Unabhängige Beratung für Asylantragstellende: NRW braucht Rechtsstaatlichkeit & Menschenrechte!
Heute sind es die Geflüchteten. Morgen ist es unsere, Deine Sozialberatung.
An: An die Landesregierung NRW und an alle demokratischen Parteien des Landtags NRW
Unabhängige Beratung für Asylantragstellende: NRW braucht Rechtsstaatlichkeit & Menschenrechte!
Zerschlagung des Landesprogramms „Soziale Beratung von Geflüchteten“ (SBvG) – Streichung der Asylverfahrensberatung
Unabhängige Beratung für Asylantragstellende ist unabdingbar für eine funktionierende Aufnahmestruktur des Landes NRW NRW braucht Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte – gerade jetzt!
Wir fordern die Landesregierung auf, die Zerschlagung des Landesprogramms SBvG - wie im Haushaltsentwurf 2025 geplant - zu verhindern und Lösungen dafür zu finden, alle Beratungssäulen und Begleitstrukturen in ihrer Konzeption zu erhalten sowie bedarfsgerecht und auskömmlich zu fördern.
Darunter insbesondere:
• die unabhängigen Asylverfahrensberatung
• die unabhängige Asylverfahrensberatung für umF
Darüber hinaus:
• die unabhängige Ausreise- und Perspektivberatung
• die regionale Flüchtlingsberatung
• die psychosoziale Erstberatung und psychosozialen Zentren
• die dezentralen Beschwerdestellen
• die Begleitstruktur zur Qualitätssicherung
Zusätzlich drängen wir auf die zügige Fertigstellung der Förderrichtlinien, um den Trägern die notwendige Planungssicherheit zu geben und eine rechtzeitige Antragstellung zu ermöglichen.
Wir sind uns bewusst: Das Land NRW befindet sich in einer schwierigen Haushaltssituation. Entgegen dieser Kürzung von 7 Mio. Euro will die Landesregierung rd. 300 Mio. € zusätzliche Mittel für den Ausbau von Landeinrichtungen von derzeit 57 auf 75 und weitere rd. 12 Mio. € für die Einführung der diskriminierenden Bezahlkarte für Asylsuchende einsetzen.
Gemeinsam mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege NRW und Kooperationspartnern setzen wir uns dafür ein, dass die Asylverfahrensberatung als zentrales Element der unabhängigen Rechtsberatung und erste Anlaufstelle für Geflüchtete in Deutschland erhalten bleibt. Eine Schwächung dieser Struktur hätte schwerwiegende Folgen für die geflüchteten Menschen in NRW und für die verbleibenden Strukturen im Aufnahmesystem.
Warum ist das wichtig?
Warum ist die Beratung wichtig?
Die Asylverfahrensberatung (AVB) ist die zentrale Beratungssäule, so dass Asylantragsstellende von Beginn an informiert und orientiert ihr Verfahren durchlaufen und vorbereitet die Anhörung wahrnehmen können. Bei kurzen Zeiten bis zur Anhörung ist die frühzeitige Beratung maßgeblich. Die Rechtsberatung stärkt und beschleunigt ein faires Asylverfahren und stellt sicher, dass Geflüchtete ihre Rechte wahren können, was für ihre Stabilisierung und Zukunftsperspektiven unerlässlich ist. Sie berät auch zu Fragen der Unterbringung, Sozialleistungen und dem Arbeitsmarktzugang in den Aufnahmeeinrichtungen.
Die Asylverfahrensberatung für unbegleitete minderjähre Flüchtlinge (AVB umF) verbindet als hochspezialisiere Fachberatung das Asyl-/Aufenthaltsrecht mit der Kinder- und Jugend-hilfe. Sie schult Vormünder sowie Mitarbeitende in Jugendämtern und Jugendhilfe zu asyl-rechtlichen Fragestellungen.
Die Ausreise- und Perspektivberatung in Aufnahmeeinrichtungen berät unabhängig, vertrauensvoll und ergebnisoffen zu Möglichkeiten der freiwilligen Ausreise in das Herkunftsland bzw. Weiterwanderung, klärt die persönliche Situation und gesundheitlichen Bedarfe, unterstützt die Organisation der Ausreise.
Was bedeutet diese Streichung?
Das Land setzt ganz auf das zentrale Unterbringungssystem und verpflichtet Asylsuchende aktuell bis zu 24 Monate in Aufnahmeeinrichtungen zu leben. Die Streichung der Asylverfahrensberatung ist eine Abkehr von der Verpflichtung, Schutzsuchenden einen effektiven Zugang zu einer unentgeltlichen rechtlichen Beratung für das Asylverfahren sicherzustellen.
Asylantragstellende erhalten keinen effektiven Zugang zur Rechtsberatung und -Vertretung. Frustration und Unsicherheit der Antragsstellenden werden ansteigen, der Druck auf die bereits ausgelasteten Beratungsstellen in den Kommunen und in den Einrichtungen wird nochmals verstärkt.
Eine fehlende AVB in den Einrichtungen wird dazu führen, dass Einrichtungsleitungen und Betreuungsdienstleistende viele Anfragen erhalten, die sie in ihrer Rolle nicht beantworten können. Gleiches gilt für die Stellen der Psychosozialen Erstberatung (PSE) in den Einrichtungen. Die Asylverfahrensberatung bildet als zentrale Beratungsstelle die Grundlage für die Arbeit weiterer Beratungsstrukturen, wie PSE, Psychosoziale Zentren, Fachberatungsstellen etc.
Eine Streichung der AVB für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF) würde dieser besonders schutzbedürftigen Gruppe die Möglichkeit nehmen, ihre Rechte angemessen wahrzunehmen und dem System der Kinder- und Jugendhilfe wertvolle Expert*innen entziehen. Weder die weiteren Beratungsstrukturen der Migrations- und Flüchtlingsarbeit noch die ohnehin überlasteten Strukturen der Jugendhilfe können die hochspezialisierte Fachberatung übernehmen.
Die Übertragung der Rückkehrberatung in den Landesunterkünften an die zentralen Ausländerbehörden verursacht zwangsläufig Interessenskonflikte. Ein fehlender Zugang zur unabhängigen Ausreise- und Perspektivberatung verhindert, dass Ausreisewillige und -pflichtige ergebnisoffen zu den Möglichkeiten einer Ausreise in Sicherheit und Würde beraten werden.
Das Landesprogramm ist ein unverzichtbarer Bestandteil der flüchtlings- und migrationspolitischen Infrastruktur in NRW. Eine unabhängige Beratung in Aufnahmeeinrichtungen und Kommunen ist durch das Land sicherzustellen – gerade jetzt!
Weiterführende Links:
Positionspapier: 2024_09_30_Positionspapier_Zerschlagung_des_Landesprogramms_final.pdf (freiewohlfahrtspflege-nrw.de)
Hintergrundpapier: 2024_09_30_Hintergrundpapier_final.pdf (freiewohlfahrtspflege-nrw.de)
Webseite der Freien Wohlfahrtspflege NRW: Start | Freie Wohlfahrtspflege NRW (freiewohlfahrtspflege-nrw.de)