Demolieren wir den Traum von Amazon
Ein Vorschlag „Wie kämpfen“: informell, selbstorganisiert und direkt
Ein Turm fällt nicht einfach so vom Himmel. Damit der „Edge Tower“ an der Warschauer Straße in die Höhe ragen kann, braucht es mehrere Akteur*innen: Investoren, Architekturbüros, Baufirmen, staatliche Institutionen wie das Bauamt, Politiker*innen, die Bezirksverwaltung, die Presse. Jede*r spielt ihren Part und übernimmt spezifische Aufgaben. Einen der heuchlerischsten Parts spielen die Politiker*innen. Sie versuchen sich als Verwalter*innen und Vermittler*innen der unzufriedenen und skeptischen Bewohner*innen zu inszenieren.
Wie Herr Schmidt (Grüne), der erst nachdem das Projekt „Edge East Side Berlin“ durchgewunken wurde, Pseudo-Einsprüche einlegte. Als Teil des politischen Theaters darf er seine „grünen“ Wähler*innen nicht vollkommen vergraulen... Jede Art von Politik, in den Parlamenten und auf der Straße, drängt darauf hin, sich das „Streitthema“ auf den politischen Tisch zu ziehen. Soziale Probleme werden zu Politischen gemacht. Die Bewohner*innen werden zu Statist*innen und sollen ihr Schicksal in irgendwelche Hände von Politiker*innen legen. Warum sollte man z.B. mit Unterschriftenlisten herumlaufen, um eigene Anliegen an Dritte weiterzugeben, die diese Unzufriedenheit dann weiter kommunizieren bzw. verhandeln? Die Kämpfe der letzten Jahre in Berlin haben auf sehr praktischer Ebene gezeigt, dass die Politik letzten Endes den Protest und Widerstand zugunsten der Reichen und Mächtigen verrät (siehe unten 1). Das jüngste Beispiel ist wahrscheinlich der Kampf gegen den Google-Campus in Kreuzberg (siehe unten 2). Nach über 2 Jahren und einer breiten Verweigerung, sich mit politischer Repräsentanz und Verantwortlichen an einen runden Tisch zu setzen, wurde das Projekt vorerst auf Eis gelegt. Niemand wollte mit ihnen reden und diejenigen, die ein naiveres Verständnis hatten, merkten bald, dass es an diesem „Tisch“ darum geht, den Protest um den Finger zu wickeln und zu befrieden. Hier ist abermals zu unterstreichen, dass der Protest gegen den Google-Campus seine Stärke aus der breiten Zurückweisung der Politik zog.
Der hier formulierte Vorschlag des „wie kämpfen“, ist keine Frage danach, mit welchen politischen Verantwortlichen geredet werden sollte oder wie politisch Druck aufgebaut werden könnte. Es ist der Vorschlag, selbstorganisiert und direkt (ohne politische Umwege) zu agieren, sprich direkt bei den Akteur*innen zu protestieren und selbst zu handeln. Wie am Anfang erwähnt, gibt es mehrere Beteiligte an dem Projekt und diese sind über die gesamte Stadt verteilt (siehe Karte: maps.fuckoffgoogle.net). Das Versammeln in einer großen Organisation ist kritisch zu sehen, da es die (individuelle) Kreativität und den Handlungsspielraum eher einschränkt, als einen breiten Widerstand möglich zu machen. Der Vorschlag der informellen Organisierung bedeutet, dass sich jede*r nach eigenen Interessen und Ideen mit anderen für längere Zeit oder auch nur für eine Aktion zusammen tut. Es ist eben diese Vielfältigkeit, die eine Stärke sein kann. Dabei ist es wichtig, verschiedene Aktionsformen nicht zu hierarchisieren. Ob ein Informations-Flyer, kaputte Scheiben bei den Investor*innen oder Architekturbüros, Diskussionen, brennende Bagger, Störung der Arbeit von Beteiligten, Plakate in der Nachbarschaft, Verbreitung von Falsch-Informationen, Radiosendungen über die Machenschaften von Amazon, Besetzung der Baustelle, Beschmutzung des Image von Amazon und seinen Unterstützer*innen, Sabotage von Amazon Lieferfahrzeugen und Locker, Informationsversammlungen, Graffitis und Transpis,... es sollte jede*m selber überlassen sein, was für den Moment als am angebrachtesten empfunden wird.
Wenn sich dieser Vorschlag gegen eine große Kampagne und Massenorganisation wehrt, bedeutet dies noch stärker, dass eine Kommunikation zwischen den Kleingruppen, formellen Organisationen und Einzelpersonen stattfinden muss. Das Anti-Amazon Café: face2face ist dabei nur ein Ort an dem man sich treffen kann. Es ist ein physischer Ort, der unabdingbar für einen konkreten Kampf ist, und es wäre erfreulich mehrere kontinuierliche Orte zu erschaffen. Als eine Ergänzung sind die Orte in der Online-Welt zu sehen, wie das Wiki: wiki.fuckoffamazon.info. Eine solidarische Kritik innerhalb derjenigen, die sich der Politik verweigern und stattdessen direkt agieren, ist eine Notwendigkeit. Gemeinsame Treffpunkte auf der Straße, wie „Boom gegen Amazon“, sind Möglichkeiten, in einer Praxis zusammenzukommen, ohne einer großen Organisation anzugehören, sondern durch die Eigeninitiative derjenigen, die den „Edge-Tower“ verhindern wollen. Kommunikation bedeutet auch Texte zu verfassen, denn wir dürfen die Berichte und das Schreiben nicht der Presse überlassen. Diese will den Protest lediglich konsumieren und damit Geld machen, indem sie das Spektakel sucht und kreiert. Die Presse zu akzeptieren bedeutet, ihnen diese unheimliche Macht zu geben darüber zu bestimmen, was und wie berichtet wird.
Dieser Vorschlag basiert auf der These, dass der Weg das Ziel ist. Er fokussiert sich auf einer Intensivierung einer Qualität, die als Stärke verstanden wird. Das Anwachsen bzw. die Quantität, ist dabei ein Fokus und schönes Ergebnis, dies darf aber nicht aufgrund einer Abflachung der Perspektive, eines Opportunismus und zur Schwächung einer Qualität, passieren. Amazon ist ein globaler und wichtiger Akteur der technologisierten Herrschaft. Der Bau eines Hochhauses, das fast ausschließlich von Amazon besetzt wird, hat nicht nur einen direkten Einfluss auf die Umgebung und z.B. die rasante Steigerung der Mieten. Es intensiviert zudem die Forschung an Technologien, die uns kontrollieren, manipulieren und entfremden sollen.
1 - "Dass Angebote oftmals der erste Schritt zum Verrat sind, soll dieser Text anhand aktueller und vor allem jüngster historischer Beispiele in Berlin aufzeigen." aus: Hier und heute: günstiges Angebot! Greif zu und du verlierst ein Stück von dir? Eine kleine Stadtgeschichte. Erschienen in der anarchistischen Zeitung Shitstorm Nr. 3 Januar 2019.
2- "Um sich auf die Suche zu begeben, warum Google das Projekt abgesagt hat und welche herrschaftskritischen Momente dieser Kampf hatte, ist es wichtig zu schauen, was passiert ist in zweieinhalb Jahren Kampf gegen den Google-Campus in Berlin." aus "Google Campus Kaputt" (https://de.indymedia.org/node/35284)
Textempfehlung: Wie gegen den Google Campus kämpfen? Ein Vorschlag. (https://anarchistischebibliothek.org/library/anonym-wie-gegen-den-google-campus-kampfen)
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Einige kommende Veranstaltungen von Amazon und führenden Tech-Unternehmen:
22-23 Mai 2020 Amazon web service AWS Summit 2020 Berlin
23-26 Juni 2020 Tech open air
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wiki.fuckoffamazon.info (Online Wiki)
maps.fuckoffgoogle.net (Karte mit Niederlassungen von Amazon, Google und Co.)
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ANTI-AMAZON-Café: face2face
jeden 2. und 4. Freitag im Monat - 15 Uhr
in der Kalabal!k (Reichenberger Str. 63a)
Das ANTI-AMAZON-Café: face2face ist ein Bezugspunkt für einen informellen und selbst organisierten Kampf gegen AMAZON, den fortschreitenden technologischen Angriff und für selbstbestimmtes Leben. Es bietet Raum für Begegnung, Austausch, Streit, Informationen, Diskussionen und Koordinierung. Das Café versteht sich als Teil eines antagonistischen Projekts gegen die (Tech-)Herrschaft. Eine Offenive, die nicht um Erlaubnis fragt und nicht an die Politik und die Herrschenden & ihre Vertreter*Innen appelliert. Kreativ und direkt!
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Beteiligte Firmen und Personen am Bau des „Edge East Side Berlin“:
- Architekten Bjarke Ingels Group (Kopenhagen, London, Barcelona, NY)
- Jonathan Weiss, Leiter des Forschungs- und Entwicklungszentrums von Amazon in Berlin
- Allianz Real Estate und Universal-Investment (Neue Eigentümer des Towers)
- Edge Technologies (Investor)
- Firma Züblin (https://www.zueblin.de)
- Bauamt Berlin und Friedrichshain-Kreuzberg
- EDGE TECHNOLOGIES Rosenthaler Strasse 40, 10178 Berlin (Hackesche Höfe)
- EDGE Grand Central Berlin, Invalidenstraße/Clara-Jaschke- Str./Emma-Herwegh-Str., 10557 Berlin,
- EDGE Suedkreuz Berlin, Hildegard-Knef-Platz 2 and 3, 10829 Berlin
Einige Adressen von Amazon in Berlin:
- Delivery Center, Kurfürstendamm 207, Berlin
- Amazon Logistik Yard , Am Borsigturm 100, 13507 Berlin
- amazon development center: Krausenstraße 38, 10117 Berlin
- Amazon Logistikcenter Mariendorf: Porschestr. 2-20, 12107 Berlin
- Amazon CS Berlin GmbH, Karl-Liebknecht-Str., Berlin
- Amazon Entwicklungszentrum, Brüderstr 26, Berlin
Ergänzungen
Das Café muss aufgrund von
Das Café muss aufgrund von Corona leider auf unbestimmte Zeit schließen. Sämtliche Veranstaltungen werden abgesagt.