Thüringen: Empörung nützt sich ab – Einige Gedanken aus anarchistischer Sicht
Am 05.02.2020 ließ sich Thomas Kemmerich, welcher mit seiner FDP mit gerade mal 5% in den Thüringer Landtag einzog, mit den Stimmen von AFD, CDU und FDP zum Ministerpräsidenten wählen. Da der Diskurs sich seit Jahren nach rechts verschiebt war dies, bei näherer Betrachtung, nicht weiter überraschend. Auch wenn wir es als Positiv ansehen, dass direkt im Anschluss daran Bundesweit tausende spontan auf die Straße gingen, so wundern wir uns doch über die Empörung.
Nach den Äußerungen diverser CDU Politiker*Innen zu den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg, ist der Vorgang in Thüringen nur der nächste logische Schritt. Selbstverständlich werden weitere Schritte folgen.
Empörung nützt sich ab. Die sogenannten bürgerlichen Parteien, aber auch die faschistische AFD, werden die Teams zur Erstellung von Meinungsumfragen schon ins Land geschickt haben, denn sie werden wissen wollen wie viel Prozent der Bevölkerung tatsächlich über die Vorgänge in Thüringen empört sind. Das Faschist*innen in den deutschen Mainstream Medien hofiert werden, gehört mittlerweile zum Alltag. Auch Kooperationen mit der AFD sind nicht neu. Auf lokaler Ebene kommt es immer wieder zu zusammenarbeit zwischen den, sogenannten, Parteien der Mitte und der AFD. In Wuppertal war es für alle Parteien,(mit Ausnahme der Partei die Linke) kein Problem, vor der Kommunal Wahl im Jahr 2015 an einer Stammtisch Debatte mit der AFD im Café Swane teilzunehmen. Nur durch die Intervention einer Gruppe von Antifaschist*Innen wurde diese Veranstaltung gesprengt.
Das CDU und FDP weniger Probleme mit der AFD haben als mit dem Sozialdemokraten Ramelow, ist nicht weiter verwunderlich. Alle drei stehen für einen autoritären Staat, eine Neoliberale Wirtschaftspolitik und alle drei sind ein guter Nährboden für den Faschismus. Das ist ihnen auch durchaus Bewusst. Aber auch die anderen im Bundestag vertretenen Parteien marschieren , wenn`s um „Law and Order“ geht, gerne mit. Sowohl die Linke (Brandenburg), die Grünen (Baden-Württemberg) als auch CDU/CSU, SPD und FDP haben in mehreren Bundesländern die Polizeigesetze verschärft. In allen Parteien tauchen immer wieder Funktionär*innen auf welche am rechten Rand nach Stimmen fischen. Diese Funktionär*innen haben auch keine Konsequenzen von ihren jeweiligen Parteien zu befürchten. Egal ob es nun Boris Palmer von den Grünen, oder Sarah Wagenknecht mit ihren Querfront Strategien, in der Linken ist.
Auf Bundesebene haben CDU/CSU und die SPD eine Reihe von Asylrechts Verschärfungen durchgeführt. Der jüngste Vorstoß der Bundesregierung, Asylanträge schon an den EU Außengrenzen zu prüfen, zeigt dass die Menschenverachtenden Lebensbedingungen von Geflüchteten in Libyen und auf der Balkanroute für SPD und CDU immer noch nicht weit genug gehen. Spätestens seit Einführung der neoliberalen Agenda 2010 müsste eigentlich für alle klar sein, dass die SPD den Diskurs nach rechts verschoben hat. O-Ton des damaligen Arbeitsministers der SPD Franz Müntefering: „Nur wer arbeitet soll auch Essen.“ Mit dieser Aussage stand er der später entstandenen AFD näher als so mancher Mensch wahr haben will. Aber auch dies war keine wirkliche Überraschung, dies hat historische Wurzeln, Rosa Luxemburg lässt grüßen. Dies sind nur einige wenige Beispiele wo die sogenannten bürgerlichen Parteien immer wieder zeigen, dass sie ein Teil des Problems sind und nicht Teil der Lösung.
Als Anarchist*innen ist es für uns selbstverständlich uns im antifaschistischen Kampf einzubringen, jedoch weder um die bürgerlichen Parteien und ihr parlamentarisches System zu stärken, noch dies ohne eine prinzipielle Ablehnung des Kapitalismus zu tun. Auch vom Konzept der Nationalstaaten halten wir nichts. Im Kapitalismus stehen die Menschen in Konkurrenz zueinander und werden ausgebeutet. Die dem zugrunde liegenden Gedanken machen Faschismus erst möglich. Der Nationalismus ist nur eine Form dieses Konkurrenz Prinzips, Nationalstaaten kommen ohne Hierarchie nicht aus. Sowohl Wirtschaft als auch Nationalstaaten werden beide von Herrschaftssystemen gelenkt. Für die Wirtschaft sind Menschen nichts anderes als Humankapital, für den Nationalstaat sind sie sowohl Humankapital als auch Stimmvieh um seine Macht zu abzusichern. Der Faschismus stellt nur einen extremen Ausdruck davon dar, wobei faschistische Nationalstaaten auch gerne auf die Rolle der untergebenen als Stimmvieh verzichten.
Somit ist ein antifaschistischer Kampf , in unseren Augen, immer auch ein Kampf für eine Gesellschaft ohne zwischenmenschliche Hierarchien. Auch wenn wir dem parlamentarischen System ablehnend gegenüberstehen, halten wir es dennoch für wichtig, bei Geschehnissen wie jüngst in Thüringen zu intervenieren. Nicht um uns zu empören, denn wir sind nicht empört. Nicht um die bürgerlichen Parteien zu stärken, denn dass wollen wir nicht. Sondern um uns mit unseren eigenen Positionen im antifaschistischen Kampf einzubringen. Für uns bedeutet dies, dass der Kampf gegen den Faschismus, ein Kampf gegen Staat und Kapital ist!
Neben vielem anderen zeigt das Beispiel Thüringen, dass CDU und FDP ihre neoliberale Politik im Zweifelsfall auch mit Stimmen der Faschisten durchpeitschen lassen. Es wird höchste Zeit zurück zu schlagen!
Für den kommenden Aufstand
Einige Anarchist*innen aus`m Tal
Ergänzungen
Guter Artikel !
Guter Artikel !
..so ist es und so soll es sein: Gemeinsamer Kampf für eine herrschaftsfreie Welt.
Anarchisten - Antifaschisten - Autonome sonstiger Haltung, nur gemeinsam für ein Ziel können wir siegen.
Auf jeden Fall aber müssen wir 'aussersystemisch' bleiben, selbstverständlich auch die Wahlurne verweigern, ist lediglich ein Werkzeug des Systems zur weiteren Legitimierung desselben.
solo la lucha nos hara libres