Nationalanarchismus in Deutschland
Nationalanarchismus ist eine politische Weltanschauung, die Nationalismus und Anarchismus miteinander verbinden will. Der wesentliche Vertreter dieser Ideologie in Deutschland, der Berliner Peter Töpfer, nennt die „nationale Anarchie“ als sein politisches Ziel und versucht seit 1998 seine politischen Ideen über eine eigene Homepage im Internet zu verbreiten.
Nationalanarchismus in Deutschland
1) Einleitung
Nationalanarchismus ist eine politische Weltanschauung, die Nationalismus und Anarchismus miteinander verbinden will. Der wesentliche Vertreter dieser Ideologie in Deutschland, der Berliner Rechtsextremist Peter Töpfer, nennt die „nationale Anarchie“ als sein politisches Ziel und versucht seit 1998 seine politischen Ideen über eine eigene Homepage im Internet zu verbreiten. In einem ersten Schritt wird eine Analyse seiner Ideologie vorgenommen. Danach werden Töpfers Verbindungen zum rechtsextremistischen Spektrum aufgezeigt sowie seinem nationalanarchistischem Gedankengut eine Bewertung unterzogen.
2) Ideologie
Der Rechtsextremist Peter Töpfer richtete im Jahre 1999 eine Internetseite über den Nationalanarchismus ein. Er unterhält Verbindungen zum internationalen Nationalanarchismus wie Troy Southgate aus Großbritannien oder Hans Cany aus Frankreich.[1]
Laut Töpfer ist der Nationalanarchismus an verschiedenen Orten der Welt als Ausdruck des radikalen Antimodernismus und des radikalen individuellen und kollektiven Selbstbestimmungswillens entstanden. Töpfer behauptet, dass es in Deutschland schon in den 1920er Jahren Nationalanarchisten gab. Hier nennt er den Freikorpsführer Helmut Franke, der als Herausgeber der Zeitschrift „Die Standarte-Beiträge zur geistigen Vertiefung des Frontgedankens“, eine Beilage der Stahlhelm-Bundeszeitung, firmierte. Töpfer vertritt die Auffassung, dass der deutsche Nationalanarchismus post-linkshegelianische und radikal-aufklärerische Wurzeln habe, weshalb er eine etwas isolierte Stellung innerhalb der nationalanarchistischen Weltbewegung einnimmt. In der BRD soll es neben der „Berliner Sektion“ eine andere in Hamburg gegeben haben, die jedoch „im Nationalrevolutionären steckenblieb“. [2]
Töpfer verfasste ein nationalanarchistisches Manifest, wo er eine natürliche und spontane Ordnung „organizistischen Normativismus“ vorzieht.[3] Anarchie sieht er nicht als Staatslosigkeit an, sondern als Herrschaftslosigkeit. [4] Er hält es für wenig wahrscheinlich, dass sich die Welt im Sinne der nationalen Anarchie entwickelt; nur eine „post-katastrophale Welt könnte Züge der nationalen Anarchie tragen“.[5] Laut Töpfer gibt es keine nationalanarchistische Weltanschauung und keine nationalanarchistische Organisation. Es gibt nur einzelne Personen, die sich als Nationalanarchisten bezeichnen. Sie sind Einzelkämpfer oder agieren in kleinen Gruppen vor Ort. Es existiert keine Zentrale, keine Organisation oder Führer, es gibt keine Struktur über die persönliche Bekanntschaft und die befristete Aktion hinaus. Bei überregionalen Treffen geht es nicht um die Bildung einer Organisation, sondern lediglich dem Erfahrungs- und Meinungsaustausch. Töpfer begreift sich selbst in der Tradition des „matristisch-wahnischen Flügels der NDSAP“ [6], mit dem „Hitlerismus kann ich eher weniger, sozusagen überhaupt nichts anfangen.“ [7]
3) Verbindungen zum rechtsextremen Spektrum
Peter Töpfer firmierte neben Andreas Röhler in den Jahren 1995-1997 als Mitbegründer und Mitherausgeber der rechtsextremistischen Zeitschrift „Sleipnir. Zeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik“. 1998 nahm er an einer NPD-Demonstration in Rostock teil, wo er ausgerüstet mit einer schwarzroten Fahne seine nationalanarchistische Gesinnung proklamierte. Diese Neuerscheinung fand weder bei den Veranstaltern noch bei den Freien Kameradschaften großen Anklang. Töpfer warb im Internet für ein Bündnis mit „deutschen Anarchisten“ und organisierte in den Jahren 2001-2002 mehrere Querfront-Treffen unter anderem mit Karl Nagel, dem ehemaligen Vorsitzenden der APPD. [8] Es gab auch eine enge Zusammenarbeit mit Michael Koth vom Kampfbund Deutscher Sozialisten (KDS), was unter der Bezeichnung „Bündnis nationale Linke im nationalen Widerstand“ und „AG Antifaschismus im nationalen Widerstand“ firmierte. [9]
In Töpfers Buch „Nationale Anarchie. Texte 1997 bis 2000“ [10] ist ein Briefwechsel mit dem Neonazi Christian Worch abgedruckt. Im Jahre 2004 war er Mitglied im Komitee „Freiheit für Horst Mahler“. Auf seiner Homepage findet sich der Beitrag „Freiheit für Germar Rudolf!“, in der dem bekannten Holocaustleugner Rudolf Gelegenheit gegeben wird, seine antisemitische Propaganda aus der Haftanstalt einem breiteren Publikum zukommen zu lassen. Darunter befindet sich die Rubrik „Freiheit für Ernst Zündel!“, jenem Rechtsextremisten, der im Februar 2007 von der Staatsanwaltschaft Mannheim wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde. [11] Im Dezember 2006 nahm Töpfer an der „Teheraner Holocaust-Konferenz“ unter der Leitung von Irans Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinejad mit ca. 150 weiteren Rechtsextremisten und Holocaustleugnern aus der ganzen Welt teil. Dabei ging es „nicht nur um wissenschaftliche Aspekte, sondern auch um die Anwendung des Holocau$t-Themas als Mittel zur politischen und wirtschaftlichen Erpressung von Nichtjuden.“ [12] Töpfer hielt dort einen Vortrag als „Vertreter der BRD“.
Bei einer Besprechung seiner Bücher in der „Deutschen Stimme“ kam es zu einer weitgehend positiven Bewertung: Arne Schimmer stellte fest: [13] „(…) Als einer der ganz wenigen Erben des freiheitlichen Furors dieser Ur-Linken kann der Berliner Peter Töpfer betrachtet werden, der (…) als (…) Initiator des ‚Querfront’-Projekts zu den kreativsten Köpfen der nationalen Opposition zählt und viel dazu beigetragen hat, daß die nur der herrschenden Politik und den Geheimdiensten dienenden Bürgerkriegsfronten zwischen Rechten und Linken in den letzten Jahren ein wenig aufgeweicht wurden.“
4) Bewertung
Als Anarchismus werden Bestrebungen bezeichnet, „die durch Abschaffung jeder Macht, mit oder ohne Gewalt, eine auf jeden Zwang verzichtende Gesellschaft gerichtet ist.“ [14] Der Nationalismus ist die auf die moderne Nation und den souveränen Nationalstaat als die zentralen Werte bezogene Ideologie. Er ist geeignet, soziale Großgruppen zu integrieren und sie durch nationale Identifikation gegen die andersstaatliche Umwelt abzugrenzen, wobei er nach innen und außen militant auftreten kann. [15] Im 19. Jahrhundert entstanden Anarchismus und Nationalismus als sich einander ausschließende Ideologien. Die anarchistischen Kriterien wie Ablehnung von Zwang und Gleichheit der Individuen korrelieren mit dem vom Nationalismus ausgehenden Auschlusscharakter bestimmter Menschen oder Angehörige anderer Staaten. Deshalb ist der Begriff Nationalanarchismus ideologisch abzulehnen.
Nationalanarchisten sind in Querfrontstrategien dem Rechtsextremismus einzuordnen; es wird versucht, den Anarchismus zu ihren Gunsten umzudeuten und ihm einen wie auch immer gearteten nationalen Charakter zuzusprechen. Töpfers Versuch, sich als Linker zu bekennen, kann als Verschleierungstaktik und Propaganda verstanden werden.
Der Verfassungsschutz des Landes Brandenburg bezeichnete den Nationalanarchismus als rechtsextreme Querfrontstrategie: [16] „Ein weiterer Vertreter der ‚Querfrontstrategie’ ist der ‚bekennende Nationalanarchist’ Peter Töpfer aus Berlin. Er ist mitverantwortlich für eine Webseite mit dem bezeichnenden Namen www.querfront.de. (…) Bislang ist es ihr (der ‚Querfront’-Redaktion, M.L.) aber nicht gelungen, ‚aus der politischen Sackgasse herauszukommen’ und rechtsextreme Auffassungen akzeptabler zu machen.“
Thomas Pfeiffer versteht die von Töpfer vertretene Weltanschauung ebenfalls als Querfrontversuch mit einer Nähe zu den Neuen Rechten: [17] „Eine gewisse Renaissance erlebt die Querfront-Strategie auch in Kreisen, die anarchistische und rechtsextremistische Ansätze zusammenführen möchten und sich daher als ‚nationalanarchistisch’ verstehen.“
5) Fazit
Die entscheidende Figur des deutschen Nationalanarchismus ist der Berliner Peter Töpfer, der seit 1999 eine Internetseite über den Nationalanarchismus betreibt. Töpfer unterhält intensive Beziehungen zur rechtsextremen Szene. Im 19. Jahrhundert sind Anarchismus und Nationalismus als sich gegenseitig ausschließende Ideologien entstanden. Deshalb ist der Begriff Nationalanarchismus ideologisch abzulehnen. Nationalanarchismus ist als ein Versuch einer rechtsextremen Querfront-Strategie zu deuten.
6) Literatur
Die Welt vom 16.2.2007
Deutsche Stimme vom 7/2005
Frei, B.: Die anarchistische Utopie, Frankfurt/Main 1971
Hoffmann, K.: Das Rechts-Links-Kontinuum – Eine Theorie zur Strukturierung des politischen Raums, Berlin 2007
Johnston, O.W.: Der deutsche Nationalmythos, Stuttgart 1990
Jungle World vom 10.3.1999
Pfeiffer, T.: Die Neue Rechte in Deutschland, Düsseldorf 2003
Töpfer, P.: Nationale Anarchie. Texte 1997-2000, Berlin 2004
http://www.nationalanarchismus.org/Nationalanarchismus/NA-International
http://www. nationalanarchismus.org/Nationalanarchismus/Auto12/manifest
http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalanarchismus
http://www.wno.org/newpages/his32.html
http://www.verfassungsschutz. Brandenburg.de/sixcms/media.php./4055/2002_aktuelle-fassung.pdf
[1] http://www.nationalanarchismus.org/Nationalanarchismus/NA-International
[2] Ebd.
[3] http://www. nationalanarchismus.org/Nationalanarchismus/Auto12/manifest
[4]Hier begeht Töpfer einen strategischen Fehler, denn wenn ein Staat existiert, übt er auch in Form von Gesetzen oder Repressionsorganen Herrschaft aus.
[5] http://www. nationalanarchismus.org/Nationalanarchismus/Auto12/manifest
[6] Hoffmann, K.: Das Rechts-Links-Kontinuum – Eine Theorie zur Strukturierung des politischen Raums, Berlin 2007, S. 81
[7] http://www.nationalanarchismus.org/Nationalanarchismus/NA-International
[8] http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalanarchismus, S. 1
[9] Jungle World vom 10.3.1999
[10] Töpfer, P.: Nationale Anarchie. Texte 1997-2000, Berlin 2004
[11] Die Welt vom 16.2.2007
[12] http://www.wno.org/newpages/his32.html
[13] Deutsche Stimme vom 7/2005
[14] Frei, B.: Die anarchistische Utopie, Frankfurt/Main 1971, S. 11
[15] Johnston, O.W.: Der deutsche Nationalmythos, Stuttgart 1990, S. 23
[16] http://www.verfassungsschutz. Brandenburg.de/sixcms/media.php./4055/2002_aktuelle-fassung.pdf, S. 29
[17] Pfeiffer, T.: Die Neue Rechte in Deutschland, Düsseldorf 2003, S. 66