Rechter Wahlkampf in Bremen
Schon sind wieder vier Jahre rum. Es sind wieder Wahlen zur Bremischen Bürgerschaft und schon wieder (immer noch!) sind rassistische und chauvinistische Parteien am Start: die Bürger in Wut und die Alternative für Deutschland. Die altbekannte NPD, aktuell eher ein Randphänomen, welches zunehmend auch für hartgesottene Neonazis unattraktiv wird, tritt dieses mal nur in Bremerhaven an. Das ist das Ergebnis ihrer bundesweiten organisatorischen Schwäche und des Fehlens lokaler Verantwortungsträger_innen. Und vielleicht auch ein bisschen das Resultat jahrzehntelangen antifaschistischen Aufklärens und Bekämpfens. Das heißt aber nicht, daß es in Bremen und umzu keine Nazis mehr gäbe. Ganz zu schweigen von ihrem menschenverachtenden Gedankengut, welches bis weit in die gesellschaftliche und politische Mitte reicht - auch im linksliberalen Bremen. Wie sonst lässt sich erklären, daß es bis dato um fast jede Unterbringung für Geflüchtete massive Auseinandersetzungen vor Ort gab. Auch in Bremen gibt es keine bedingungslos weltoffene Willkommenskultur. Vermehrt offenbaren massenhaft Bürger_innen, und das vor allem und gerne im Mob, unverhohlen ihren sonst nur privat gepflegten Rassismus und Chauvinismus. „Serienkriminelle Ausländer abschieben“ oder „Keine Einwanderung ins deutsche Sozialsystem“ sind nur verfeinerte Varianten der ebenso platten wie falschen aber leider weit verbreiteten Ansicht, dass Nicht-Deutsche eben grundsätzlich anders und eigentlich auszuweisen seien. Dabei geben sich neue und alte Feindbildkonstruktionen die Klinke in die Hand. Seit Jahren gewinnen antimuslimische Ressentiments an gesellschaftlicher Akzeptanz, steigen die Zahlen antisemitischer Übergriffe wieder an. Es wird also nicht damit getan sein, die Grass', Sarrazins, Luckes dieser Welt sowie den Nazi aus der Nachbarschaft zu entlarven. Es gilt auch, eine Gesellschaft zu kritisieren, die systematisch Unterdrückung und Ausbeutung hervorbringt und zur Erklärung und Legitimation ihrer eigenen Politik beständig Narrative der Ungleichwertigkeit bemüht.
Die Afd und die BiW sind Teil einer aktuellen, gesellschaftlichen Tendenz, immer weiter rechts stehende Positionen als legitim zu akzeptieren. Darin gewinnt vor allem die AfD eine weitaus größere gesellschaftliche Reichweite als die NPD. Sie schließt mit ihren Personen, Netzwerken und Inhalten scheinbar mühelos an mediale und politische Diskurse und eben den gesellschaftlichen Mainstream an. Die Abschaffung des Asylrechts, die Agenda 2010, rassistische Polizeikontrollen in den Straßen, das alles findet auch ihre Zustimmung, allein, sie drängt auf noch radikalere Maßnahmen gegen gesellschaftliche Randgruppen.
Alle anderen Parteien sind ebenso längst mit dem Problem konfrontiert, dass es rechts von der CDU eben doch eine breitere Wähler_innenschaft gibt, die aber obendrein zu großen Teilen vor kurzem noch zur eigenen Klientel gehörte. CDUCSU, FDP, SPD, Grüne und PdL können oder wollen sich zu großen Teilen nicht vernünftig davon abgrenzen. Stattdessen versuchen sie mittels thematischer Anbiederung oder ihrer rechten Flügel diese Wähler_innen wiederzugewinnen. Chauvinistische, autoritäre, nationalistische und antimuslimische Politik sowie der Abbau staatlicher Ausgleichs- und Versorgungspolitik sind keine politischen Randthemen mehr. Sich vergrößernde Ungerechtigkeiten, Verarmung, Prekarisierung, Ausgrenzung usw. sind soziale Realitäten. Ideologische Verkürzungen und Brandstiftungen, ob als Verschwörungstheorien, esoterische Pfade oder eben politische Parteiprogramme, stehen hoch im Kurs.
Wir wollen mit dieser Broschüre vor allem die ideologischen Positionen der Bürger in Wut und der erstmalig in Bremen antretenden Alternative für Deutschland kommentieren. Dieses Meinungsspektrum steht nämlich keineswegs völlig abseits, sondern ist offensiv dabei, gesellschaftliche Diskurse kontinuierlich nach rechts zu verschieben. Und weil Diskurs nicht ohne Menschen geht, wollen wir auch die Verantwortlichen der Parteien vorstellen, die diese Ansichten und Erzählungen vertreten und zuspitzen.
Eine vorausschauende und tiefgehende kritische Auseinandersetzung mit den neuen chauvinistischen Strömungen ist in Gesellschaft und Politik nicht nur wünschenswert, sondern auch notwendig.