Antimuslimischer Rassismus in Österreich

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Rezension

John Bunzl / Farid Hafez, (Hg.) Islamophobie in Österreich 2009 Innsbruck: Studien Verlag, ISBN 978-3-7065-4785-7, 224 S., 24,90 €

 

 

 

 

 

 

 

Wie in vielen anderen Ländern Westeuropas ist im letzten Jahrzehnt spätestens nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center auch in Österreich ein antimuslimischer Rassismus gesellschaftsfähig geworden. In der Alpenrepublik ringen dabei die konkurrierenden Parteien Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) und deren Abspaltung Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) um die Vorherrschaft über die Themenbereiche Moscheebau und Islam. Die Agitation dieser beiden Parteien ist allerdings nur die Spitze des Eisbergs; islamfeindliche Ressentiments haben sich längst in der „Mitte“ der Gesellschaft ausgebreitet.

 

Im Jahre 1956 wurde die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) gegründet. Im Parteivorstand saßen insbesondere in den ersten Jahrzehnten nach der Parteigründung zahlreiche ehemalige SS-Offiziere und ehemalige NSDAP-Mitglieder. Erster Parteiobmann wurde Anton Reinthaller, ein ehemaliger SS-Brigadeführer, der von 1950 bis 1953 wegen nationalsozialistischer Betätigung als Schwerstbelasteter inhaftiert war. Reinthaller erklärte in seiner Antrittsrede: [1]Der nationale Gedanke bedeutet in seinem Wesen nichts anders als das Bekenntnis der Zugehörigkeit zum deutschen Volk.“

 

Im Jahre 1986 übernahm Jörg Haider nach einer Kampfabstimmung auf dem Parteitag in Innsbruck die Führung der FPÖ. Seine Neigung für das Instrument des Volksbegehrens und vor allem positive Aussagen über das NS-Regime trugen ihm den Ruf eines Rechtspopulisten und Demagogen ein. Unter Haider kam die FPÖ wieder in die Erfolgsspur und wurde bei den Nationalratswahlen 1999 mit 26,9% zweitstärkste Partei. 2000 übernahm eine Koalition aus ÖVP und FPÖ unter der Führung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) die Regierung, Susanne Riess-Passer (FPÖ) wurde seine Vizekanzlerin. Danach stürzte die FPÖ in der Wählergunst ab und es kam zu internen Querelen über die politische Richtung. Am 4. April 2005 gab die bisherige Spitze der FPÖ, darunter der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider ihren Übertritt in eine neu gegründete Partei namens Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) bekannt. Die weitere Zukunft der FPÖ schien damit ungewiss. Am 23. April 2005 wurde Heinz-Christian Strache zum neuen Parteiobmann gewählt.

 

Bei der Nationalratswahl 2006 am 1. Oktober erreichte die FPÖ unter der Führung Straches einen Stimmenanteil von 11,0%, dies entspricht einem Mandatsstand von 21 Abgeordneten. Das BZÖ unter der Führung Peter Westenthalers erreichte einen Stimmenanteil von 4,1% bzw. 7 Mandate. [2] Bei den vorgezogenen Nationalratswahlen 2008 konnte die FPÖ ihren Stimmenanteil auf 17,5% erhöhen.

 

Führende Mitglieder der FPÖ zeigten immer wieder in ihren Aussagen ihre geistige Nähe zum NS-Regime.[3] Am 7. November 2006 sorgte der Nationalratsabgeordnete Wolfgang Zanger (FPÖ) mit seiner Aussage „Natürlich gab es gute Seiten am NS-Regime, nur die hören wir alle nicht mehr“ für Aufregung.[4]. 2006 wurde der Bundesrat John Gudenus verurteilt, da er die Existenz von Gaskammern im Dritten Reich in Frage gestellt hatte. Gudenus hatte zudem im KZ Mauthausen die Zustände im KZ während der Zeit des Nationalsozialismus verharmlost.[5] Bei einer TV-Diskussion mit dem SPÖ-Chef Werner Faymann am 16. September 2008 forderte Strache mit dem Argument, eine Demokratie müsse auch schwachsinnige und verrückte Meinungen aushalten, die Abschaffung des Verbotsgesetzes, durch das nationalsozialistische Wiederbetätigung unter Strafe gestellt wird.[6]

 

BZÖ-Menschenrechtssprecher Gerald Grosz ging mit antimuslimischen Rassismus auf Stimmenfang: „Die staatliche Bezahlung der islamischen Religionslehrer muss davon abhängig gemacht werden, dass unsere Grundwerteordnung nicht nur respektiert, sondern im islamischen Religionsunterricht auch gelehrt wird. Es darf für antidemokratische Auswüchse und Verbrechen gegen die Menschenrechte nicht auch noch eine Bezahlung durch den österreichischen Steuerzahler geben. Die österreichischen Schulinspektoren haben daher den islamischen Religionsunterricht lückenlos zu überprüfen (…) Jeder islamische Religionsunterricht, der die Demokratie, unsere Rechtsordnung und die Menschenrechte ablehnt, ist zu verbieten. Jene die glauben, dies in unserem Land tun zu müssen, sind auszuweisen".

 

 

 

In diesem Zusammenhang waren die zusammenfassende Darstellung des antimuslimischen Rassismus und dessen Hintergründe in Österreich schon längst überfällig.

 

Der von John Bunzl und Farid Hafez herausgegebene Sammelband „Islamophobie in Österreich“ will einer „Negierung des Vorhandenseins eines Hasses gegenüber MuslimInnen in der österreichischen Öffentlichkeit“ entgegentreten.“(7) Außerdem verfolgt der Sammelband das Ziel, „verschiedene Facetten der Repräsentation eines hauptsächlich negativ konstruierten Islambildes in der österreichischen Öffentlichkeit aufzuzeigen.“ (8)

 

Der Artikel des britischen Islamwissenschaftlers Chris Allen stellt den Begriff der Islamophobie vor und analysiert seine Stärken und Schwächen. Laut Allen gibt es verschiedene Definitionen von Islamophobie, die alle von einer „Angst“ oder „Phobie“ vor dem Islam ausgehen. Die Stärke des Begriffs liege darin, dass ein historisch stets präsentes Phänomen beschrieben wird, das heute wie auch zur Zeit der Kreuzzüge einen Dualismus zwischen „dem Islam“ und „dem Westen“ ausdrückt. Eine wesentliche Schwäche des Begriffes der Islamophobie bestehe darin, dass damit lediglich die Feindschaft gegen den Islam als Religion ausgedrückt werde und nicht gegen MuslimInnen als Subjekte.

 

Gudrun Hamer untersucht am Beispiel des in Österreich weit verbreiteten Kinderbuches „Hatschi Bratschis Luftballon“ das Orientbild, das Kindern in diesem Werk vermittelt wird. Analysen von verschiedenen Geschichtsschulbüchern der fünften bis achten Schulstufe zeigen, dass „der Islam“ als monolithischer Block verstanden wird und im Vergleich zum Christentum deutlich negativer dargestellt wird. In dem Artikel „Die FPÖ und der Islam“ untersucht der Politikwissenschaftler Farid Hafez das Positionspapier der FPÖ von 2008 zum Islam. Hafez bringt dabei den verklausulierten antimuslimischen Rassismus zum Vorschein. Die Positionierung der FPÖ im Vorfeld von Wahlen, in öffentlichen Reden oder bei Parteitagen wird von ihm jedoch leider nur sehr oberflächlich angedeutet. Jana Kübel stellt anhand des Konflikts um den Bau einer Moschee im Wiener Bezirk Brigittenau antiislamistische Argumentationsmuster der alteingesessenen weißen Bevölkerungsmehrheit dar. Bei der Untersuchung des Vorarlberger und Kärtner Moschee- und Minarettbauverbots arbeiten Richard Potz und Farid Hafez eine in Teilen antimuslimische Rechtssprechung aus der Perspektive der Religionsfreiheit heraus.

 

Weiterhin untersucht Rüdiger Lohlker den österreichischen Blog „Mission Europa Netzwerk Karl Martell“, der den Islam nicht als Religion, sondern als totalitäre politische Ideologie betrachtet und vor einer „Beherrschung Europas durch die Einwanderung von Muslimen“ warnt. Barbara Sonnleitner analysiert das Qualitätsmagazin „Profil“ hinsichtlich der Berichterstattung über den Karikaturenstreit im Jahre 2006, während Karim Saad die in der liberalen Zeitschrift „Die Presse“ politische Positionierungen über den Islam und die muslimische Einwanderung herausarbeitet. Bei der Untersuchung von Medien auf islamfeindliche Inhalte fehlt jedoch das Boulevardblatt „Kronen-Zeitung“, das ähnlich wie die Bild-Zeitung in der Bundesrepublik eine öffentliche Meinungsführerschaft besitzt.[7]

 

Insgesamt lässt sich sagen, dass dieses Buch eine gute Einführung zum Themenkomplex antimuslimischer Rassismus in Österreich darstellt, das sich besonders durch die interdisziplinäre Perspektive auszeichnet. Es zeigt auf, wie durch die Konstruktion eines Feindbildes Islam muslimische oder als muslimisch identifizierte Menschen in der Alpenrepublik systematisch ausgegrenzt werden. Allerdings finden sich in dem Werk keine Informationen darüber, ob und wieweit antimuslimischer Rassismus innerhalb der österreichischen Bevölkerung virulent ist. Vielleicht auch deshalb werden mögliche Gegenstrategien oder laufende Projekte zur interkulturellen und interreligiösen Verständigung werden ebenfalls nicht erwähnt.

 




[1] Heinisch, R.: Die FPÖ – Ein Phänomen im internationalen Vergleich. Erfolg und Misserfolg des identitären Rechtspopulismus. In: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 3/2004, S. 247-261, hier S. 250

[2] Ebd., S. 372

[3] Vgl. dazu Heinisch, R.: Die FPÖ – Ein Phänomen im internationalen Vergleich. Erfolg und Misserfolg des identitären Rechtspopulismus. In: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 3/2004, S. 247-261

[4] Die Presse vom 8. November 2006

[5] http://wien.orf.at/stories/105061/

[6]Fernsehdiskussion Faymann - Strache am 16. September 2008

[7] Weber, S.: Nachrichtenkonstruktion im Boulevardmedium. Die Wirklichkeit der „Kronen-Zeitung“, Wien 1995, S. 12

 

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