vielfach aus wahltaktischen Gründen. Die Grünen schreien am lautesten nach mehr Polizei und glauben sicher ernsthaft selbst daran, damit mordende Nazis aufhalten zu können – anstatt zu sehen, dass gerade die Bullen – wie die Bundeswehr - mittlerweile einer der starken Standbeine der Faschist_innen im Staatsapparat sind. Wir denken, niemand der rassistische Gewalt auch im Alltag erfährt käme auf die Idee, ausgerechnet die Bullen zur Hilfe zu rufen. Wir brauchen schleunigst Diskussionsbeiträge dazu, wie wir als Linksradikale, als Anarchist_innen, Autonome oder sonstige libertäre Revolutionär_innen mit der Situation umzugehen gedenken. Schreibt!
Ansonsten: Corona-Virus überall. Vor allem in den Köpfen. Es scheint, als habe Covid19 vor allem Auswirkungen auf die Fähigkeit des Nachdenkens. Leute horten Klopapier! Klopapier! Nun, wohl zu viel Scheiße im Kopf… was soll man sagen. Schlimmer ist aber, dass sichtbar ist, wie dünn die bürgerlichen Fassade doch gestrickt ist. Wir können uns sicher sein, dass bei einer tatsächlich ernsthaften Epidemie das große Stechen und Hauen beginnt – und der Staat versuchen wird, dieses autoritär Einzugrenzen. Diskutiert zu Hause und öffentlich, was das bedeutet! Das mindeste ist, solidarische Strukturen aufzubauen. Doch selbst in linken Wohnprojekten fangen Leute jetzt an, individuell Lebensmittel und Wasser zu horten. Wir rufen jetzt schon mal auf, diese Vorräte zu plündern. Entweder es gibt Krisenvorsorge für‘s ganze Projekt, oder gar keine! Wer will denn zugucken, wenn die Nachbarin verdurstet? Was für eine Scheiße. Im Heft ist ein kleiner lesenswerter Artikel der darlegt, warum es sich militante Aktivist_innen zweimal überlegen sollten, sich auf den Virus testen zu lassen.
Jetzt gilt es zu zeigen, was wir aus den Jahren 2015/16 gelernt haben. Flüchtende an den EU-Grenzen werden wieder zur Verschiebemasse, werden eingesperrt, beschossen, verprügelt, in Lager verfrachtet. Damals gab es breite Soli-Bewegungen, militante Aktionen und Hilfe für illegalisierte Einwander_innen. Und heute? Macht was und schreibt darüber! Der Krieg in Syrien, das Handeln und die Propaganda der Regierenden ekeln uns unendlich an. Was ist zu tun?
Wozu wir leider auch nichts haben: In Russland wurden 7 Anarchisten und Antifaschisten zu 6 bis 18 Jahre Lagerhaft verurteilt; davon 4 zu 13, 14, 16 und 18 Jahren. Sie wurden vorher gefoltert, wie schon so Viele. Eine Berufung ist möglich… Was passiert gegen die russische Regierung? Gibt es Soli-Aktionen?
175 Jahre Kerker drohen Julian Assange, dessen Auslieferungsverfahren an die USA gerade in London läuft. Ja, Assange ist vielleicht nicht sonderlich sympathisch, aber wir sehen an dem Umgang mit ihm, wie weit der Vernichtungswille der US-Regierung reicht. Inzwischen hat selbst der UN-Menschenrechtsbeauftragte deutlich gesagt, dass er die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange für von den USA inszeniert hält. Assange ist kein Autonomer. Geschenkt. Und Sigmar Gabriel hat sich für seine Freilassung ausgesprochen. Will man vielleicht auch nicht unbedingt. Aber setzt mal ins Verhältnis, dass er seit Jahren gefangen ist, weil er Massaker der US-Armee veröffentlicht hat. Setzt ins Verhältnis, dass Chelsea Manning schon wieder im Knast ist, weil sie nicht gegen Assange aussagen will – und sie kann deswegen unbegrenzt eingekerkert bleiben. Von der radikalen Linken bekommen die beiden keine Solidarität (mehr). Ist das richtig? Schreibt!
Der Prozess gegen die 3 von der Parkbank hat Anfang des Jahres begonnen. Wir gehen davon aus, dass er noch ein Weilchen dauert. Es wäre gut, wenn es in der nächsten Ausgabe einen Text gibt, der den Stand der Dinge zusammenfasst. Einfach nur die Prozessberichte vom Blog zu kopieren, fänden wir doof. Weiterhin wünschen wir den dreien viel Kraft!
Zu uns: Im letzten Vorwort schrieben wir, dass es ja nicht so schwer sei, uns etwas zu schicken. Ähh, ja aber: es gibt Tücken. Darauf wurden wir zu Recht hingewiesen. Entschuldigt also unsere Großspurigkeit. Wenn ihr uns auf dem Blog einen Text schickt kann es sein, dass ihr in einer Captcha-Kette (oder wie das heißt) landet und lange Bilder anklicken müsst, um zu beweisen, dass ihr kein Computer seid. Unserer Erfahrung nach muss man nur eine Weile durchhalten. Irgendwann geht es. Dass andere Problem mit dem Blog ist, dass ihr keine Bestätigung bekommt, dass euer Text auch tatsächlich angekommen ist. Bisher haben wir jedoch keine Nachricht bekommen, dass ein per Blogeintrag geschickter Text verschwunden sei. Aber wir arbeiten ja ständig an Verbesserungen und werden deshalb nach einer Lösung für die beschriebenen Probleme suchen. So könnt ihr uns seit März zusätzlich auch auf https://autonomesblaettchen.blackblogs.org/ finden und kontaktieren.
Wir haben mitbekommen, dass Leute Bedenken haben, ihre Spende in den Briefkasten unserer Postadresse zu schmeißen. Ja, der sieht ganz schön verlottert aus. Aber es ist trotzdem ein Briefschlitz, in den man auch Spenden, gut verpackt und an Erna Stark adressiert, stecken kann.
Um es leichter zu machen, könnt ihr Spenden für das Autonome Blättchen ab jetzt auch direkt im Infoladen Hannover abgeben. Kleingeld passt in die Spendendose und die Scheine könnt ihr einfach am Tresen abgeben. Der Infoladen im UJZ Korn ist Montags und Mittwochs von 18 bis 20 Uhr geöffnet. Die Genoss_innen leiten das Geld dann über verschlungene Pfade an uns weiter. Danke dafür! Es wäre übrigens schön, wenn ihr Spendendosen für eure heimischen Info- oder Buchläden bastelt und dort aufstellt. Ihr wisst ja jetzt, wie das Geld zu uns kommen kann. Vielen Dank für die vielen Spenden der letzten Monate! So kann es gelingen, unser aller Blättchen weiter zu finanzieren. Nur vergesst nicht: der Geldbedarf hört niemals auf. Niemals!
Wir weisen noch auf ein neues Zeitungsprojekt hin: Kanaille. Gruß an die Macher_innen! Und was gibt es eigentlich in dieser Ausgabe Schönes zu finden? Kopf still halten und Augen in Suchbewegung versetzen! Da ist es schon, das Inhaltsverzeichnis!
Wie ihr wisst, freuen wir uns sehr über zugeschickte Texte, - dieses Mal haben uns sehr, sehr viele Zuschickungen erreicht - und wir veröffentlichen diese meist auch dann, wenn wir ihnen inhaltlich nicht komplett zustimmen. Allerdings hat dies Grenzen, weshalb ein allzu plump militaristisch daherkommender Text wie „Hinter dem Ruf nach Frieden verschanzen sich die Mörder“ nicht in dieser Ausgabe vertreten ist. Auch draussen geblieben ist „Ned Ludd hatte recht!“. Leider haben wir nur begrenzt Platz im Heft, sodass wir auch „Marsianer*innen auf der ImmoMesse“ und „Wir nehmen mit Freude zur Kenntnis...“ nicht mit in dieses Heft aufnehmen konnten. Der „Aufruf zum Housing-Action-Day am 28.03.2020“ ist leider ebenfalls nicht abgedruckt, die Abwägung zwischen Platzmangel und einem Aktionstag, der zeitlich so nah am Erscheinungsdatum des Blättchens liegt, dass der Aufruf dann vielleicht schon von der Zeit überholt wurde, führte in dem Fall zu dieser Entscheidung.
P.S.: Zur Zeit greifen auf Lesbos Faschist_innen Flüchtende, Supporter und NGOs an. Uns bleibt nichts als euch zuzurufen: Handelt! Und berichtet darüber in eurem Lieblingsblättchen. Antifa heißt Angriff!
Inhalt:
5 Das Internet als Teil des technologischen Angriffs
11 Auch Amazon ist kein guter Nachbar! Amazon Locker angegriffen.
12 Autonomer aus Berlin nach 24 Jahren im Exil in Venezuela festgenommen
13 Die Rheinmetall-Hauptversammlung am 5. Mai 2020 stören!
14 Farbe für die Founders Foundation (FFF)
15 Advent, Advent (d)ein Auto brennt!
17 Flammende Solidarität mit der Liebig34!
18 Hurra, hurra, das Arbeitsamt brennt!
19 Rückblick auf die Squatting Days 2019 aus Sicht der Antirepressionsgruppe
21 Feind_innen sind körperliche Wesen
24 Wir hielten unser Wort
28 Anarchist Gabriel Pombo Da Silva nach 1,5 Jahren in der Klandestinität verhaftet
30 «DIE MAUER ZWISCHEN GEFÄNGNIS UND DRAUSSEN NIEDERREISSEN»
33 DE - DK Grenzzaun deplaziert
34 Rede bei der Soli-Demo am 8.1.20 in Hannover
35 Ökotechnokratie
40 Castor Alarm
42 Niemand hat die Absicht, die Laufzeiten zu verlängern
44 Fragen an die Rigaer Straße
49 Gedanken zu Hanau
53 Corona-Diagnose per DNA-Aanlyse!
54 Ein paar stadtpolitische Gedanken in Zeiten des technologischen Angriffs
58 Einige Überlegungen zum 25. Januar in Leipzig
Ergänzungen
Geschönte Zahlen bei Ermittlungsverfahren gegen hess. Polizisten
Vor dem Hintergrund der rechtsextremistischen Morde in Hessen, Halit Yozgat in Kassel, Walter Lübcke in Wolfhagen und jüngst 10 Menschen in Hanau fällt auf, dass das hessische Innnenministerium immer noch von 38 Ermittlungsverfahren (Stand: März '19) gegen hessische PolizeibeamtInnen spricht obwohl die tatsächliche Anzahl - durch weitere Vorfälle in der Polizeiabteilung im hessischen Mühlheim (August/September '19) - bis zum heutigen Tag bei mind. 45(!) Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremistischer Umtriebe in der hessischen Polizei liegt. Bereits da beginnt der unehrliche Umgang mit diesem Thema!
https://www.hessenschau.de/politik/landtag/weitere-polizisten-unter-rech...
https://www.sueddeutsche.de/politik/hessen-polizeiskandal-rassismus-1.45...